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Sozialeinrichtungen im Widerstand und ein neues Psychiatriekonzept

HEUTE • 16:23 Uhr
Sozialeinrichtungen im Widerstand und ein neues Psychiatriekonzept
Michaela Wagner-Braito, Margarete Laschalt-Schweigkofler, Walter Schmolly, Martina Gasser und Simon Burtscher-Mathis präsentierten fünf Forderungen an die Landesregierung und appellierten an den Landeshauptmann.Bereuter

Wenn gleich zwei Pressekonferenzen hintereinander stattfinden, kocht es im Hintergrund. So geschehen gestern in Bregenz.

Von Kurt Bereuter
neue-redaktion@neue.at

Wenn das „Land Vorarlberg“ eher kurzfristig zu einer Pressekonferenz einlädt, kocht etwas schon auf der Platte. Wenn dann noch kurzfristiger eine zweite Institution zum angekündigten Thema knapp vor dieser Pressekonferenz auch noch zu einer Pressekonferenz einlädt, dann ist die Sache gewöhnlich schon am Überkochen. So geschehen gestern in Bregenz.

Pressekonferenz im Kinderdorf Kronhalde

Fünf Sozialeinrichtungen des Landes mit deren Vertretern im Arbeitgeberverein (AGV), der über 150 Sozialeinrichtungen mit etwa 9000 Mitarbeitenden umfasst, informierte gestern im Kinderdorf, was durch die Kosteneinsparungen des Landes in ihren Bereichen auf der Kippe steht.

Der Kollektivvertragsabschluss ist gefährdet

Walter Schmolly, als Obmann des AGV und Direktor der Caritas Vorarlberg leitete die Pressekonferenz und verwies darauf, dass auch die Sozialeinrichtungen auf die Kompetenz und Motivation der Mitarbeitenden angewiesen sind und der Sozialbereich durch die Kürzungen an Attraktivität verliere – zum Schaden der Menschen, die auf diese Hilfe angewiesen sind. Und das sind potentiell alle Menschen in Vorarlberg. Besonders brisant, dass der AGV den Abschluss eines Kollektivertragsabschlusses für Ihrer Beschäftigten gefährdet sieht. In diesem Fall sehen sie sich auf der gleichen Seite wie die Gewerkschaft, betonte Walter Schmolly, und treten gegen die Kürzungen im Sozialbereich und bei den Tarifen für Ihre Leistungen auf. Schmolly: Ich sehe nicht, wie wir angesichts der angekündigten Kürzungen von 15 Millionen Euro einen Kollektivvertrag für 2016 abschließen können.“ Der Sozialfonds – also Land und Gemeinden – ist der wichtigste Auftraggeber für diese privaten Sozial- und Gesundheitseinrichtungen und diese könnten das unmöglich ausgleichen. So sei der Abschluss eines Kollektivertrages sehr schwierig bis unmöglich, brachte es der Obmann auf den Punkt.  

Ein Argument als Nebelgranate

Das Argument des Landes, die Einsparungen würden einzig die „Strukturkosten“ betreffen, sei eine „Nebelgranate“, so Schmolly: „Diese Einsparungen werden direkt bei den Menschen spürbar sein, die Unterstützung brauchen. Beispiele wurden von den Vertretern jeweils genannt. Beim Institut für Sozialdienste (IFS) zum Beispiel der Bereitschaftsdienst im ambulant-psychiatrischen Bereich, wovon dann in der Pressekonferenz zur neuen „Psychiatriestrategie 2025 – 2035“ noch die Rede sein sollte.

Die Forderungen der AGV-Vertreter

  1. Die neue Tarifstruktur für die Abgeltung der Leistungen muss verschoben werden, zuerst müssen die Gespräche, die Landesrätin Martina Rüscher versprochen hat, abgeschlossen werden.
  2. Es braucht für die Betroffenen Transparenz, wo Leistungen gekürzt oder gestrichen werden. Das muss vom Land oder vom Sozialfonds transparent und rechtzeitig kommuniziert werden.
  3. Die Mitarbeitenden in den Einrichtungen brauchen gute Arbeits- und Rahmenbedingungen, damit diese auch gewonnen und gehalten werden können.
  4. Für die Angebote braucht es kostendeckende Tarife, der Kollektivvertrags-Index muss bei den Tarifen des Sozialfonds voll berücksichtigt werden.
  5. Die geplanten Strukturveränderungen sehen zusätzliche Strukturen vor, die zu Doppelgleisigkeiten führen können und für solche Veränderungen braucht es solide Analysen von Kosten und Nutzen, von denen die Einrichtungen bisher nichts mitbekommen haben.

Ein Appell an den Landeshauptmann

Der Vorstand des AGV appelliert an Landeshauptmann Markus Wallner, der auch Finanzreferent ist, zu einem konstruktiven Dialog zurückzukehren, den er selbst eingefordert habe. Es brauche für beide Seiten faire Tarife. Schmolly erklärte, dass es ein Märchen sei, dass es im Sozialbereich zu wenig Steuerung gebe, genauso wenig, wie es eine Kostenexplosion im Sozialbereich gegeben habe. Es brauche eine Kultur des Miteinander, der Vernetzung für eine Weiterentwicklung der sozialen Landschaft im Land und durch diese einseitige Vorgangsweise sei die Kultur im Sozialbereich gefährdet, „und alle sollen wissen, was hier gerade passiert“.