G7 verkünden neue Sanktionen gegen Russland

Zu Beginn des Gipfels der sieben wichtigsten demokratischen Industrieländer im japanischen Hiroshima wurden neue Russland-Sanktionen verkündet.
Die USA, die EU und Großbritannien haben zu Beginn des G7-Gipfels im japanischen Hiroshima neue Sanktionen gegen Russland verkündet. So kündigten EU-Ratspräsident Charles Michel und der britische Premierminister Rishi Sunak am Freitag unter anderem Sanktionen gegen den russischen Diamantenhandel an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt persönlich am Gipfel der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten demokratischen Industrieländer teil, wie Kiew bestätigte.
Zum Auftakt gedachten die Teilnehmer des US-Atombombenabwurfs vom 6. August 1945, der im Zweiten Weltkrieg die japanische Stadt praktisch dem Erdboden gleichgemacht hatte. Auch US-Präsident Joe Biden legte einen Kranz nieder. So wie der frühere US-Präsident Barack Obama, der den Friedenspark von Hiroshima 2016 besucht hatte, wollte er sich beim G7-Gipfel nicht für den Atombombenabwurf seines Landes entschuldigen.
Japans Ministerpräsident Fumio Kishida hat als Gastgeber Hiroshima als Tagungsort ausgewählt. Mit Blick auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine soll der Gipfel an diesem symbolträchtigen Ort auch an die Folgen eines Einsatzes von Kernwaffen erinnern. Der russische Präsident Wladimir Putin hat seit Beginn der Invasion wiederholt mit dem Atomwaffenarsenal seines Landes gedroht.
Russland und China als Hauptthema
Die Beziehungen zu Russland und China dominieren die dreitägigen Beratungen der G7-Staaten. Gastgeber Japan hat für Samstag zudem wichtige Schwellenländer wie Indien dazugeladen. Vor allem US-Präsident Biden erwartet von den Partnern Unterstützung, um China politisch und ökonomisch in die Schranken zu weisen. Auch über die schwierige Lage der Weltwirtschaft und Fragen des Klimaschutzes will die Gipfelrunde beraten.
Schon bevor die Staats- und Regierungschefs sich am Freitag an einen Tisch setzten, kündigten die USA und Großbritannien neue Strafmaßnahmen gegen Russland und dessen Unterstützer an. Die G7-Staaten wollen den milliardenschweren Rohstoffhandel Moskaus weiter einschränken. Großbritannien kündigte auch ein Importverbot für Kupfer, Aluminium und Nickel aus Russland an.
Auch die USA gaben bekannt, ein neues Paket mit Sanktionen zu schnüren. Geplant sei unter anderem, etwa 70 Unternehmen und Organisationen aus Russland und anderen Ländern von US-Exporten abzuschneiden, sagte ein Regierungsvertreter in Hiroshima.
“Club für kritische Rohstoffe”
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte die G7-Staaten auf, sich über eine sichere Versorgung mit Rohstoffen zu verständigen. “Ich hoffe, dass wir auf diesem G7-Treffen einen Club für kritische Rohstoffe ins Leben rufen können”, sagte sie am Freitag. Sie hoffe zudem, dass die Gespräche zwischen der EU und den USA über grünen Stahl zu einem weltweiten Abkommen führen. Es müsse einen Dialog über Anreize für saubere Energie geben. “Ich hoffe, dass unsere bilateralen Gespräche zwischen der EU und den USA über nachhaltigen Stahl und Aluminium auch zu einer globalen Vereinbarung werden können.”
Ausdrücklich warnte sie vor einem Subventionswettbewerb. “Da die G7-Staaten nun gemeinsam an diesem Rennen teilnehmen, sollte unser Wettbewerb zusätzliche Produktionskapazitäten schaffen und nicht auf Kosten der anderen gehen”, mahnte von der Leyen mit Blick auf klimafreundliche Technologien. Deshalb müsse es unter den G7-Staaten Transparenz geben, wie die Industrie unterstützt wird. Hintergrund sind etwa Debatte zwischen der EU und den USA über US-Subventionen für klimafreundliche Technologien – die aber am Ende auch Drittstaaten wie Japan betreffen können. Von der Leyen sagte, dass noch ein transatlantisches Abkommen über kritische Mineralien verhandelt werde.
Diamantenhandel soll eingeschränkt werden
Bis Sonntag wollen alle G7-Staaten Maßnahmen auf den Weg bringen, um den Export von Rohdiamanten aus Russland – weltweit größtem Produzenten – einzuschränken. Eine entsprechende Gipfelerklärung soll beschlossen werden. “Wir werden den Handel mit russischen Diamanten einschränken”, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel am Rande G7-Gipfels. In Anspielung auf den James-Bond-Film “Diamonds are Forever” fügte er hinzu: “Russische Diamanten sind nicht für immer.” Der staatliche russische Diamantenförderer Alrosa erzielte 2021 – im letzten Jahr, in dem er Zahlen offenlegte – 332 Milliarden Rubel (rund vier Milliarden Euro) Einnahmen.
F-16-Kampfjets für Ukraine als Thema
Auch über weitere militärische Hilfe für die Ukraine werden die Staats- und Regierungschefs beraten. So ist die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine nach Angaben von EU-Ratspräsident Michel ein Thema. Der US-Nachrichtensender CNN hatte berichtet, die Regierung von US-Präsident Biden habe europäischen Verbündeten in den vergangenen Wochen signalisiert, dass die USA es ihnen gestatten würden, F-16-Kampfflugzeuge in die Ukraine zu liefern.
Im Rahmen der Beratungen über die Weltwirtschaft wird auch der Umgang mit China und die Abhängigkeiten in einigen Bereichen eine Rolle spielen. Michel betonte, dass eine Abkoppelung der Wirtschaft von China nicht im Interesse der EU sei. Nötig sei es, eine “stabile und konstruktive” Zusammenarbeit mit China aufrechtzuerhalten.
China verärgert
Es werde erwartet, dass die G7-Abschlusserklärung eine Passage zu China enthält, in der Themen wie “wirtschaftliche Nötigung und andere Verhaltensweisen” aufgeführt werden, so ein US-Regierungsvertreter. Dabei geht es etwa um die Abhängigkeit von Rohstoffen und die Frage, ob der Export von Hightech-Produkten nach China eingeschränkt werden solle. Dass aber auch die USA keine Abschottung wollen, zeigt die Tatsache, dass am Freitag bekannt wurde, dass sich Handelsbeauftragte beider Länder kommende Woche in Washington treffen wollen.
China reagierte schon vor dem offiziellen Beginn der G7-Beratungen verärgert. Die Führung in Peking warf besonders den USA wirtschaftliche und diplomatische “Zwangsmaßnahmen” vor.
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