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Peking verfolgt seine Feinde weltweit

08.07.2023 • 13:37 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Polizei in China sucht intensiv nach Regimekritikern.
Die Polizei in China sucht intensiv nach Regimekritikern. APA/AFP/ISAAC LAWRENCE

In China sucht man intensiv nach Regimegegner. Auf diese wird teilweise ein hohes Kopfgeld ausgesetzt.

Politische Opposition kann man neuerdings in handfester Währung messen – in Hongkong-Dollar. Je eine Million HK-Dollar haben die Hongkonger Sicherheitsbehörden als Kopfgeld auf acht flüchtige Regimegegner ausgelobt, umgerechnet also etwa 117.000 Euro pro Person für sachdienliche Hinweise, die zur Verhaftung der Gesuchten führen. Eine Frau und sieben Männer werden steckbrieflich gesucht, die prominentesten unter ihnen sind die ehemaligen Abgeordneten Nathan Law, Ted Hui und Dennis Kwok.

Ergreiferprämiem gängiges Instrument

Solche Ergreiferprämien sind eigentlich nichts Ungewöhnliches in Hongkong. Für die Ausforschung von Vergewaltigern oder Mördern blättert die Hongkonger Polizei schon mal 400.000 HK-Dollar auf den Tisch, also deutlich weniger als für die „millionenschweren“ Oppositionellen, die sich so schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben wie: Treffen mit ausländischen Politikern, Interviews in ausländischen Medien, Unterzeichnen von Petitionen.

Das alles und noch viel mehr verstößt seit Juli 2020 gegen das sogenannte „Nationale Sicherheitsgesetz“, das Peking den Hongkongern nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung aufgezwungen hat. Seither ist das Eintreten für Demokratie und Menschenrechte in Hongkong ein Schwerverbrechen, das mit lebenslanger Haft bestraft werden kann.

Angebliche schwarze Liste für Regime-Gegner

Der populäre chinesische Blogger Zhou Xiaoping würde sogar noch weiter gehen, allerdings hat er nicht Hongkonger Regimegegner im Visier, sondern jene in Taiwan. Er will eine schwarze Liste mit allen Personen anlegen, die „die Wiedervereinigung mit China verhindern“ wollen. Wenn sie ihre Unterstützung für Taiwans Unabhängigkeit nicht einstellen, meint Zhou, dann sollten sie in einer Spezialoperation verhaftet werden – oder getötet!

Die Todesliste eines Spinners, könnte man meinen, eine weitere Blüte im chinesischen Social-Media-Sumpf, aber der 42-Jährige Zhou Xiaoping ist immerhin Abgeordneter im Konsultativrat, einem beratenden Gremium für den chinesischen Volkskongress. 2014 wurde Zhou von Staats- und Parteichef Xi Jinping persönlich für seine „positive Energie“ öffentlich gelobt.

Verfolgte sind nirgendwo mehr sicher

Auch die Kopfgeld-Aktion in Hongkong stößt in neue Dimensionen vor, die sogar bis nach Österreich reichen können. Der Artikel 38 des „Nationalen Sicherheitsgesetzes“ sieht nämlich die weltweite Verfolgung der Straftäter vor. Der Hongkonger Regierungschef John Lee gab offen zu, dass sich die Gesuchten „nirgendwo auf der Welt mehr sicher fühlen sollen, bis sie sich stellen.“ Die meisten Oppositionellen sind nach Großbritannien, Australien oder in die USA geflüchtet, wo sie vor Auslieferung sicher sind. Aber Reisen in andere Länder werden für sie riskant.

Die weltweite Verfolgung der Dissidenten dient als Einschüchterung, Freunde und Verwandte riskieren hohe Strafen, wenn sie mit den steckbrieflich Gesuchten Kontakt aufnehmen. Auch das verstößt gegen das „Nationale Sicherheitsgesetz“ in Xiang Gang. So heißt Hongkong auf Chinesisch – der Dufthafen. Politisch riecht es dort aber schon ziemlich modrig.