Brücken, Kronen, Kokain: Drogen aus dem Zahnlabor

Am Tag ein Dentallabor, am Abend die Kokain-Hochburg. Wenn der letzte Patient weg war, wurde aus einem unauffälligen Zahntechniker der Kopf eines Drogenrings.
Er passt so überhaupt nicht ins Bild, das man von dem Kopf einer Drogenbande vor Augen hat. Dennoch sitzt der 54-jährige Zahntechniker vor dem Richter in Klagenfurt, wo ihn zusammen mit fünf anderen Angeklagten ein Schuldspruch erwartet – für Drogenhandel im Rahmen einer kriminellen Vereinigung.
Die Zentrale der Bande war das perfekte Versteck – ein Dentallabor. Tagsüber kümmerte man sich um die Zähne nichtsahnender Patienten, abends waren dann eher Nasen von Interesse. In Kabelschächten wurde das Kokain gebunkert, gegebenenfalls gestreckt, abgepackt und schließlich an hunderte Abnehmer verkauft. Jeder hatte mehr oder weniger eine Rolle, vom Einkauf über das Netzwerken bis hin zum Verkauf – die Gruppe war bestens organisiert.
Falsche Freunde und ein offenes Geheimnis
Den Männern ging es aber nicht nur ums Geschäft. Zu Lockdown-Zeiten diente das Labor auch als Ersatz für die geschlossenen Lokale. “Es ging zu wie in einem Vogelschlag”, wird die Staatsanwältin das Treiben später beschreiben. Die Leute brachten Snacks und Getränke mit, verbrachten viele Abende miteinander – und konsumierten selbst Kokain. Der Laborbesitzer verschenkte auch eine Menge des weißen Pulvers an vermeintliche Freunde.
Die Machenschaften der Bande waren in Villach ein offenes Geheimnis und so wurden auch bald Drogenermittler aufmerksam. Eine umfassende Überwachungsaktion mit dem Decknamen “Operation Zahnfee” lieferte einen Berg an Beweisen, der jeden Zweifel an der Schuld der Angeklagten schnell ausräumte. Vor Gericht war es um die Freundschaft der Männer nicht mehr so gut bestellt.
Der Laborbesitzer will mit dem Nebengeschäft seine eigene Sucht finanziert haben: “Wenn der letzte Patient weg war, habe ich angefangen. Am Schluss waren es zwei Gramm jeden Tag.” Ein Drittel des beschafften Kokains konsumierte er selbst, zwei Drittel verkaufte und verschenkte er: “Ich fühle mich ausgenutzt von den Leuten. Sogar meine Mitangeklagten haben mir gesagt, dass mich andere ausnutzen, aber das hab’ ich nicht wahrhaben wollen.” Für die sechs Angeklagten gab es teils langjährige Haftstrafen.
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