Kultur

Meister der Verhüllung

01.06.2020 • 18:21 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Christo vor dem Werk "The London Mastaba" 2018. <span class="copyright">Reuters</span>
Christo vor dem Werk "The London Mastaba" 2018. Reuters

Christo, der Künstler, der riesige Bauten verpackte und Landschaften verwandelte, starb 84-jährig.

Mit seinen spektakulären temporären Großinstallationen erreichte der Künstler Christo Millionen von Menschen auf der ganzen Welt. Sein nächstes Projekt, die Verhüllung des Pariser Triumphbogens, wurde aufgrund der Corona-Krise auf September 2021 verschoben. Es sei sein Wunsch gewesen, diese Arbeit zu vollenden, so Christos Büro. Nun soll die Verpackung des Pariser Wahrzeichens posthum realisiert werden: Am vergangenen Sonntag starb der in Bulgarien geborene US-Amerikaner im Alter von 84 Jahren in seiner New Yorker Wohnung. „Christo lebte in vollen Zügen“, teilten seine Mitarbeiter mit. „Er träumte nicht nur von Dingen, die unmöglich schienen, sondern verwirklichte sie auch.“

Abseits der Kunstwelt

Der Verhüllungskünstler wurde 1935 als Christo Wladimiro Jawaschew im bulgarischen Gabrowo geboren. 1957 floh er vor dem kommunistischen Regime, in einem Güterzug gelangte er nach Wien. Mit dem an der Kunsthochschule in Sofia gelehrten Sowjetischen Realismus konnte der junge Mann nichts anfangen. In Österreich arbeitete er als Tellerwäscher, und war für kurze Zeit an der Akademie der Bildenden Künste inskribiert. 1958 lernte er seine spätere Ehefrau Jeanne-Claude Denat de Guillebon in Paris kennen. Seit den 90er-Jahren trat er mit ihr stets als Duo auf, seine Frau beteiligte sich an den oft jahrelangen Vorbereitungen der Projekte. 2009 starb Jeanne-Claude an einer Hirnblutung.

"The Floating Piers" zog zahlreiche Besucher an. <span class="copyright">APA/AFP</span>
"The Floating Piers" zog zahlreiche Besucher an. APA/AFP

„Jeanne-Claude und ich, wir machen diese Dinge für uns selbst“, sagte der Künstler einst über seine Arbeit. „Wenn es jemand mag, ist es nur ein Bonus. Wir machen Dinge, die uns visuell gefallen.“ Der Weg sei dabei das Ziel: „Diese Projekte bringen uns an Orte, die so viel reicher sind als die Kunstwelt oder die Galerie oder das Museum. Wir können mit vielen verschiedenen Menschen arbeiten. Es ist ein Abenteuer und sehr aufregend und töricht.“

Ein Meisterwerk: Die Verhüllung des Berliner Reichstages. <span class="copyright">Reuters</span>
Ein Meisterwerk: Die Verhüllung des Berliner Reichstages. Reuters

Tatsächlich war es die visuelle Kraft, welche die teils aus vielen Kilometern Entfernung sichtbaren Installationen besaßen, die begeisterte. Zum Lebenswerk Christos gehören Landschaftsprojekte wie „The Floating Piers“ – mit gelbem Stoff bespannte Stege auf dem Iseosee in der Lombardei – oder „The Gates“: dabei schmückten safranfarbene Tore den New Yorker Central Park. Im Londoner Hyde Park stapelte er bunte Ölfässer zur „The London Mas­taba“ auf. 1995 verdeckten Chris­to und seine Frau den Berliner Reichstag mit 100.000 Quadratmetern Spezialstoff. Die Aktion erntete ein großes Echo, sie lockte fünf Millionen Besucher an und gilt bis heute als eines ihrer Meisterwerke. „Die Tage des verhüllten Reichstages sind mit ihrem Charakter eines friedlichen Volksfestes Teil unseres kollektiven gesellschaftlichen Gedächtnisses geworden“, so die deutsche Kulturstaatsminis­terin Monika Grütters am vergangenen Sonntag.

Einen ideologischen oder theo­retischen, tiefgründigen Hintergrund seiner Kunst bestritt Christo übrigens: „Es ist total irrational und sinnlos“, sagte er einmal über seine Werke.