Künstler senden starke Signale

Viel Spannendes zu sehen gibt es im Künstlerhaus Bregenz.
Kunsträume sind Kommunikationsräume, sie fungieren als Sender und Empfänger – dieser Meinung ist Marlene Hausegger, die als eine von zwei Künstlern im Rahmen des Residency-Programms der Berufsvereinigung Bildender Künstlerinnen und Künstler in Bregenz zu Gast war. Das Künstlerhaus steht glücklicherweise wieder offen und kann senden und empfangen, wie es von Hauseggers Satelliten-Installation am Balkon symbolisiert wird: ein schöner Empfang, der sich im Foyer mit einem wohlriechenden Heuduft fortsetzt – was leider nicht für Allergiker gilt. Ein großes Pech für diese, denn in dieser Ausstellung sind viele sehenswerte Arbeiten unter einem Dach vereint, und auch die Präsentationen der neuen Mitglieder halten positive Überraschungen bereit.

Der Heuduft stammt von der Installation im Erdgeschoss des zweiten Residency-Künstlers Hannes Zebedin. Er recherchierte zum Thema Migration in der Alpen-Adria-Region und ist dabei auf kunstvoll gemusterte Ziegelfenster an den Wänden von Kärntner und Steirer Heustadeln gestoßen. Wie das? Diese Tradition der Ziegelfenster stammt eigentlich aus Norditalien und wurde erst im Zuge der Arbeitsmigration im 19. Jahrhundert nach Südösterreich gebracht, wie die neue Berufsvereinigungs-Mitarbeiterin Sarah Kirsch bei einem Rundgang erzählt.

Die Installation besteht aus Heu in verschiedenen Formen, unter anderem als Welle, die das Mittelmeer verdeutlichen soll. Dahinter hat der in Wien und Slowenien lebende Künstler die Fenster zum Park mit einem Kreuzmuster verziegelt. Schablonenbilder an der Wand sind aus Schlamm aus dem Flüchtlingslager Moria in Griechenland gefertigt, die von „Ärzte ohne Grenzen“-Mitarbeitern hergebracht wurden. Noch nicht politisch genug, wird Kanzler Sebastian Kurz in einem dieser Bilder porträtiert. Zu Zebedins Schau „Mittel Europa“ zählt auch ein weiteres Projekt, das im Foyer präsentiert wird.
Landschaften
Der Vorarlberger Künstler und Leiter des Druckwerks Lustenau Pirmin Hagen hat seine Ausstellung „A_Geo“ im ersten Geschoss platziert. Ausgangspunkt sind dabei zwei kleine Fotografien, die sich in immer weiteren Prozessen verformen, abstrakter werden, einen anderen Kontext und eine andere Dimensionalität erhalten. Es ist auch ein Abbild seines Schaffens seit 2016, das sich weitgehend um die Komplexität der Landschaftsdarstellung dreht. Es versammeln sich Drucke, Zeichnungen, Skizzen und Objekte, auch ein Film ist auf einer besonders gestalteten Leinwand zu sehen. Das Thema Bauen drängt sich unter anderem in der Arbeit „i+R“ auf, zudem geht es um die virtuelle Abbildung von Landschaften. Gemeinschaftsarbeiten mit der Künstlerin Christine Katscher („hand luggage“) werden hier ebenfalls gezeigt. Eine tolle Ausstellung, die auch die Ästhetik von Hagens Schaffen gut zur Geltung bringt.

Humorvoll präsentiert sich das Werk von Hausegger im Dachgeschoss, das unter dem Titel „Stumme Signale“ vereint ist. Die in Wien lebende Künstlerin zeigt etwa Momentaufnahmen von Reisen aus Pakistan, Mexiko und Moldawien. Die analogen Fotografien werden unter anderem mit Klebefolie ergänzt. Da gibt es etwa eine pakistanische Polizeihütte, die mit einer Pepsi-Werbung versehen ist. Hausegger verlieh der Station ein kleines Schutzdach aus Blech. Auf einem anderen Bild hat ein kaputter Richtungspfeil an einer Hausfassade offenbar seine Funktion verloren.

Von einem Pakistaner, der Regenschirme reparierte, kaufte die Künstlerin drei aus alten Konservendosen umfunktionierte Ofenrohre ab. Daraus entstand eine Installation mit einer Art Regenrinne. „Brain Drain“, die Abwanderung von Wissen und Könnerschaft, ist das Thema dieser Arbeit. Hausegger möchte bei jeder Residency auch etwas Neues lernen, und so entstanden zwei witzige und bunte Lithografien.
Weinendes Mobiliar
Neun neue Mitglieder hat die Berufsvereinigung, sie bespielen den Keller auf ganz unterschiedliche Weise. Erwähnenswert sind etwa die Schwestern Maria und Anna Ritsch – auch im Flatz Museum zu sehen –, die sich dem Sitzen widmen. Die von Michael Salvadori ausgestellten feingliedrigen Zeichnungen mit ihren zahlreichen Details entführen in eine surreale Welt und laden zum ausgedehnten Betrachten ein. Textile Arbeiten von Bianca Lugmayr, weinendes Mobiliar von Luka Jana Berchtold sowie eine Soundinstallation von Evamaria Müller locken ebenfalls ins Untergeschoss.
Bis 7. März im Künstlerhaus Bregenz. Mittwoch bis Samstag, 14 bis 18 Uhr, Sonntag, 11 bis 17 Uhr geöffnet.