Frittierfett, Skistöcke und Schneekanonen

Eine neue Schau im vorarlberg museum zeigt Berg-Werke.
Sie sind ein beliebtes Objekt der Naturromantik, ein Symbol der wilden und unbezwingbaren Natur – auch wenn sie heute in Massen bezwungen werden: die Berge. Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem alpinen Raum hat sich seit dem 19. Jahrhundert gewandelt, so wie die alpine Landschaft selbst. Erst waren die Berge romantisches Motiv, oder Maler bezeugten mit ihren Gemälden aufsehenerregende Erstbesteigungen. Seit etwa 25 Jahren setzen sich Künstler aber auch kritisch mit der touristischen Erschließung und der Vereinnahmung der Alpen durch den Menschen auseinander, wie Andreas Rudigier erzählte.
Kooperation
Der Direktor des vorarlberg museums informierte gestern zusammen mit der Kuratorin Kathrin Dünser und dem künstlerischen Leiter des SilvrettAteliers Montafon Roland Haas über die aktuelle Schau im Atrium. „2000 Meter über dem Meer“ zeigt einerseits Werke aus dem Alpen-Sammlungsschwerpunkt des Museums, der seit 2013 besteht. Die Ausstellung zeugt außerdem von der Kooperation des Hauses mit dem SilvrettAtelier. In diesem biennalen Hochgebirgs-Symposium arbeiten und wohnen im Sommer Künstler zwei Wochen lang auf der Versettla. Ein halbes Jahr später werden die Arbeiten präsentiert. Ein paar davon wurden vom vorarlberg museum angekauft. Seit dem SilvrettAtelier 2014 das Ende drohte, als der damalige Gastgeber Illwerke AG abgesprungen war, unterstützt das Museum das Projekt finanziell – und erhält im Gegenzug dazu von den teilnehmenden Künstlern eine Schenkung, wie Haas erklärte. Neuer Gastgeber des Ateliers ist seit 2016 unter anderem Montafon Tourismus.

Um dem Thema und den kniffligen Ausstellungsbedingungen im Atrium Rechnung zu tragen, hat das Atelier Ahoi mehrere Stationen entworfen, die teilweise die Perspektive nach oben und unten erweitern. Mit einem Feldstecher kann das „Panorama“ genossen werden. Verbunden sind die Themengruppen mit „Wanderwegen“, die alpine Infos bereithalten. Doch schon beim Eingang am Kornmarktplatz werden die Besucher mit zwei „Schneekanonen“ empfangen: Die Künstler Franz Lun und Michael Heindl bauten diese aus Teilen eines 300 Jahre alten Vierkanthofs in Oberösterreich nach. Das Gebäude musste aufgrund des Hochwasserschutzes abgerissen werden. Der Klimawandel ist also ebenfalls Thema.
Ansichten des Piz Buin
Das älteste Werk der Schau ist ein Aquarell des Vorarlberger Pädagogen Franz Gradl (1876 bis 1954). Die frühe Ansicht des Piz Buin ist die Kopie eines Werks von Edward Theodore Compton (1849 bis 1921) – der Brite gehört zu den bedeutendsten Malern des heroischen Alpinismus. Seine Leidenschaft für die Berge drückte er mit topografischer Genauigkeit aus. 2011 hat Hubert Zöhrer den Piz Buin malerisch abgebildet, ins Auge sticht dabei der leuchtende kobaltblaue Himmel. Der junge Foto-Künstler Matthias Guido Braudisch zog mit einer „Piaggio Ape“ und einer selbst gebauten Lochkamera in die Berge.

Doch nicht nur die Abbildung der Berge ist Thema, sondern auch deren Bezwingung. Eine „Aussicht“ von Michael Goldgruber zeigt nicht nur die beeindruckenden Berge am Mont-Blanc-Massiv, sondern auch, wie sie möglichst benutzerfreundlich präsentiert werden. Beinahe abstrakt wirken die Lawinenverbauungen, wie sie Karin Schneider-Meyer in Schwarz-Weiß fotografierte. Eigentlich möchte der Betrachter der Fotografie von Lucas Breuer gar nicht wissen, was aus der abgebildeten monströsen Baustelle geworden ist.
Berge aus Styropor
Berge zum Mitnehmen bietet Cäcilia Falk an. Aus Styropor nachgebildet und im Koffer verpackt, hat die Künstlerin „mountains to go“ geschaffen. Einen Pistenplan hat der Künstler Benjamin Vogel in eine fiktive Landschaft gesetzt.

Insgesamt elf Positionen aus dem SilvrettAtelier ergänzen die Schau, nicht selten zeugen sie von Humor. Matthias Göttfert huldigt einem zentralen Stoff für die alpine Gastronomie: dem Frittierfett, das keinesfalls erkalten darf. Seine Installation lädt zur Fürbitte ein. Markus Hiesleitner kreierte mit zerbrochenem Geschirr aus dem Restaurant Nova Stoba einen „Porzellangletscher“. Roman Pfeffer verwendete verwaiste Skistöcke für meterhohe Skulpturen. Maria Anwander setzte sich während des SilvrettAteliers 2016 mit alpinen Wegmarkierungen auseinander. Bei Sabine Marte geht es um den Versuch, der Landschaft habhaft zu werden. Von Isa Schmidlehner gibt es einen „Gruß aus den Alpen“ zum Mitnehmen. Und es gibt noch mehr – einfach reinschauen!
Zur Ausstellung
„2000 m über dem Meer. Vorarlberg, Silvretta und die Kunst“.
Von Freitag, 27. März, bis 27. Juni zu sehen. Geöffnet von Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr. Anstelle von Führungen gibt es Einführungsvorträge mit Kathrin Dünser, zum Beispiel am kommenden Sonntag um 15 Uhr (Infos: www.vorarlbergmuseum.at). Das nächste SilvrettAtelier findet 2022 statt.