Die Spannung zwischen Politik und Kunst

Die Camerata Musica Reno ist bald zum zweiten Mal zu erleben.
Er spielt die Posaune, studiert Dirigieren an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien – und er ist der Gründer und musikalische Leiter des jungen Kammerorchesters Camerata Musica Reno. Die Rede ist von dem 24-jährigen gebürtigen Bregenzer Tobias Grabher, dessen Ensemble mit einem Programm zu Igor Strawinsky im Theater Kosmos erfolgreich Premiere feierte. Am Freitag und Samstag gibt es im Bregenzer Theater das zweite Konzert zu erleben: Der deutsche Komponist Richard Strauss (1864 bis 1949) wird dabei auf zwei Ebenen beleuchtet, nämlich einerseits musikalisch, andererseits zeitgeschichtlich, wie der junge Musiker in einem Gespräch erklärte. Zu dem Anlass wurde die Besetzung im Vergleich zum Debüt des Orchesters ordentlich erweitert. Insgesamt 37 junge Musiker aus der Region sind beteiligt, darunter einige renommierte Vertreter der jungen Vorarlberger Klassik-Szene, wie Johanna Bilgeri, Konzertmeister David Kessler, sowie Marcel Üstün, Fridolin Schöbi, Laurah Maddalena Kasemann und Laura Moosbrugger.
Reichhaltige Farbpalette
Die stilistische Breite von Strauss’ Schaffen zeichnet sich laut Grabher im musikalischen Programm ab, das vom Frühwerk der Serenade für 13 Blasinstrumente, op. 7 – der Komponist war bei dieser Kreation erst 17 Jahre alt –, über die Orchestersuite aus dem Bühnenwerk „Der Bürger als Edelmann“, op. 60, bis hin zum Capriccio-Streichsextett op. 85, reicht. Allein der Auszug aus „Der Bürger als Edelmann“ bediene mit den vielen unterschiedlichen Instrumentenkombinationen eine reichhaltige Farbpalette, meint der Dirigent. Dabei handle es sich um jenen Suitensatz, in dem Strauss über zehn Minuten hinweg eine Speisekarte vertonte.

Die zweite Ebene dieses Abends will mit dem Briefwechsel zwischen Strauss und dem Schriftsteller Stefan Zweig die umstrittene Haltung, beziehungsweise das Verhalten des Komponisten gegenüber dem Nationalsozialismus beleuchten – es lesen die Theaterleiter Hubert Dragaschnig und Augustin Jagg. Einerseits zeigt sich die die jeweilige Beziehung der beiden Protagonisten zum NS-Regime sehr unterschiedlich: Zweig emigrierte aus seiner Heimat Österreich, Strauss und sein Werk wiederum wurden zuerst von den Nationalsozialisten vereinnahmt, er avancierte sogar zum „Reichsmusikkammer-Präsidenten“. Die beiden kamen etwa zusammen, als sie die gemeinsame Oper „Die schweigsame Frau“ erarbeiteten, 1935 gab es auch ein Treffen in Bregenz im damaligen „Hotel Montfort“. Nach der Uraufführung wurde Strauss der Rücktritt von seiner Funktion nahegelegt.
Positive Resonanz
Was in diesem Programm mitschwinge, sei die Frage nach der Spannung zwischen dem Werk und dem politischen Wirken eines Künstlers, so Grabher.
Der Dirigent sei jedenfalls „überwältigt“ von der positiven Resonanz nach dem ersten Konzert des Kammerorchesters, wie er sagt – mit dem Partner Theater Kosmos werde schon für das nächste Jahr geplant.
„Richard Strauss – Bürger als Edelmann?“ Fr., 9., sowie Sa., 10. Juli, jeweils um 19 Uhr im Theater Kosmos, Bregenz. www.theaterkosmos.at.