Kultur

“Wie eine Katharsis nach dunkler Zeit”

20.08.2021 • 09:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Leo McFall ist seit 2020/21 Chefdirigent des SOV. <span class="copyright">Thomas Schrott</span>
Leo McFall ist seit 2020/21 Chefdirigent des SOV. Thomas Schrott

SOV-Chefdirigent Leo McFall spricht im Interview über seine Anfänge.

In zwei Konzerten konnte man den britischen Dirigenten Leo McFall vor drei Jahren erleben, bevor er zum neuen Chefdirigenten des Symphonieorchester Vorarlberg gewählt wurde und die Corona-Pandemie viele Planungen zunichtemachte. Nach zwei regulären Konzerten im Frühjahr steht nun am In zwei Konzerten konnte man den britischen Dirigenten Leo McFall vor drei Jahren erleben, bevor er zum neuen Chefdirigenten des Symphonieorches­ters Vorarlberg gewählt wurde und die Corona-Pandemie viele Planungen zunichtemachte. Nach zwei regulären Konzerten im Frühjahr steht nun am Sonntag die traditionelle Festspiel-Matinee mit dem SOV und einem spannenden Programm an: die richtige Zeit also für ein Interview mit dem sympathischen Musiker.

Was sind Ihre musikalischen Wurzeln und wie kamen Sie zum Dirigieren?
Leo McFall: Ich habe mit Geige begonnen, dann kamen das Klavier und die Bratsche dazu. Ich habe immer viel Kammermusik gemacht und wollte dann als Teenager noch mehr Repertoire kennenlernen. Beim Studium in Oxford kamen die ganze Musikgeschichte und Musiktheorie dazu, mit 22 Jahren bin ich dann an die Sibelius-Akademie in Helsinki gegangen. Aber noch heute nehme ich meine Bratsche in die Hand, wenn ich einem Orches­ter etwas erklären will.

Leo McFall beim SOV-Konzert im Juni. <span class="copyright">Mathis Fotografie</span>
Leo McFall beim SOV-Konzert im Juni. Mathis Fotografie

Aus Finnland kommen ja viele hervorragende Dirigenten. Was ist das Geheimnis der dortigen Ausbildung?
McFall: Man hat dort viel Verständnis und Unterstützung für die Dirigenten, das ist einzigartig in Finnland. Es gibt allein 30 oder 40 Orchester im ganzen Land, und ein junger begabter Dirigent kann immer wieder mit ihnen arbeiten. Es ist weniger eine Frage der Dirigier-Technik, doch man bekommt viel Erfahrung, und als junger Mensch kann man sich nur durch ständiges Dirigieren verbessern.

Zur Person

Leo McFall wurde 1981 in London geboren. Nach dem Musikstudium an der Oxford University absolvierte er ein Dirigierstudium an der Sibelius Academy in Helsinki. 2015 gewann er den Deutschen Dirigentenpreis, 2014 war er Finalist beim „Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award“. Als Gastdirigent arbeitete er bei namhaften Klangkörpern wie dem City of Birmingham Symphony Orchestra, BBC Philharmonic und beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin.

Sie waren viele Jahre Assistent des holländischen Maestros Bernard Haitink und des Gustav-Mahler-Jugendorchesters. Viele Menschen haben wahrscheinlich keine Vorstellung davon, was man als Assistent macht.
McFall: Es ist unterschiedlich: Manche brauchen viel Input und Rückmeldung zu jedem einzelnen Takt. Bernard Haitink war das genaue Gegenteil, ihm genügten zwei oder drei Anmerkungen in einer dreistündigen Probe. Er mochte kein Blabla und war ein Mann weniger Worte. Beim Gustav-Mahler-Jugendorchester, das ja in der Besetzung immer wieder neu ist, habe ich die Vorproben geleitet, bis der Hauptdirigent kam. Etwa die Bruckner-Symphonien für Herbert Blomstedt, dessen ungeheure geistige Klarheit und körperliche Fitness ich bewundere.

Tickets für das Konzert am Sonntag um 11 Uhr gibt es noch unter www.bregenzerfestspiele.com

Kommen wir zum Programm des SOV in der Festspiel-Matinee mit Beethovens „Egmont“-Ouvertüre, der Sinfonia concertante von Haydn und der dritten Sinfonie von Thomas Larcher.
McFall: Die Symphonie sollte das Hauptwerk sein, die beiden anderen Werke im ersten Teil nicht so schwergewichtig. Die Egmont-Ouvertüre passt mit ihrem „durch Nacht zum Licht“ und ihrem C-Dur-Jubel wunderbar in diese Zeit, in der wir wieder Musik machen und hören können: Es ist wie eine Katharsis nach dunkler Zeit! Die Sinfonia Concertante für vier Soloinstrumente und Orchester von Haydn bietet die wunderbare Gelegenheit, den Konzertmeister und die Stimmführer zu präsentieren. Ich liebe diese Konzerte mit mehreren Solisten, man kann Kammermusik mit dem ganzen Orchester machen. Thomas Larchers Sinfonie ist von verschiedenen Orchestern in Auftrag gegeben worden und wir dürfen die erste Aufführung vor Publikum spielen. Sie zeigt die tiefe Verbindung des Komponisten mit der Natur, die Beziehung von Mensch und Natur. Die Musik ist sehr intensiv, dicht, kraftvoll, in der Verbindung von ungewöhnlichen Instrumenten wie dem Akkordeon oder dem Zymbal etwa mit den Schlaginstrumenten entstehen Klänge, die ich so noch nicht gehört habe.

Katharina von Glasenapp