Kultur

Dezentes ist Caro Starks Sache nicht

20.01.2022 • 19:22 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Caro Stark in ihrem Atelier in Bregenz. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Caro Stark in ihrem Atelier in Bregenz. Klaus Hartinger

Bühnenbildnerin Caro Stark ist glücklich mit ihrem neuen Atelier, in dem sie ihre „Utopien“ bauen kann.

Dass eine selbstständige Bühnenbildnerin ein Atelier zum Arbeiten braucht, liegt auf der Hand. Caro Stark hat lange genug ohne Studio auskommen müssen, seit Mitte August kann sie in ihrem neuen Atelier in der Bregenzer Brielgasse endlich wieder uneingeschränkt und ungestört arbeiten. Ein Besuch bei der Ausstatterin lohnt sich sehr, denn hier lässt es sich vortrefflich in Starks Fundus stöbern, in dem sich allerhand skurrile Objekte, Kostüme und Masken versammeln. Wie bei den zahlreichen Produktionen des Ensembles unpop und bei ihren anderen Aufträgen, wird auch in Starks Atelier das Motto der pfiffigen Handwerkerin und Künstlerin deutlich: „Mehr ist mehr, Dezenz ist Schwäche“, stellt sie im Gespräch ihren Standpunkt klar.

Stark führe die NEUE durch ihr Studio. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Stark führe die NEUE durch ihr Studio. Klaus Hartinger

Das Gebäude in der Brielgasse, das von Künstlern zwischengenutzt wird, verfügt sogar über eine seitliche Rampe, auf der Stark auch große Objekte unkompliziert an- und abtransportieren kann. Es sei schwierig für Kunstschaffende in Bregenz einen derartigen Raum zu finden, sagt die 44-Jährige glücklich. Zuvor musste sie eine zeitlang sogar in einem Hof im Freien ihre Konstruktionen bauen.

Auch schräge Masken gibt es im Fundus zu entdecken. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Auch schräge Masken gibt es im Fundus zu entdecken. Klaus Hartinger

Stark bereichert als Bühnenbildnerin seit etwa 17 Jahren die Vorarlberger Theaterszene. Zuvor studierte sie in der Metall-Meisterklasse an der Kunstuniversität Linz, wechselte dann aber bald ins Bühnenbild-Fach. Als Assistentin am Landestheater Linz wurde ihre Faszination für das Theater geweckt, wie sie erzählt. „Auf der Bühne kann ich Utopien bauen, und ich kann davon leben“, sagt sie. Dafür ist Stark aber sehr beschäftigt: An etwa sieben bis neun Produktionen pro Jahr wirkt sie mit, inklusive der zwei jährlichen unpop-Produktionen. Das Ensemble leitet Stark zusammen mit ihrem Mann Stephan Kasimir seit 2016.

Leicht und stabil

Schon beim Blick von außen leuchtet dem Besucher der Schriftzug „Die Neue Mitte“ entgegen – ach ja, das ist ja aus dem Stück „der herzerlfresser“ von Ferdinand Schmalz! Aus der unpop-Inszenierung stammt noch ein weiteres Schild im Atelier: „Fußpflege Irene“ ziert den hinteren Raum, wo Stark am Tisch ihre Modelle baut und ihre Kostüme, Perücken, Schuhe und Masken aufbewahrt. Im rampenseitigen Raum wiederum wird gebaut und gebastelt. Für die Truppe dieheroldfliri.at tüftelt die Bregenzerin gerade an Teilen aus Styropor und Epoxidharz. Leicht und stabil sollen die Elemente sein, damit die Schauspieler sie einfach umbauen können, erklärt die Bühnenbildnerin.

Schäumendes Mikro

Außerdem repariert Stark gerade ein ganz besonderes Mikrofon, das in der walktanztheater-Inszenierung „Trash me up before you go go“ 2014 zum Einsatz kam. Aus dem Mikro führt ein Schlauch, der in einem Eimer mit Seifenwasser mündet. Mithilfe eines Kompressors soll es dann aus dem Mikro schäumen. „Trash me up before you go go“ im Alten Hallenbad war – etwa mit seiner Kathedrale aus Müll – eines ihrer größten Projekte, wie sie sich zurückerinnert. Doch nicht immer muss der Aufwand groß sein, um große Effekte zu erzeugen. Für die unpop-Inszenierung von Thomas Köcks „dritte republik (eine vermessung)“ hat Stark wunderschöne Bilder erzeugt, und das hauptsächlich mit drei halbtransparenten Projektionsflächen, die rückseitig bestrahlt wurdeßerdem repariert Stark gerade ein ganz besonderes Mikrofon, das in der walktanztheater-Inszenierung „Trash me up before you go go“ 2014 zum Einsatz kam. Aus dem Mikro führt ein Schlauch, der in einem Eimer mit Seifenwasser mündet. Mithilfe eines Kompressors soll es dann aus dem Mikro schäumen. „Trash me up before you go go“ im Alten Hallenbad war – etwa mit seiner Kathedrale aus Müll – eine ihrer größten Projekte, wie sie sich zurückerinnert. Doch nicht immer muss der Aufwand groß sein, um große Effekte zu erzeugen. Für die unpop-Inszenierung von Thomas Köcks „dritte republik (eine vermessung)“ hat Stark wunderschöne Bilder erzeugt, und das hauptsächlich mit drei halbtransparenten Projektionsflächen, die rückseitig bestrahlt wurden.

Dieses Meerjungfrauenkostüm trug einst Robert Kahr.<span class="copyright"> Klaus HArtinger</span>
Dieses Meerjungfrauenkostüm trug einst Robert Kahr. Klaus HArtinger

Viele Regisseure kämen mit Ideen zu Stark, deren Umsetzbarkeit sie erst experimentell erproben müsse, erklärt sie. Neben handwerklichem Geschick und Materialkenntnis brauche es in ihrem Job auch die Lust am Spielerischen. „Ich bin immer noch ein Kind“, sagt sie schmunzelnd. Neben viel Farbe, Plüsch und Glitzer kommt auch oft ihr frecher Humor zum Einsatz – man denke an den riesigen goldenen Penis-Springbrunnen für die unpop-Freilichtinszenierung von Schmalz’ „jedermann (stirbt)“ im vergangenen Sommer.

"Trash me up", 2014 im Alten Hallenbad Feldkirch.<span class="copyright"> NEUE</span>
"Trash me up", 2014 im Alten Hallenbad Feldkirch. NEUE

Auch beim Blick in die Kostümabteilung kann man in vergangenen Bühnenerlebnissen schwelgen. In „Der große Marsch“ trug Schauspieler Robert Kahr ein Meerjungfrauenkostüm, man trifft auf die mit Geldscheinen bedruckten Anzüge aus „Kind.Erbe.Reich“ von dieheroldfliri.at, Schweinsmasken, Krümelmonster und, und, und. Zuvor war dies alles im Keller verstaut, so Stark, nun hätte sie einen richtigen Fundus.

Ohne Schauspieler

Beim nächsten unpop-Stück ist übrigens Starks Raumgestaltung ein wesentliches Element: Mitte März wird Ernst Jandls „Der Raum“ aufgeführt. Das „szenische Gedicht für Beleuchter und Tontechniker“ kommt ganz ohne Schauspieler aus: eine neue Herausforderung für die findige Künstlerin.