Kultur

Sehnsucht nach dem Schwimmen im Wasser

01.07.2022 • 19:46 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Einblick ins Theaterstück  <span class="copyright">Mandy Hanke</span>
Einblick ins Theaterstück Mandy Hanke

Am Donnerstag wurde „Immer wenn ich falle: Klippenspringerin“ vom jungen Autor Raoul Eisele im Theater Kosmos uraufgeführt.

Dreißig Jahre sind vergangen, und die Welt ist geteilt in ein Davor und ein Danach. So sitzen die drei Protagonistinnen in futuristischer Einfarbigkeit um einen Pool, lassen die Füße herabhängen und schwadronieren darüber, wie das Leben sich verändert hat, während hinter ihnen die Rosen blühen.

Sprung ins Leere

Sprung ins Leere. Die Viren waren im Wasser, und so gibt es nun kein Wasser mehr. Schwimmen lernen kann man trotzdem auf blauen Plastikmatten in Trockenübungen. Geübt werden Bewegungen, die richtige Atmung und sogar der Sprung ins Becken, und mit folgsamer Begeisterung wird der Körper laut Anweisungen der Trainerin in die vorgegebenen Stellungen gebracht.
„Immer wenn ich falle: Klippenspringerin“ heißt das Theaterstück des jungen Autors Raoul Eisele, mit dem er im Jahr 2020 am Kosmodrom Stückewettbewerb „Life in 2050“ teilnahm. Mit dem Theaterraum Kosmodrom wird jungen Künstlern die Möglichkeit geboten, ihre Kurzdramen in einem professionellen Rahmen zu verwirklichen.

Wie sieht die Welt in 30 Jahren aus? In einem dystopischen Szenario spinnt der Autor ansatzweise eine gegenwartsbezogene Welt zusammen, in der die pandemischen Zustände ausgeufert sind und die Menschen sich an das Leben ohne direkte zwischenmenschliche Kontakte schon längst gewöhnt haben und in ihrer Erinnerung dennoch nicht davon loskommen.

Digitale Beziehungen

Bienen gibt es nicht mehr, und Pflanzen werden von den Menschen bestäubt, die draußen in weißen Schutzanzügen anzutreffen sind. Beziehungen werden nur mehr digital gelebt, und „zu Hause zu bleiben“ wird allgemein als die ideale Lebensweise dargestellt. „Zu Hause ist es doch am Schönsten“, entwickelt sich zum drohenden Leitsatz.


Erstarrt und indoktriniert wirken die „Spielerinnen“, wenn sie nostalgisch von „früher“ erzählen, in ihre Erinnerungen fallen und darin untergehen. Sie träumen vom nassen Schwimmen im Wasser. Vom Leben in den 20ern. Die Texte handeln von der Sehnsucht nach Nähe, der Frage nach der „guten“ Zukunft und zeigen Figuren, die daran scheitern, den Lauf der Dinge zu überwinden. Die Stimmung schwankt abwechselnd vom melancholischen Schwelgen in der einstigen Zweisamkeit und ruhiger Klaviermusik zu angestrengten Sportübungen, in welchen krampfhaft versucht wird, an verlorenen Dingen festzuhalten. Zwischendurch werden die Figuren in die Realität zurückgeholt, wo sie an den Rändern des leeren Beckens liegen, auf die bessere Zukunft warten und darüber sinnieren, sich „gegenseitig aus den Häusern zu rauben“.


<span class="copyright">Mandy Hanke</span>
Mandy Hanke

Thematisch zwar nicht originell, kann das Stück doch auf sprachlicher Ebene überzeugen und bietet auch leicht absurde Elemente. In der Inszenierung von Michaela Vogel und der schauspielerischen Umsetzung von Laura Dittmann, Kaija Ledergerber und Maria Strauss wird das Stück zu einem gelungenen Theaterabend.

Weitere Vorstellungen: Heute um 20.30 Uhr im Theater Kosmos. Infos: www.theaterkosmos.at