Kultur

Von den
Amerikanern boykottiert

28.02.2023 • 19:23 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Fidels Asche wird von Havanna auf den Friedhof Santa Ifigenia nach Santiago de Cuba gebracht.<span class="copyright">Franz Kabelka</span>
Fidels Asche wird von Havanna auf den Friedhof Santa Ifigenia nach Santiago de Cuba gebracht.Franz Kabelka

Franz Kabelka präsentiert heute seinen neuen auf Kuba spielenden Krimi in einer Konzert­lesung mit latein­amerikanischem Flair.

Ende November 2016 ist der ehemalige kubanische Präsident Fidel Castro gestorben. Ein Tod, der dem Schriftsteller Franz Kabelka zeitlich recht „gut ins Konzept passte“, denn schon ein paar Tage später war er zufälligerweise für seine Recherchen in Kuba und konnte hautnah miterleben, wie Castros Bewunderer mit kubanischen Flaggen im Haar und auf der Brust stundenlang am Straßenrand auf den Trauerzug warteten, um dem in die Urne gestopften Revolutionsführer die letzte Ehre zu erweisen.

Satirischer Charakter

Es sind Eindrücke, die Kabelka in mehreren Fotoalben festgehalten und in seinem neuen Roman „Kubanische Krokodile“ verarbeitet hat. Sein siebter Krimi sei auch eine Mischung aus Reiseroman und Politthriller, beschreibt Kabelka, denn die Kriminalgeschichte ist nur Mittel zum Zweck, um ein Thema zu transportieren. „Die Leute mögen Krimis ja einfach deshalb, weil es etwas zum Auflösen und Raten gibt“, so der Autor im Interview. Doch das Spannende bei seinem Buch sei nicht die Suche nach dem Mörder, sondern eher die Psychologie dahinter. Wie so oft gibt es ein Verbrechen, eine Entführung, einige ironische Brechungen, falsche Beschuldigungen und mehrere Ermittler.

Schriftsteller Franz Kabelka. <span class="copyright">Lukas Hämmerle</span>
Schriftsteller Franz Kabelka. Lukas Hämmerle

In der fiktiven Geschichte versucht Kabelka den Lesern aber vor allem einen Eindruck der wirklichen gesellschaftspolitischen Zustände in Kuba zu vermitteln. Er wollte „über ein Land im Umbruch, das sich neu orientieren muss“ schreiben. Dafür hat er auch reale Situationen und Verhältnisse für die Geschichte genutzt und persönliche Erlebnisse in den Roman eingearbeitet. Zwei Mal war Kabelka für längere Recherchen vor allem im Osten Kubas, hat sich dort in Tanz- und Musikklubs herumgetrieben und sich mit Unterstützung eines kommunistischen Gewerkschafters Zugang zu allen möglichen Institutionen verschafft. Er hat die inneren Zustände von Krankenhäusern, Tabakfabriken, Schulen und Kindergärten für Beeinträchtige unter die Lupe genommen und herausgefunden, wie sich der amerikanische Boykott seit 1962 auf das kubanische Gesundheitssystem auswirkte.

Ähnlich wie die „armen kubanischen Krokodile“, die in den Sümpfen der Zapata-Halbinsel leben und durch die Hybridisierung mit den größeren amerikanischen Krokodilen bedroht werden, werden auch die Kubaner in ihrer Existenz von Amerikanern bedroht, vergleicht Kabelka auf symbolische Weise die spezielle Situation der Kubakrokodile mit den politischen Konflikten. „Man kann dem Fidel viel unterstellen und den kommunistischeren Führern dort, dass man sagt, es sind eigentlich Diktatoren, aber sie haben auch viel getan für die Leute, das ist nicht so einfach schwarz-weiß.“ Auch diese differenzierten Sichtweisen wollte Kabelka in seinem Buch beschreiben, und so kommen auch einige Leute zu Wort, die der Autor bei seinen Recherchen selbst getroffen hat.

Mehrere Erzählperspektiven

Aus mehreren Erzählperspektiven wird das Geschehen geschildert und auch Autobiografisches vermischt sich in die verschiedenen Figuren. Dem Autor war es wichtig, das Buch zu einem größeren Teil aus der Perspektive einer Frau zu erzählen, denn „es schafft eine gewisse emotionale Distanz zu mir als Mann“ und eröffne auch Möglichkeiten für andere Themen, so spielt beispielsweise auch die ungeplante Schwangerschaft von Frieda eine Rolle.
Die Protagonistin Frieda Prohaska, die bereits in den letzten zwei Büchern von Kabelka mitspielte, erhält von der Wochenzeitschrift „opinion“ den Auftrag, für eine Hintergrundreportage zum Umbruch in Kuba ins Land zu reisen. Leser treffen die Figur im Flugzeug, wo die persönliche Geschichte der Journalistin aus den letzten Büchern weitererzählt wird und sich auch durch diesen Roman zieht. In Kuba begegnet Frieda dem amerikanischen Reporter Ioannis Vazelios und wird später in dessen Entführungsfall zur Ermittlerin. Der Boxer Osvaldo ist wütend auf die Amerikaner, die er für den Tod seiner Eltern in einer eingestürzten Mietskaserne verantwortlich macht. Nun sitzt er in Untersuchungshaft und wird des Landesverrats bezichtigt, und der CIA-Agent John Martin, der in der amerikanischen Botschaft als Verbindungsbotschafter arbeitet, muss mit Colonel Morales vom kubanischen Geheimdienst gemeinsame Sache machen, um das Verschwinden einer wichtigen Persönlichkeit aufzudecken.

Das Buchcover und Franz ­Kabelka. <span class="copyright">Edition TandeM</span>
Das Buchcover und Franz ­Kabelka. Edition TandeM

Seine vielen Charaktere vergleicht der Autor mit Schauspielern in einem Theaterstück. So würde sich die Geschichte aus dem Bewusstseinsstand der Figuren herauskristallisieren. „Ich schaffe Typen, die müssen dann ihren Fähigkeiten und Anlagen entsprechend agieren“, ein Plot ist nur grob vorgegeben und lange Zeit wusste Kabelka selbst nicht, wie die Geschichte enden würde. „Ich muss mich darauf verlassen, dass die Charaktere was zu Wege bringen.“

Kubanische Krokodile: Erschienen im Februar: Edition Tandem, 352 Seiten; Konzertlesung Franz Kabelka und „Steps to Heaven“ (kubanische Musik und jazzige Improvisationen) Heute, 19.30 Uhr in der Landesbibliothek, Bregenz.