Kultur

In den Zwängen der Macht

09.03.2023 • 19:21 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
"Elisabetha singt über Freiheit und hält ihre Krone in der Hand. Welche Freiheit? Es ist doch ein schweres Gewicht, diese Krone zu bewahren." - Teresa Rotemberg über die Figur der Elisabetha.<span class="copyright">Gregory Batardon</span>
"Elisabetha singt über Freiheit und hält ihre Krone in der Hand. Welche Freiheit? Es ist doch ein schweres Gewicht, diese Krone zu bewahren." - Teresa Rotemberg über die Figur der Elisabetha.Gregory Batardon

Gaetano Donizettis Oper „Maria Stuarda“ ist ab Sonntag im Vorarlberger Landestheater in der ­Inszenierung von Teresa Rotemberg zu erleben.

Zwei mächtige Figuren kommen am Sonntag auf die Bühne des Landestheaters, es sind zwei „superstarke Frauen“ und zwei Königinnen, die sich in Briefen „Schwestern“ nennen. Eine wurde dafür gemacht zu regieren, die andere nicht, aber trotzdem verteidigt sie ihren Thron um jeden Preis.

Vom Köpfen der Könige

Maria Stuart, die schottische Königin, und Elisabeth, die englische Königin, kennt man aus der Geschichte, in den überlieferten Briefen fleht Maria in Gefangenschaft um ihr Leben, aber tatsächlich haben sich die beiden Frauen nie getroffen. Es sei das erste Mal gewesen, dass ein König oder wie hier eine Königin ganz offiziell einen anderen König töten lässt, und derart außergewöhnlich gewesen, dass das Leben von Maria schon kurze Zeit nach ihrer Hinrichtung künstlerisch verarbeitet wurde.
Für die Regisseurin Teresa Rotemberg sei das Stück eine tolle Gelegenheit gewesen, sich intensiv mit dem geschichtlichen Hintergrund zu beschäftigen. „Ich liebe dieses Stück, ich liebe auch den Schiller.“ Vom Schauspiel von Schiller habe sich Donizetti inspirieren lassen. „Aber er hat schon seine eigene Version gemacht“, sagt Rotemberg im Interview.

Die Oper von Gaetano Donizetti „konzentriert sich auf das Dreieck zwischen Maria Stuarda, Elisabetha und Roberto“. „In der Geschichte ist es so, dass Stuarda von den Schotten ausgestoßen wird, und sie hat drei Möglichkeiten: Frankreich, Spanien oder England. Die Königin Elisabetha sagt: ‚Ich schütze dich.‘ In dem Moment, als sie in England ankommt, wird sie sofort ins Gefängnis gesteckt, weil Elisabetha riesige Angst hat vor der Macht und einem Putsch von Stuarda“, erklärt Rotemberg.

Damals im Jahr 1834 habe die Oper, „die für uns heute so schön und so toll klingt“ aber ordentlich Stress gemacht, und so wurde „Maria Stuarda“ erstmal verboten. „Der König hatte Angst. Man soll doch nicht Opern schreiben, in denen man Könige abköpft“, und auch die auf der Bühne inszenierte Beichte sei ein totales Tabu gewesen, beschreibt die Regisseurin.

Regentin ohne Land

Wenn die Oper beginnt, ist Marias ereignisreiches Leben bereits fast zu Ende. 19 Jahre war sie in Gefangenschaft der englischen Königin. Sie war nicht in einem Turm, sondern in einem kleinen Hof, „spielte Königin ohne Land“, korrespondierte mit allen Königen von Europa und sei immer „up to date“ gewesen, was läuft. „Es gab sehr viele Briefwechsel und auch viele Geheimbriefe, die man sowieso vorher schon gelesen hat, weil man so einen Minihof gut kontrollieren konnte.“

Talbot passt auf sie auf und versucht sie zusammen mit der von Schiller und Donizetti erfundenen Figur Roberto zu befreien. „Roberto liebt Maria Stuarda, ob Maria Roberto auch liebt oder nur ausnutzt, weiß man nicht so genau. Und Elisabetha liebt Roberto auch. Und er denkt quasi, durch die Liebe für Maria und weil er weiß, dass Elisabetha ihn auch liebt, kann er das zu Gunsten von Maria nutzen“, so die Regisseurin. Es kommt zu einer Begegnung, die es in der Geschichte nicht gibt und die gar nicht so läuft, wie es sich die Figuren erwartet hätten: „Elisabetha beschimpft Maria Stuarda und Maria Stuarda beschimpft sie noch schlimmer. Überhaupt muss Roberto Elisabetha zuerst sehr überzeugen zu kommen.“

In der Musik habe Donizetti auch auf psychologische Weise die Brüche verkörpert und kontrastvolle Situationen geschaffen. Im Stück sei nicht alles traurig und tragisch, sondern es habe „manchmal auch einen ganz schlimmen Witz“ Der Gesang von Cecil, dem Bösewicht, klinge fast lustig. „Die Musik von Donizetti, wenn Elisabetha darüber lacht oder spöttisch ist, ist fantastisch. Es ist alles in der Musik. Und wenn Roberto über Maria singt, ist es immer ganz toll und ganz schön und weich“, betont Rotemberg. Musikalisch sei die Oper toll aufgebaut. „Es gibt viel Spannung“ und Rezitativen, in denen die Figuren sehr gut beschrieben werden können.

Moderne Inszenierung

Rotemberg habe versucht, die Dreiecksbeziehung mit Bildern noch stärker zu zeigen. So sehe man auch die Figuren im Hintergrund, die gerade nicht singen: Roberto kommt ins Bild, wenn über die Liebe zu ihm gesungen wird, Maria taucht aus dem Hintergrund auf, wenn Talbot und Roberto im Geheimen über sie reden. Obwohl sich die Regisseurin an die Geschichte hält, habe sie zwei emanzipierte Frauen inszeniert, die auch in die heutige Zeit passen würden. Es gibt moderne Kleider, und die zwei Königinnen könnten – so wie sie agieren – auch zwei Frauen von heute sein. Dennoch seien die beiden sehr unterschiedlich: „Elisabetha ist in der Oper immer in der Öffentlichkeit. Sie singt ganz anders und stellt sich vor das Volk.“ Sie handle immer ein bisschen unentschlossen und spiele damit, dass sie die Entscheidungen nicht sofort trifft. Maria dagegen „ist von der Musik total verinnerlicht“, singt in Arien für sich, und doch sei sie nicht „leidend“, sondern „wahnsinnig selbstbewusst“.

Das Bühnenbild (Sabina Moncys) habe etwas von Gefängnis: Es gibt drei Wände, die die Königinnen quasi einschließen. „Man schaut in einen hermetischen Raum“, beschreibt Rotemberg. Maria sei zwar im Gefängnis, „aber auch Elisabetha hat ihren eigenen Zwang, alles auf die Reihe zu kriegen. Es war mir sehr wichtig, dass sie eingeschlossen sind in diesem Zwang der Macht. Deswegen ist es auch so aktuell, weil die Politiker heute auch diesen Zwang haben, unbedingt und zu jedem Preis und auch mit Kriegen die Macht zu halten. Das ist total zeitlos, es war 1500 so, und es ist heute noch genauso.“

Maria Stuarda: Premiere am Sonntag, 19.30 Uhr im Landestheater.

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