Symbiose in der Kammermusik

Schubertiade/Sprenger
Zum Abschluss der Schubertiade-Woche in Schwarzenberg waren auch zwei Quartette zu Gast.
Von Katharina von Glasenapp
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Eine Schubertiadewoche ohne das Salzburger Hagen Quartett ist kaum vorstellbar, sind doch Veronika (Bratsche), Lukas (erste Violine) und Clemens Hagen (Violoncello) sowie Rainer Schmidt seit bald 40 Jahren mit dem Festival verbunden. Diesmal hatten sie das zweite und dritte der „Preußischen Quartette“ von Mozart auf dem Programm, dessen letzte Werke in dieser Gattung, die der Komponist ursprünglich dem König Friedrich Wilhelm II. von Preußen hatte widmen wollen: Der liebte die Musik und spielte selbst Cello, deshalb ist das Bassinstrument fast der führenden Violine ebenbürtig.
Für den Cellisten Clemens Hagen bot sich so die Gelegenheit, immer mal wieder solistisch aus dem Verbund der vier Stimmen hervorzutreten oder in besonders intensiver Weise mit den anderen zu kommunizieren. In den Jahrzehnten ihres Zusammenspiels ist die klangliche Verschmelzung der Hagens eine kostbare Selbstverständlichkeit, besonders zu erleben war dies in den langsamen Sätzen.
Geschenk
Doch auch die Klarheit in der Themenarbeit etwa im Kopfsatz des F-Dur-Quartetts KV 590 oder die Beleuchtungswechsel in Modulationen waren bestechend herausgearbeitet. Nach der Pause glänzte das Hagen Quartett mit dem a-Moll-Quartett D 804 „Rosamunde“ von Schubert: Einerseits abgeklärt und doch ungeheuer präsent und mit Hingabe an die Spannungsklänge und die organischen Entwicklungen etwa im Variationensatz, machte das Ensemble seinem Publikum mit dieser Interpretation ein besonderes Geschenk.
In der Zugabe kehrte es nochmals zu den Preußischen Quartetten zurück: Im langsamen Satz von KV 575 kam es wieder zu einem unendlich schön gestalteten Dialog von Violine und Violoncello in der für Mozart so typischen bittersüßen Traurigkeit.
Miteinander
Die Münchener Geigerin Julia Fischer und ihre Musikerkollegen bescherten dann am Samstag (hier besprochen) und Sonntagvormittag letzte Höhepunkte in der Kammermusik: Mit dem Geiger Alexander Sitkovetsky, dem Bratscher Nils Mönkemeyer und dem Cellisten Benjamin Nyffenegger bildet sie ein festes Quartett. Hinzu kamen im ersten Programmteil der junge Dresdner Cellist Friedrich Thiele und in allen Werken der Pianist William Youn. In den Bagatellen von Dvorák konnte dieser seine Anschlagskunst beweisen, sind diese eher zurückhaltend gestimmten Werke im Original doch für Harmonium und Streicher komponiert und legen mehr Wert auf feinsinniges Miteinander denn auf solistische Brillanz.
Mit Bravorufen bedankte sich das Schwarzenberger Publikum für die Interpretation einer außergewöhnlichen Totenklage, die der 1934 in der Wolgadeutschen Republik geborene Komponist Alfred Schnittke im Gedenken an seine Mutter in Form eines Klavierquintetts geschaffen hatte: Dicht gefügte, in Vierteltönen verlaufende Streicherflächen, tastendes Klavier, ein Walzer, in dem das Motiv B.A.C.H herüberweht, fein differenzierte Dynamik, bohrende Rhythmen und zuletzt ein Aufstieg des Klaviers in himmlische Sphären hoben das Werk heraus aus dem gängigen Schubertiade-Repertoire. Dieses war in wunderbarer Klangbalance in Schuberts einzelnem Triosatz „Notturno“ mit Alexander Sitkovetsky, Benjamin Nyffenegger und William Youn zu erleben.
Symbiose
In Schumanns Klavierquintett bewährte sich die wohlklingende Symbiose, die die Geigerin mit ihren Quartettkollegen erreicht hat. Mit William Youn, dem Pianisten, der sich ebenso fein zurücknehmen kann als er auch mit leuchtendem Ton die Führung übernimmt, ergaben sich schönste Dialoge und Übergänge, seien es im prächtigen Eröffnungssatz, im brodelnden Scherzo mit rasenden Staccati oder den großen, in einer Fuge gipfelnden Steigerungen des Finales. Dem raunenden Trauermarsch an zweiter Stelle kann sich eh niemand entziehen.
Das Julia-Fischer-Quartett und Friedrich Thiele beendeten die Schubertiadewoche am Sonntag mit (natürlich!) dem Streichquintett von Schubert.