Kultur

Wenn die Welt nicht mehr dieselbe ist

04.09.2023 • 18:58 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die drei Doro-Darstellerinnen.  <span class="copyright">Roland Breuss</span>
Die drei Doro-Darstellerinnen. Roland Breuss

In der Kammgarn in Hard war die Uraufführung von „Die Insel in mir“ von Daniela Egger vom AnartTheater zu sehen.

Der Eindruck mag täuschen, aber es scheint, als hätte das Thema Demenz in den vergangenen Jahren immer öfter Eingang in Kunst und Kultur gefunden. Ob Film, Bildende Kunst oder auch Tanz und Theater: In den verschiedensten Gattungen gibt es gefühlt seit einiger Zeit vermehrt eine Annäherung und Auseinandersetzung mit diesen Krankheitssymptomen, die aufgrund des Älterwerdens unserer Gesellschaft wohl auch immer häufiger auftreten werden.

Persönliche Erfahrung

Auch das Harder AnartTheater hat sich mit Demenz beschäftigt, ausgehend von einer persönlichen Erfahrung. Bei der Mutter der Gründerin, Leiterin und Regisseurin der engagierten Amateurtheatergruppe Dagmar Ullmann-Bautz wurde vor einigen Jahren eine Demenz diagnostiziert. In der Folge hat sich Ullmann-Bautz intensiv mit der Krankheit auseinandergesetzt, wobei es ihr ein Anliegen wurde, auch vorhandene positive Aspekte in einem Theaterstück zu vermitteln – neben den zahlreichen Herausforderungen, die die Demenz eines Angehörigen zweifelsohne für alle Beteiligten mit sich bringt.

Die engagierte Theatergruppe. <span class="copyright">Roland Breuss</span>
Die engagierte Theatergruppe. Roland Breuss

Geschrieben hat das Stück, das am Wochenende in der Harder Kammgarn bei drei ausverkauften Vorstellungen uraufgeführt wurde, die Vorarlberger Autorin Daniela Egger, die seit einigen Jahren Jahren die Aktion Demenz von connexia leitet und daher viel Erfahrung mit dem Thema hat.

In „Die Insel in mir“ – so der Titel des Stücks – wird die Geschichte von Doro, Musikerin, Ende 70 und demenzerkrankt, erzählt. In ihrem Umfeld befinden sich ihre 24-Stunden-Betreuerin und Hauptbezugsperson Milena (Verena Steurer), Tochter Rita (Elisabeth Lindner) mit Mann Mark (Ralf Stoffers) und Enkelin Samira (Maria Keckeisen.Felder), Sohn Tony (Gilbert Hämmerle), der in Wien lebt und Theo (Hans Braun), ihr verstorbener Mann, mit dem sie immer wieder mal Gespräche führt.

Szene aus "Die Insel in mir".   <span class="copyright">Roland Breuss</span>
Szene aus "Die Insel in mir". Roland Breuss

Behutsam und sensibel inszeniert Ullmann-Bautz die berührende Geschichte, in der sie die Figur der Protagonistin auf drei Darstellerinnen (Nina Malfer, Simona Wulf, Angela Gangl) verschiedenen Alters aufteilt, die durchgehend gleichzeitig auf der Bühne sind. Mit weißen und blauen Würfeln, auf denen teilweise ältere und neuere Porträts abgebildet sind, wird die Bühne jeweils mit wenigen Handgriffen für die einzelnen Szenen adaptiert. Deren Wechsel erfolgt wiederum mit ruhiger Musik (Thomas Reif), die nathlose Übergänge schafft.

Freude und Verzweiflung

Freude und Verzweiflung von Doro, ihre manchmal lustvolle, häufig problembehaftete Interaktion mit den anderen werden von der Regie einfühlsam herausgearbeitet und von den Darstellerinnen und Darstellern auch derart umgesetzt. Da ist die Sehnsucht nach dem Vergangenem und Verlorenen, das nicht Zurechtfinden in der Gegenwart. Aber auch das Umfeld der Protagonistin hat zu kämpfen: die Tochter, die die Mutter trotz Stress täglich besucht, dennoch häufig zurückgewiesen wird, das Beste für die Mutter möchte und nicht weiß, was es ist, die Betreuerin, die an Heimweh und Einsamkeit leidet, der Sohn, der unterstützen möchte, aber aus der Ferne nicht wirklich kann.

Aus "Die Insel in mir".   <span class="copyright">Roland Breuss</span>
Aus "Die Insel in mir". Roland Breuss

Immer wieder versammeln sich die Darstellerinnen und Darsteller, zu denen noch Ulli Filler als Tochter von Milena und Ärztin, gehört zu einem Chor. Als solcher deklamieren sie Originalzitate von Menschen mit Demenz. Schöne und poetische Sätze, die teils auch voller Trauer sind.

„Die Insel in mir“ ist ein zugleich leises und lebendiges Stück, welches das Thema Demenz auf ansprechende und einnehmende Weise in den Mittelpunkt rückt. Bei der Uraufführung am Freitagabend gab es dafür viel Applaus.