Kultur

Eine Hymne an die Menschlichkeit

06.11.2023 • 18:17 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Die Performance „Into the Hairy“ <span class="copyright">Katerina Jebb</span>
Die Performance „Into the Hairy“ Katerina Jebb

Von März bis Mai wird das Tanzfestival Bregenzer Frühling zum 37. Mal stattfinden.

Zum ersten Mal wird es beim Bregenzer Frühling eine Weltpremiere geben, die von Judith Reichart (Leitung Kulturservice) eingefädelt wurde. Es sei ein Zusammenspiel von zwei Koryphäen von der klassischen Musik und dem zeitgenössischen Tanz, „die sich auf der Bühne live treffen“: Der US-amerikanische Choreograf Richard Siegal und sein Ballet of Difference vereinen sich mit dem deutsch-russischen Pianisten Igor Levit zum multidisziplinären Abend. „The people united“ geht zurück auf Frederic Rzewskis (1938–2021) „The People United Will Never Be Defeated!“ – „eine Hymne an die Demokratie und die Menschlichkeit“, was gleichzeitig auch das Thema des Bregenzer Frühling 2024 sei, beschreibt Judith Reichart.

Komplexes System

Das 36-Variantionen haltige Klavierstück sei thematisch am Protestlied Protestlied El pueblo unido, jamás será vencido des chilenischen Komponisten Sergio Ortega angelehnt und ein „absolutes Statement für Freiheit, Gerechtigkeit, Gemeinsamkeit und Menschlichkeit“, erzählt Reichart, die bei der gestrigen Pressekonferenz auch den aus Köln angreisten Richard Siegal ins Gespräch holt. „Wenn man sich die Struktur des Ganzen anschaut, ist es etwas, das mich künstlerisch sehr reizt, es ist das gleiche Stück Musik, aber 36 Mal in sechs Abschnitte unterteilt, und in den sechs Abschnitten gibt es sechs Unterabschnitte und in diesen Unterabschnitten gibt es sechs Variationen, es entsteht ein sehr komplexes System, deren Interpretation am Ende in die Verantwortung des Pianisten gelegt wird“, sagt Siegal über die Musik. „Die Hymne, wie Igor Levi beschreibt, ist für ihn etwas Positives, etwas aufbauendes, etwas das weiterführt in die Zukunft. Genau diese Message wollen wir auch in people united.“, sagt Reichart.

Judith Reichart und Richard Siegal bei der Pressekonferenz. <span style="background-color: rgba(111, 111, 111, 0.2); color: rgba(111, 111, 111, var(--tw-text-opacity)); font-size: 0.75rem; text-transform: uppercase;">Klaus Hartinger</span>
Judith Reichart und Richard Siegal bei der Pressekonferenz. Klaus Hartinger

Im neuen Programm werden unterschiedliche Genres miteinander in Verbindung gebracht, die von fünf Compagnien aus Frankreich, Israel, den Niederlanden und Deutschland mit ihren Performances im Bregenzer Festpsielhaus in die vielfältige und epische Welt des Tanzes einladen.

Eröffnet wird der Bregenzer Frühling am 9. März mit einem Programm von Angelin Preljocaj, der zwei ikonische Stücke und eine neue Kreation „Torpeur“ präsentieren wird. Darin werde die Geschichte der Gegenwart und der Zukunft vereint und zudem der Körperzustand der Trägheit erforscht. Mit dem Stück „Noces“ greift Preljocaj seine Erinnerungen an Hochzeiten nach alten Balkan-Riten auf und thematisiert die Unterwerfung der Frau. Am 16. März wird die österreichsiche Erstaufführung von „Fêu“ der französischen Compagnie „Le Phare – CCN du Havre Normandie“ zu erleben sein.

Zum Stück inspiriert haben Fouad Boussouf seine marokkanische Kindheit, die vom weiblichen Umfeld geprägt war, weshalb das Ensemble ausschließlich von Frauen besteht. Für diese Kreation durchsetzt der französisch-marokkanische Choreograf den zeitgenössischen Tanz noch stärker mit den Hip-Hop-Einflüssen seiner Anfangszeit.

Lebenszyklus. Am 4. Mai ist die israelische Choreografin Sharon Eyal mit ihrer 2013 gegründeten L-E-V Dance Company zu Gast. Die neueste Kreation „Into the hairy“ ist in Zusammenarbeit mit Co-Creator Gai Behar und dem Londoner Künstler, Produzenten und Komponisten Koreless entstanden, welcher derzeit als „eines der spannendsten Talente experimenteller, elektronischer Musik“ gilt. Das Stück gehe der Natur und dem Lebenszyklus auf den Grund, wobei auch Gefahren wie Klimawandel, politische Krisen und Krieg im Vordergrund zu stehen. Eyal und Behar verbinden den klassischen Tanz mit der Underground-Clubkultur.

Pressekonferenz im Festspielhaus Bregenz <span class="copyright">Hartinger</span>
Pressekonferenz im Festspielhaus Bregenz Hartinger

Zehn kraftvolle Ballett-Duette der kanadischen Choreografin Crystal Pite hat das Nederlands Dans Theater 2 in zwei rhythmisch schwungvolle Stücke integriert. Neben dem Klassiker „Minus 16“ den Ohad Naharin 1999 für die Compagnie kreierte, gibt es neue künstlerische Stimmen wie den jungen Choreografen Nadav Zelner zu erleben. In seinem Werk „Bedtime Story“ wird die Rückkehr der Verbindung zu unserem inneren Kind thematisiert. Auf die innere Suche nach einer Art Befreiung hat sich Crystal Pite in „Ten Duets on a Theme of Rescue“ begeben.In Koproduktion mit dem Bregenzer Frühling und dem Vorarlberger Landestheater feiert das Aktionstheater ensemble ihr 35-jähriges Bühnenjubiläum. Mit seiner besonderen Art der Theaterthearpie beleuchte Regisseur Martin Gruber im neuen Stück „All about me“ wieder gegenwärtige politische und gesellschaftliche Angelegenheiten.

Im Vorjahr sei mit 6707 Besuchern eine Auslastung von bis zu 90 Prozent erreicht worden, sagt Kulturstadtrat Michael Rauth. Das Gesamtbudget für 2024 betrage 452 000 Euro. Auch 2024 werde der Bregenzer Frühling „durch die Kraft des Tanzes alle berühren.“

März bis Mai; Programm und Tickets: bregenzerfrühling.com