In nur fünf Sekunden im Gehirn

Warum die Gefahren des Rauchens immer noch unterschätzt werden.
Für viele ist es Silvester beziehungsweise Neujahr. Dabei wäre doch auch der heutige Weltnichtrauchertag ein gutes Datum und eine gute Gelegenheit, den Glimmstängel ein für allemal auszudrücken. Wer einen Tag für ein Rauchstopp fixiert, hat jedenfalls schon den ersten kleinen Schritt in Richtung rauchfrei gesetzt. Das sagt Experte Wolfgang Grabher, Leiter des Clean in Bregenz (Stiftung Maria Ebene).
Doch bis es so weit kommt, ist oft ein weiter Weg. Die Angst vor dem Scheitern ist groß. „Dabei fällt es nicht immer schwer aufzuhören. Meist sind die Befürchtungen größer als die tatsächlichen Begleiterscheinungen des Rauchstopps“, weiß Grabher. Die ersten drei Tage können schwierig sein, falls Entzugserscheinungen auftreten. Diese würden in aller Regel nach einer Woche deutlich besser werden.

Rauchrituale durchbrechen
Ob Körper oder Psyche die größere Herausforderung darstellen, ist nach Aussage von Grabher unterschiedlich. Körperliche Abhängigkeit führt zu Entzugserscheinungen. Die könne man aber gut in den Griff bekommen. „Eine Herausforderung ist die hohe psychische Abhängigkeit. Es gilt, Rauchrituale wie die Zigarette zum Kaffee wegzulassen oder auch auf die Belohnungszigarette zu verzichten“, erklärt er.
Dennoch entscheiden sich immer mehr Menschen für ein rauchfreies Leben. Zum Großteil, weil gesundheitliche Belastungen auftreten. Einige möchten auch aufhören, weil sie die Abhängigkeit einschränkt und sie wieder frei sein möchten. Geld spielt eher eine untergeordnete Rolle, weiß der Experte.

Vergleichbar mit Heroin
Vielen scheint dennoch nicht bewusst zu sein, dass Nikotin eine Droge mit verheerenden gesundheitlichen Folgen ist. Nikotin ist von der abhängig machenden Wirkung vergleichbar mit Heroin und Kokain. „Nikotin ist ein stark und rasch wirkendes Gift, das durch die Inhalation innerhalb von fünf Sekunden im Gehirn ankommt und dort etwa Freude oder verringertes Hungergefühl auslöst oder eine angsthemmende Wirkung entfaltet, um nur einiges zu nennen“, erläutert Grabher.

Einige gesundheitliche Gefahren sind bekannt, wie zum Beispiel erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko, erhöhte Gefahr von Atemwegserkrankungen und allgemeines Krebsrisiko, vor allem Lungenkrebs. Andere hingegen wie Unfruchtbarkeit, Impotenz, Diabetes oder die Gefahr zu erblinden sind weniger im Bewusstsein. „Man muss sagen, dass es kaum eine Erkrankung gibt, die nicht durch das Rauchen – oder Passivrauchen – mitbedingt wird“, bringt es der Experte auf den Punkt.

Unterstützung empfohlen
Die Erfolgsquote bei einem „Spontanentschluss“ ohne Unterstützung wird in verschiedenen Studien meist mit ein bis fünf Prozent nach zwölf Monaten angegeben. Mit professioneller Unterstützung liegt die Erfolgsquote zwischen 20 und 40 Prozent.
In den vergangenen Jahren wurden durchschnittlich etwa zwölf Patient pro Jahr stationär zur Raucherentwöhnung im Krankenhaus Maria Ebene aufgenommen und circa 350 Patient ambulant behandelt und begleitet. Aufgrund des Covid-19-Virus werden momentan die ambulanten Behandlungen telefonisch angeboten. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass der Bedarf an Unterstützungsmaßnahmen mittelfristig steigen wird. Doch vorerst konnten sie keinen Anstieg der Inanspruchnahme aufgrund des Coronavirus beobachten.
Wann beginnt die Sucht?
Wo oder wWo oder wann die Sucht beginnt, kann Grabher nicht pauschal beantworten. Auch bei Gelegenheitsrauchern ist das oft nicht klar. Es komme stets darauf an, ob die Kriterien der Suchterkrankung erfüllt sind – also beispielsweise ein „starker Drang“ zu konsumieren, oder ob es Kontrollverluste oder Entzugssyndrome gibt. „Beim Rauchen kann sich eine Sucht sehr schnell entwickeln. Oft ist das Gelegenheitsrauchen eine kurze Phase im Übergang zur Sucht oder auch ein Bagatellisieren, und die Betroffenen sagen sich ‚Ich kann ja jederzeit wieder aufhören‘“, erläutert Grabher.
Maßnahmen verschärfen
Auch wenn es scheint, dass immer mehr dem Glimmstängel abschwören, Grabher würde noch schärfere Maßnahmen vonseiten der Politik begrüßen. „Wir wissen, dass Preissteigerungen, Plain-Packaging oder die Abschaffung von Zigarettenautomaten dazu führen, dass weniger Jugendliche mit dem Rauchen beginnen. Bei Rauchern steigert es die Motivation aufzuhören.“
Eine Sucht bleibt grundsätzlich ein Leben lang vorhanden.
Wolfgang Grabher, Clean – Maria Ebene
Erst gar nicht zu beginnen wäre jedenfalls die bessere Variante. Denn eine Sucht ist eine chronische Erkrankung und bleibt grundsätzlich ein Leben lang vorhanden. „Allerdings kann ein Raucher gut damit leben, wenn er das Suchtmittel nicht mehr konsumiert“, erklärt Grabher. Die Sucht rückt dann in den Hintergrund.
Angebote der ÖGK:
www.gesundheitskasse.at/rauchfrei
Rauchfrei Telefon: 0800 810 013, Montag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr
www.rauchfreiapp.at
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