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„Das ­Virus ist nicht auf Urlaub“

01.07.2020 • 08:11 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
„Das ­Virus ist nicht auf Urlaub“

Kri­sen­plan II: Lan­des­re­gie­rung will zwei­ten Lockdown ver­hin­dern.

Die Corona-Pandemie habe den Menschen schon sehr viel abverlangt in den vergangenen Wochen und Monaten. Nicht zuletzt deshalb seien die Zahlen im Land derzeit so gut. Am Dienstag hat der Landeshauptmann nun gemeinsam mit Landesrätin Martina Rüscher und dem Public-Health-Experten Armin Fidler den Corona Krisenplan II präsentiert. „Wir müssen mit aller Kraft verhindern, dass wir einen zweiten Lockdown bekommen. Trotz Sommer ist das Virus nicht auf Urlaub. Wir müssen jederzeit mit neuen Fällen rechnen“, so Wallner. Deshalb sei es wichtig, wachsam zu bleiben und nicht allzu sorglos zu werden. Zudem seien große Lockerungen im Gange.
Man habe nun von Seiten des Landes einen Acht-Punkte-Plan ausgearbeitet, damit man vorbereitet ist und jederzeit gezielt reagieren könne. Mit Anfang August soll es einen Corona-Warndienst geben, der mit dem Lawinen-Warndienst vergleichbar ist: „Wir suchen gerade ein Modell, wo man sehr einfach erkennen kann, wie die aktuelle Lage ist. Es wird dabei verschiedene Warnstufen geben und diese werden unterschiedliche Maßnahmen mit sich bringen“, so Landesrätin Rüscher. Das alles werde natürlich in enger Abstimmung mit dem Bund passieren. Dahinter werden genaue Abläufe und Checklisten entwickelt. „Sollte eine zweite Welle kommen, wird alles geplant passieren und wir werden vorbereitet sein“, so Wallner weiter.
Zudem sei es immens wichtig, die Kontaktpersonenerhebung zu optimieren. Auch hier will man an die Eigenverantwortung jedes einzelnen appellieren. Da müsse man schnell und effizient sein.

Testkapazitäten

Ein dritter Punkt ist, dass die Kapazitäten für Tests ständig gesteigert werden. „Auch das ist ein Schwerpunkt des Krisenplan II. Derzeit liegen wir bei 400 Tests pro Tag. Das kann noch gesteigert werden, wenn nötig“, so Rüscher.
Der vierte Punkt befasst sich mit der umfassenden Frage der Beschaffung von Schutzmasken und -kleidung. „Wir müssen besser vorbereitet sein. Wir waren da zu sehr vom Weltmarkt abhängig. Und es gab Engpässe und Lieferschwierigkeiten“, so der Landeshauptmann. In einem zweiten Krisenfall will man vermehrt auf regionale Beschaffungsstrukturen zurückgreifen können. „Zudem ist es ja so, dass viele Produkte auch ein Ablaufdatum haben. Es genügt also nicht, einmal die Lager aufzufüllen und dann ist alles gut“, führt Rüscher weiter aus.
Ein weiterer wichtiger Punkt: „Wir brauchen eine Test-Strategie gemeinsam mit der Wirtschaft. Das konnten wir jetzt auch schon feststellen. Unternehmen testen selber“, so Wallner. Es sei wichtig, mit der Wirtschaft in dieser Frage zu kooperieren, um im Fall einer zweiten Welle schnell handeln zu können.
Als sechsten Punkt will man einen Leitfaden für Veranstaltungen erarbeiten und herausgeben. „Wir werden das Ganze genau im Auge behalten, wenn jetzt über den Sommer die Veranstaltungen wieder zunehmen. Da werden wir mit Checklis­ten und Schutzkonzepten auf mögliche Gefahren hinweisen und gegenwirken“, so der Landeshauptmann. Gerade große Veranstaltungen, wie das Poolbar-Festival oder die Messe in Dornbirn stehen da im Fokus. „Wir müssen aufpassen im Sommer. Ich kann das nur immer wieder betonen. Es geht nicht darum, Panik zu verbreiten. Sondern vorsichtig zu bleiben. Und das, trotz der positiven Zahlen“, beschwichtigt Wallner.
„Wir haben jetzt in den letzten Monaten gesehen, dass es vor allem dort gut funktioniert hat, wo es auch klares politisches Leadership gibt. Denn wenn man der Epidemie freien Lauf lässt, funktioniert es nicht. Schauen Sie sich die USA an. Die haben mit über zwei Millionen Infizierten und über 125.000 Toten Zahlen, die einfach zu denken geben“, so der Public-Health-Experte Armin Fidler. „Generell haben wir die Problematik, dass wir möglicherweise Opfer unseres eigenen Erfolges werden. Weil die Zahlen so gut sind. Und das könnte zum Bumerang werden. Wir dürfen jetzt nicht zu fahrlässig und unvorsichtig sein“, so Fidler.

Nicht alles gegessen.

Das Virus sei immer noch unter uns. Das dürfe man nicht vergessen. „Drei Tage vor dem Lockdown, am 13. März, hatten wir 500 Infizierte. Jetzt haben wir 600. Natürlich kann man diese Zahlen nicht eins zu eins vergleichen. Und wir haben auch viel dazugelernt“, so Fildler. „Aber es ist nicht so, dass jetzt alles gegessen ist.“

Professionelle Krisenstäbe.

Ein weiterer Punkt befasst sich mit der Professionalisierung der Krisenstäbe. Auch hier habe man dazugelernt. „Wir werden die Pläne für die Krisenstäbe überarbeiten und professionalisieren“, betont der Landeshauptmann. Im neuerlichen Notfall werde zukünftig jeder genau wissen, was zu tun ist.
Abschließend brauche es eine klare Kommunikationsstrategie. „Die Bevölkerung hat ein Recht zu wissen, was gerade passiert. Zudem sollen mehr Möglichkeiten geschaffen werden, dass die Menschen ihre Ängste und Sorgen irgendwo deponieren können“, so die Landesrätin. Dabei stehe vor allem Transparenz an oberster Stelle. Das Dashboard mit dem neuartigen Warnsystem solle genau da für Klarheit sorgen.

Lessons learned

Generell habe man die richtigen Lehren gezogen und so gibt es in vielen Bereichen ein Lernprozess. Diese „lessons learned“ werden derzeit aus allen Ressorts und gemeinsam mit allen Systempartnern zusammengetragen und in einem „Krisenhandbuch“ zusammengefasst, so Wallner weiter: „Wir beobachten täglich, welche Auswirkungen die Lockerungen haben und bereiten uns sehr intensiv auf alle möglichen Szenarien vor.“
Gesundheitsexperte Armin Fidler appelliert an die Bevölkerung, sich im kommenden Herbst gegen Grippe impfen zu lassen: „Das wird schwierig sein, weil wir bei jedem Grippe-Fall davon ausgehen müssen, dass das ein Covid-Fall ist, bis das Gegenteil bewiesen ist. Da wird sicherlich noch einiges auf uns zukommen.“