Rost und Frost: Grillen geht immer

Grillen ist keine Frage des Wetters sondern, eine Lebenseinstellung.
Nein, es ist nicht nur die Temperatur. Beim Wintergrillen ist alles anders. Allein die Stimmung ist eine andere. Die Zeit vergeht wie in Slow-Motion. Wer in kalten Wintermonaten draußen am eingeheizten Grill steht, den umgibt eine fast gespenstische Stimmung. Die Nachbarn mähen keinen Rasen, es ist weniger Verkehr, keine Vögel pfeifen. Ruhe.
Wintergrill-Pionier Tom Heinzle hat die Vorzüge des „antizyklischen“ Grillens schon lange erkannt. Vor zehn Jahren erschien sein Erstlingswerk „Wintergrillen“. Momentan arbeitet der Vorarlberger an einer Fortsetzung. Während er 2010 als Vorreiter einen Trend auslöste, gibt es immer mehr Anhänger, bei denen der Grill das ganze Jahr nicht auskühlt.

Tom Heinzle
Lebensmittel und Zubereitung
Ein wesentlicher Unterschied zum Grillen im Hochsommer liegt in der Auswahl der Lebensmittel und der Art der Zubereitung. „Bloß nicht den Fehler machen und im Winter irgendwelche Sommerrezepte grillen, das ist garantiert zum Scheitern verurteilt“, weiß der Grillprofi. Wintermonate bieten eine Vielfalt an „anderen“ Gemüse- oder auch Fleischsorten. Die Natur gibt es vor: Kohl, Kartoffeln, Rüben, Beete und Wildfleisch. Es ist eine deftigere und schwerere Küche. Schnelles, Kurzgebratenes ist im Winter nicht angesagt. Vielmehr geht es ums BBQ – sprich das langsame Zubereiten der Lebensmittel. Statt Schweinerippchen oder Steaks sollten jetzt Rinder-Rippen oder Roastbeef gemächlich auf dem Rost garen. Auch in ganze Tiere wie Huhn oder Truthahn sollte jetzt Zeit investiert werden.

Holzkohle, Gas, Keramik
Wer im Winter grillen möchte, braucht auf jeden Fall einen Grill mit Deckel. „Ein Grill ohne Deckel ist sowieso kein Grill, sondern eine Feuerstelle“, scherzt Heinzle. Im Winter biete sich ein Holzkohlegrill an, Keramik ist das Optimum. Es speichert die Wärme am längsten. Gasgrills hingegen, sind meist aus dünnem Blech gefertigt. „Wenn es richtig kalt wird, kommen diese Gerätschaften nicht auf Temperatur“, weiß der Experte. Außerdem könnte die Gasleitung einfrieren. Das liegt daran, dass bei niederen Temperaturen der Gasverbrauch höher ist, und je mehr Gas durch die Leitungen ausgestoßen wird, desto schneller kann diese einfrieren.

Auch der Holkohleverbrauch ist im Winter höher, damit die Temperatur hoch bleibt. Nebenbei: „Holzkohle sollte keinesfalls draußen sondern in einem trockenen Raum gelagert werden“, rät Heinzle. Vor einigen Jahren war es noch problematisch, im Winter an Grillkohle zu kommen. Mittlerweile haben aber Super- und Baumärkte auf den Trend reagiert und bieten auch in den Wintermonaten den Brennstoff an. Und der Fachhändler hat immer etwas da.

Ab in die warme Stube
Der Grill steht im Winter optimalerweies in der Nähe des Raumes, wo später gegessen wird. Das Grillgut sollte, wenn es fertig ist, möglichst schnell in die warme Stube, um es dort aufzuschneiden, anzurichten und heiß zu kredenzen. Damit die Speisen warm bleiben, hat Heinzle ein paar Tricks. Teller vorwärmen ist natürlich der Klassiker. Aber auch ein heißes Gemüsebett kann dafür sorgen, dass ein darauf drapiertes Stück Fleisch länger die Temperatur hält.
Und noch etwas. Selbst wenn es eine romantische Vorstellung ist: Im Winter macht es überhaupt keinen Sinn, draußen zu essen. „Länger als eine halbe Stunde hält das eh keiner aus“, weiß der Fachmann. Die Ausnahme ist Fingerfood zum Glühwein-Aperitif.

Heinzle rät sowieso zu Funktionskleidung
Er selbst trägt Thermohose und -jacke, viele Schichten und Schuhe für warme Füße bis minus 20 Grad. Zwar wärmt der Grill von vorne, von hinten wird es aber rasch ziemlich kühl.
„Eigentlich habe ich immer schon im Winter gegrillt. Zugegeben gab es den einen oder anderen in meiner Bekanntschaft, der meinte, ich habe einen ziemlichen Knall.“
Tom Heinzle
Welche Grilljahreszeit Tom Heinzle die liebste ist, kann er nicht beantworten. „Wenn es im Sommer so richtig heiß ist, sehne ich mich oft nach dem Winter und einer Grillsession im Schnee in den Bergen. Aber es ist auch umgekehrt“, sagt er. Für ihn hat jede Jahreszeit ihre Reize. Das Schöne am Wintergrillen sei, dass sich die Leute mit Lebensmitteln beschäftigen. „Sie tun etwas für sich, das gefällt mir.“
Grill-Seminare (derzeit online) werden bei dem Vorarlberger mittlerweile im Jänner oder Februar ebenso stark gebucht wie im Juli oder August. „Viele Freunde von Lebensmitteln sind davon überzeugt, ihr Essen auf dem Feuer zuzubereiten, und das wollen sie auch im Winter nicht missen“, sagt Heinzle. Einmal von Raucharomen angefixt, lässt eben auch der Winter keine kulinarische Grill-Pause zu.
Rezept Gans Roast-’n’-Roll-Style
Zutaten:
Gans ca. 3 kg schwer, 2 saftige Äpfel, 8 Sternanis, 4 EL Currypulver, 4 EL Pimenton (geräucherter Paprika), 1 TL Muskatnuss gerieben, 1 TL Knoblauchgranulat, 1 EL Salz, 1 EL Paprikapulver edelsüß, 1 TL Rosmarinpulver, 200 ml Apfelsaft, 100 ml Appenzeller Alpenbitter, 4 EL Honig, 1 Sprühflasche, 3 EL Rapsöl, 1 flaches feuerfestes Geschirr, 200 ml Weisswein, Wasser, 3–4 Zimtstangen
Zubereitung:
Für die Gewürzmischung das Currypulver, Pimenton, Muskatnuss, Knoblauchgranulat, Salz, Paprikapulver und das Rosmarinpulver miteinander vermischen. Die Äpfel in vier Scheiben schneiden und mit dem Sternanis belegen. Die Gans entlang des Rückens mit einer Geflügelschere durchschneiden, aufklappen und flachdrücken. Nun die Gans mit dem Öl einreiben und anschließend mit der Gewürzmischung würzen und einreiben.
Den Apfelsaft und den Appenzeller Alpenbitter in einem Topf erhitzen und den Honig darin auflösen. Auskühlen lassen und in die Sprühflasche füllen.
Das feuerfeste Geschirr mit dem Wein und dem Wasser befüllen. Die Zimtstangen in die Flüssigkeit legen und unter dem Grillrost im Indirekten platzieren. Nun den Grill auf 180 bis 200 Grad Hitze bringen und die Gans über die feuerfeste Schale legen.
Nun bei indirekter Hitze circa 3,5 Stunden bei geschlossenem Deckel grillen. Ab der zweiten Stunde jede 15 Minuten mit der Mischung in der Sprühflasche besprühen. Die Gans ist fertig, wenn Sie im Bereich der Keule eine Kerntemperatur von 80 Grad erreicht hat.
Rezept aus dem Buch „Grillen das ganze Jahr“ von Tom Heinzle, erschienen im DK Verlag.
