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Sind Kontrollen sinnvoll zu Nachbarländern?

06.03.2021 • 19:43 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
An den Grenzen werden die Pendler kontrolliert. <span class="copyright">Hartinger</span>
An den Grenzen werden die Pendler kontrolliert. Hartinger

Pro und Kontra – Aktuelle Frage aus zwei Blickwinkeln beantwortet.

Am 15. März gibt es in Vorarlberg weitere Lockerungsschritte bei den Corona-Maßnahmen. Für Vorarlberger Pendler bleibt jedoch bei einem Grenzübertritt die Testpflicht, und die Ergebnisse werden auch weiterhin kontrolliert.

Pro: Herbert Burtscher, Bezirkshauptmann der BH Feldkirch

Die Einreisebeschränkungen helfen uns unabhängig von der geografischen Risikolage, Infektionen früher zu erkennen und die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.

Im Gegensatz zu Tschechien oder zur Slowakei hat der Innenminister in Bezug auf unsere Nachbarländer Schweiz, Liechtenstein und Deutschland keine Grenzkontrollen eingeführt. Die aktuellen Einreisebeschränkungen wurden vom Gesundheitsminister erlassen. Die Polizei und die Gesundheitsbehörden kontrollieren daher die Einreise aus unseren angrenzenden Nachbarstaaten nicht permanent und systematisch, sondern nur stichprobenartig und risikobasiert.
Der grenzfreie Schengenraum in Europa ist ohne Zweifel eine großartige Errungenschaft. Nach dem Schengener Grenzkodex gilt der Grundsatz der Personenfreizügigkeit. Binnengrenzkontrollen sind daher die Ausnahme. Leider haben sich die EU-Länder bislang nicht auf gemeinsame Corona-Standards bei festen Inzidenzen geeinigt, obwohl der Rat am 1. Februar eine koordinierte Vorgehensweise bei der Beschränkung der Freizügigkeit aufgrund der Pandemie empfohlen hat. Wenn die Maßnahmen von benachbarten Staaten stark voneinander abweichen, können daraus Reiseanreize entstehen, welche die Bemühungen zur Eindämmung der Pandemie ad absurdum führen können. Neben der unterschiedlichen epidemiologischen Lage können daher auch unterschiedlich strenge Maßnahmen eine grenzüberschreitende Verbreitung der Krankheit zur Folge haben. Um dies zu vermeiden, sind zeitlich begrenzte Einschränkungen für den Grenzverkehr eingeführt worden.

<span class="copyright">Serra</span>
Serra

Mit 10. Februar wurden die Einreisebeschränkungen verschärft und die Kontrollen zur Einhaltung verstärkt. Uns ist natürlich bewusst, dass die Test- bzw. Registrierungspflicht für Berufspendler und für Pendler zu familiären Zwecken oft als starke Einschränkung gesehen wird. Die Einführung der Testpflicht für Pendler hat aber unter anderem dazu beigetragen, dass die durchgeführten Testungen massiv angestiegen sind. Insbesondere werden vermehrt asymptomatische Fälle erkannt. So reduziert sich durch die Testverpflichtungen die Dunkelziffer infizierter Personen. Die Einreisebeschränkungen helfen uns also auch unabhängig von der geografischen Risikolage, Infektionen früher zu erkennen und die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.
Zudem werden durch den starken Anstieg der Testungen auch regelmäßige Analysen von Gensequenzen durchgeführt, um die Verbreitung der Mutationen zu überblicken. Neben einem effektiven Contact Tracing sind die Testungen einer der Gründe, weshalb Vorarlberg und die angrenzenden Regionen aktuell vergleichsweise geringe Inzidenzwerte aufweisen. Je mehr Leute sich daran beteiligen, desto höher sind unsere Chancen auf Lockerungen infolge einer Verbesserung der Lage.

Kontra: Herbert Fechtig, Obmann des Vorarlberger Grenzgänger-verbands

Die Vorarlberger Grenzgänger wurden durch die Verordnung in Geiselhaft genommen. Es entbehrt jeglicher Grundlage, zumal die Inzidenzzahlen in den Nachbarländern niedriger sind als in Vorarlberg.

Es stellt sich für uns die Frage, warum sich Grenzgängerinnen und Grenzgänger, die nach Deutschland, Schweiz und Liechtenstein lediglich ein paar Kilometer zur Arbeit pendeln, testen lassen müssen. Gleichzeitig müssen Pendler, die zum Beispiel von Feldkirch nach Dornbirn oder Bregenz zur Arbeit fahren, keinen negativen Test vorweisen. Das Virus kennt keine staatlichen Grenzen. Zumal die Inzidenzzahlen in den angrenzenden Regionen nicht höher oder um einiges geringer sind als in Vorarlberg. Liechtenstein hat zum Beispiel derzeit eine Inzidenzzahl von zwei bis vier.
In den letzten vier Wochen mussten sich circa 17.000 Grenzgänger testen lassen, erfreulicherweise hatte dies keinen Einfluss auf die Inzidenzzahlen in Vorarlberg. Wir haben den Eindruck, dass die Vorarlberger Grenzgänger durch diese Verordnung in Geiselhaft genommen wurden.
Der eigentlich Grund der österreichweiten Verordnung waren die hohen Inzidenzzahlen in Tschechien und der Slowakei. Aufgrund des EU-Rechts sind nun auch die Vorarlberger Grenzgänger zum Handkuss gekommen.
Es wäre ratsam, sich an Deutschland beziehungsweise dem Freistaat Bayern zu orientieren. Die Testpflicht für Pendler aus Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg wurde eingestellt, für Tschechien und Tirol aber beibehalten. Warum kann sich die österreichische Bundesregierung nicht zu einem ähnlichen Schritt entschließen?

<span class="copyright">Privat/Fechtig</span>
Privat/Fechtig

Der Vorarlberger Grenzgängerverband (VGV) hatte angedacht, gegen die Testpflicht eine Verfassungsklage einzubringen. Allerdings wurde dann davon Abstand genommen, da ein Urteilsspruch Monate dauern kann. Dies hätte nur Kosten verursacht, und bis zum Urteilsspruch wäre die Verordnung wahrscheinlich ohnehin schon wieder Geschichte.
Ebenfalls schleierhaft ist, warum sich Covid-19-Genesene trotz überstandener Erkrankung und Immunisierung testen lassen müssen.
Ein Kommentar zum „Einreiseformular“ (Pre-Travel-Clearance) er­übrigt sich, denn dies ist nur als zusätzliche Schikane zu bezeichnen. Warum die österreichische Bundesregierung daran festhält, ist ein Rätsel. Zusätzlich fehlt jegliche Aufklärung darüber, für welche Auswertungen die Daten herangezogen werden.
Ungelöst ist immer noch die Entschädigung für privat versicherte Grenzgänger, welche anfangs aufgrund zu geringer Testkapazitäten in Vorarlbergs Teststraßen die Tests bei Apotheken und Ärzten selbst bezahlen mussten. Hier warten wir immer noch auf die Vorschläge der Vorarlberger Landesregierung. Da die getroffenen Maßnahmen in keiner Weise gerechtfertigt sind, fordert der Vorarlberger Grenzgängerverband die sofortige Aufhebung der Maßnahmen.