Ein Wiener wurde zum Vorarlberger

Der Archchitek Andreas Postner hat Vorarlberg schätzen und lieben gelernt.
Wie er sich selbst beschreiben würde? Andreas Postner stockt kurz und denkt nach: „Schwierig. Ich glaube, dass ich sehr sensibel bin und kreativ. Auch analytisch und offen für neue Ideen. Gerechtigkeit ist mir unheimlich wichtig. Aber auch die Nachhaltigkeitsfrage beschäftigt mich.“ Das alles deckt sich mit dem, was andere über Postner sagen. Er gilt als kritischer und wacher Geist, der sich sehr für den Umweltschutz und Menschenrechte einsetzt.
Zur Person:
Andreas Postner ist am 13.2.1956 in Wien zur Welt gekommen. Dort hat er auch Architektur studiert. Seit den frühen 80er-Jahren lebt und arbeitet er in Rankweil. Er hat drei erwachsene Kinder, unterrichtet an der HTL und betreibt ein Architektur-Büro.

Die Pandemie ist für Postner eine Folge der Grenzüberschreitung des Menschen gegenüber der Natur. „Ich befürchte, wenn wir so weitermachen, dann ist diese Pandemie nur der Beginn von etwas, das wir im Ausmaß noch gar nicht begreifen können.“ Zum Umwelt- und Naturschutz ist Postner über seine Mutter gekommen. Sie war Biologieprofessorin. „Während meiner Studienzeit habe ich aktiv gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf gekämpft und war im Widerstand in der Hainburger Au.“ Dort hat das politische Naheverhältnis zu den Grünen seine Wurzeln. Postner war jahrelang Sprecher der Vorarlberger Grünen. 1997 hat er aber alle Funktionen zurückgelegt. Und seit damals ist er vorrangig im NGO-Bereich tätig. Neben dem Umweltschutz sind Migration und Integration seine Herzensthemen. „Das begann auf den Straßen Wiens und setzte sich fort während des Jugoslawienkriegs in den 90er-Jahren.“
Türkiser Virus
Unter anderem ist Postner in der Humanity Memorial Group aktiv. „Egal ob die Menschen aus Syrien sind, aus dem Irak oder aus Afghanistan. Wir kennen deren Fluchtgeschichten sehr genau. Und wissen, was sie mitmachen mussten.“ Der Krieg und die Flucht haben viele traumatisiert. „Die Politik hat da ihre Aufgabe nicht erfüllt.“ Irgendwann ist das gekippt und wurde politisch instrumentalisiert, so Postner. „Wenn man so will, ist das ein türkiser Virus, der sich stark an rechtspopulistischer Politik orientiert und vorgibt, Lösungen zu haben.“ Die veränderte Asylgesetzgebung bezeichnet er als dramatisch. Wahllose Abschiebungen, die niemand mehr versteht, seien die Folge. So etwas emotionalisiert den sonst besonnenen Architekten. „Das ist ein Fehler im System und politisch gesteuert.“ Eine alte und durchaus staatstragende Partei ist laut seiner Meinung okkupiert worden. Er sehe aber mit Wohlwollen, dass ÖVP-Granden wie Franz Fischler oder Christian Konrad aufstehen und gegen diesen Richtungswechsel protestieren.
Lehren
„Ich habe immer sehr gern unterrichtet. Weil mir das ein immenses Anliegen ist. Grundsätzliche Dinge der Gestaltung und Ästhetik weiterzugeben. Architektur ist niemals losgelöst von der Gesellschaft. Sondern ein Spiegel der Gesellschaft.“ Und deshalb war es dem Architekten immer wichtig, dass seine Schüler auch aus Vorarlberg rauskommen und über den Tellerrand schauen.
Go west!
Der Wiener ist ein bekennender Vorarlberger geworden: „Ich habe gestaunt, wie sachlich und positiv hier Dinge angegangen werden. Ich möchte fast sagen pragmatisch.“ Diese zwei Perspektiven waren für ihn immer lebensbereichernd. „Meine Kinder sind alle hier zur Welt gekommen und in Rankweil aufgewachsen. Aber sie haben auch viel Wien in sich.“ Die Dialektik zwischen einer alternden Metropole mit neuen Farbtupfern und dem Landleben ist für Postner inspirierend und spannend zugleich. „Es ändert die Sichtweisen und Perspektiven. Und das bereichert mein Leben ungemein.“