Match der Gutachter in Agrar-Causa

Auch die Agrargemeinschaft Altenstadt hat einen Universitätsprofessor mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.
Wie die NEUE bereits mehrfach berichtete, hat die Stadt Feldkirch vor mehr als drei Jahren ein Privatgutachten in Auftrag gegeben, das der Frage nachgeht, welche rechtlichen Ansprüche die Kommune auf die im Jahr 1960 an die Agrargemeinschaft Altenstadt übertragenen Grundstücke hat. Das Gutachten wird aufgrund eines Beschlusses im Stadtrat nach wie vor streng vertraulich behandelt, wesentliche Inhalte sind jedoch bereits durchgesickert. Der emeritierte Universitätsprofessor und ehemalige Verfassungsrichter Siegbert Morscher kommt in seiner Expertise zu dem Schluss, dass die Vermögensauseinandersetzung im Jahr 1960 rechtswidrig erfolgte und damit nichtig ist. Soll heißen: Die Stadt hat Anspruch auf die einst übertragenen Grundstücke, und die Erträge aus dem Verkauf von Liegenschaften, der Verpachtung von Gewerbeflächen oder dem Abbau von Kies gehören in die Stadtkassa und nicht in den Säckel der Agrargemeinschaft.
Gutachten
Wie die NEUE nun auf Anfrage in Erfahrung bringen konnte, hat auch die Agrargemeinschaft Altenstadt einen Universitätsprofessor mit der Erstellung eines Privatgutachtens beauftragt. „Es liegt uns als Entwurf vor und kommt zu einem völlig anderen Ergebnis“, berichtet Robert Ess, Obmann der Agrargemeinschaft Altenstadt. Genauere Angaben wollte er dazu nicht machen. Nur so viel: Der Gutachter der Stadt Feldkirch gehe von einem falschen Sachverhalt aus. „Die Agrargemeinschaft Altgemeinde Altenstadt ist nicht aus Gemeindegut hervorgegangen, weil die betreffenden Liegenschaften bei der Vereinigung zu Groß-Feldkirch im Jahr 1925 als Sondervermögen behandelt wurden und damit ausdrücklich nicht mit der Stadt vereinigt wurden. Sie waren also nie im Eigentum der Stadt“, skizziert Ess.

Agrargemeinschaft will Statuten Ändern
Die Agrargemeinschaft Altenstadt ist die flächenmäßig zweitgrößte Agrargemeinschaft im Land. Seit ihrer Gründung im Jahr 1960 erwarb sie immer mehr Flächen. Derzeit sind es rund 1759 Hektar. Gleichzeitig wuchs die Zahl der Mitglieder seit der Gründung von 160 auf rund 1152 (Ende 2021) nur geringfügig an. Die Mitgliedschaft wird quasi weitervererbt. Weibliche Nachkommen werden allerdings erst seit 1996 berücksichtigt. Künftig sollen auch unverheiratete Kinder von Mitgliedern, sofern sie in einem eigenen Haushalt leben, in die Agrar aufgenommen werden. Zudem wird es nur noch ganze Holzlose geben (Witwen bekommen derzeit nur ein halbes). Die geplante Satzungsänderung wird derzeit von der Aufsichtsbehörde geprüft.
Grundwasserversorgung als Auslöser
Die Diskussionen um die Rechtmäßigkeit der seinerzeitigen Vermögensauseinandersetzung zwischen der Stadt Feldkirch und der Agrargemeinschaft Altenstadt flammten im Jahr 2019 im Zusammenhang mit einem von der Stadt geplanten Grundwasserbrunnen auf. Da das im Nofler Ortsteil Matschels befindliche Grundstück der Agrargemeinschaft Altenstadt gehört, wurde zum einen ein Grundtausch in der Größenordnung von einem Hektar ausverhandelt, zum anderen bekommt die Agrar 5,3 Millionen Euro als Entschädigung für Einschränkungen der Bewirtschaftung auf einer Fläche von 50 Hektar, da um den Brunnen entsprechende Schutzzonen ausgewiesen werden müssen. All das wurde 2019 mehrheitlich von der Stadtvertretung beschlossen.

Noch kein Geld geflossen
Argar-Obmann Ess weist allerdings darauf hin, dass entgegen anders lautenden Meldungen noch kein Geld geflossen sei. Zudem möchte er klarstellen, dass die Agrargemeinschaft kein Wasser verkaufe, sondern lediglich den Grund zur Verfügung stelle. Es sei auch vertraglich festgehalten worden, dass das Wasser nicht kommerziell genutzt werden dürfe und allen Feldkircher Bürgern zur Verfügung gestellt werden müsse.
Disput
Wie aus der Niederschrift der Vollversammlung der Agrargemeinschaft Altenstadt vom April 2022 hervorgeht, übergab Bürgermeister Wolfgang Matt (ÖVP) das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten an die Agrarier und versprach diesen, dass in der Sache nichts unternommen werde, „solange die politischen Verhältnisse weiterhin in der Form bestehen“. Die Aussage sorgte für großen Unmut in der Stadtpolitik. Der grüne Stadtrat Clemens Rauch meinte etwa, Matt stelle damit die bisherigen Gespräche der Rathausfraktionen infrage, die ohne Beteiligung des Bürgermeisters in einer konstruktiven Stimmung verlaufen seien. Mit Stadtrat Benedikt König (ÖVP) sei vereinbart worden, die Ergebnisse des Gutachtens ernst zu nehmen, sagte Rauch.
Man darf also gespannt sein, wie es in der Causa weitergeht. Bislang habe es noch keine weiteren Gespräche mit der Stadt gegeben, sagt Agrar-Obmann Ess.

Landtagsabgeordeneter fordert Veröffentlichung
Dass sich im Feldkircher Agrar-Streit nun auch Neos-Landtagsabgeordneter Johannes Gasser mit einer Landtagsanfrage eingeklinkt hat, wird der ÖVP in Feldkirch wenig schmecken. Das Ganze sei nämlich ausschließlich eine Feldkircher Angelegenheit, meinte der für Wirtschaft und Finanzen zuständige Stadtrat Benedikt König bereits in einem NEUE-Bericht im März. „Weder wollen wir, dass auf Basis eines Entwurfs eine Diskussion über aus dem Zusammenhang gerissene Zitate entsteht, noch brauchen wir zu diesem Zeitpunkt Zurufe aus irgendwelchen Lobby-Gruppen, die möglicherweise zu bestimmten Aspekten beim Land intervenieren“, sagte König damals.
In seiner Anfrage an den zuständigen Landesrat Christian Gantner (ÖVP) wollte Gasser unter anderem wissen, welche Konsequenzen aus allfällig mangelhaft durchgeführten Agrarverfahren und Hauptteilungen zu ziehen wären. Mittlerweile wurde die Anfrage beantwortet. Darin heißt es unter anderem, dass sich bislang keine neuen Erkenntnisse zum Nachweis derartiger Mängel ergeben hätten. Gantner hält allerdings auch fest, dass allfällige Mängel von der betroffenen Gemeinde oder der Agrargemeinschaft aufgezeigt und die Einleitung eines Feststellungsverfahrens bei der Behörde beantragt werden könnten. Der pinke Landtagsabgeordnete Gasser fordert Bürgermeister Matt nun dazu auf, das Gutachten öffentlich zugänglich zu machen und allenfalls auch ein Verfahren in die Wege zu leiten. „Schließlich ist das eine Sache für das ganze Land und auch für andere Gemeinden relevant, in denen solche Vermögensauseinandersetzungen stattgefunden haben“, sagt Gasser.