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Wie es im Feldkircher Agrar-Streit weitergeht

15.04.2023 • 22:30 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Die Stadtvertretung könnte frühestens im Juli über die Einleitung eines Feststellungsverfahrens abstimmen. <span class="copyright">Stadt FK</span>
Die Stadtvertretung könnte frühestens im Juli über die Einleitung eines Feststellungsverfahrens abstimmen. Stadt FK

Nach vielen Monaten des Zögerns und Zauderns werden nun Nägel mit Köpfen gemacht.


Wie die NEUE am Sonntag in Erfahrung bringen konnte, soll nun endgültig rechtlich geklärt werden, welche Ansprüche die Stadt an den seinerzeit an die Agrargemeinschaft Altenstadt übertragenen Grundstücken hat.

Im Kern wird es um die Frage gehen, ob im 1960 durchgeführten Regulierungsverfahren tatsächlich eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung (Hauptteilung) zwischen der Stadt und der Agrargemeinschaft erfolgte. Ein privates Gutachten, das die Stadt vor mehreren Jahren in Auftrag gegeben hatte, verneint dies. Davon betroffen sind auch jene Grundstücke, die im Eigentum der Agrargemeinschaften Tisis und Tosters stehen.

Substanzerlöse

Sollte die Agrarbehörde ebenfalls zu dieser Feststellung gelangen und diese – im Falle eines Rechtsmittels – vom Höchstgericht bestätigt werden, würden der Stadt Feldkirch und somit der Allgemeinheit sämtliche Substanzerlöse zustehen. Das sind jene Einnahmen, die über die Wald- und Weidenutzung hinausgehen, etwa aus Kiesgruben und Jagdverpachtungen. Die agrarische Sondernutzung der Liegenschaften und die Holzlose würden davon wohl unberührt bleiben.

ÖVP-Finanzstadtrat Benedikt König.<span class="copyright"> Privat</span>
ÖVP-Finanzstadtrat Benedikt König. Privat

Wie geht es nun weiter?

Die Arbeitsgruppe habe vereinbart, dass ein Anwalt nun entsprechende Schriftsätze vorbereiten soll, sagt Finanzstadtrat Benedikt König (ÖVP) auf Anfrage. „Sobald diese und die konkreten Behördenanträge dazu vorliegen, trifft sich die Gruppe wieder zur Besprechung, das wird in der zweiten Maihälfte sein.“ Formale Schritte zur Einleitung des Verfahrens seien deshalb realistischerweise nicht vor der Stadtvertretung im Juli zu erwarten.

Einigkeit

Den von der Opposition vielfach geäußerten Vorwurf, in der Sache auf der Bremse gestanden zu sein, weist König zurück: „Die ÖVP hat sich immer zu einer seriösen und rechtsstaatlich basierten Herangehensweise bekannt.“ Es bestehe Einigkeit darüber, dass die von allen gewünschte Rechtssicherheit nur durch eine Klärung in einem Behördenverfahren herbeigeführt werden könne. Er gibt zu bedenken, dass die Rechtsunsicherheit überhaupt erst durch die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes in den Fällen der Tiroler Gemeinden Mieders und Häselgehr entstanden sei. „Davor war man in Feldkirch allseits der Auffassung, dass die Verhältnisse ein für alle mal auseinandergesetzt sind“, so König.

Das sagt die Opposition

SPÖ-Stadtparteivorsitzende Brigitte Baschny. <span class="copyright">SPÖ</span>
SPÖ-Stadtparteivorsitzende Brigitte Baschny. SPÖ

Die Oppositionsfraktionen, die die Einleitung eines Feststellungsverfahrens bislang erfolglos beantragten, zeigen sich erfreut darüber, dass es in der Bürgermeisterpartei „zu einem gewissen Umdenken“ gekommen ist. SPÖ-Stadtparteivorsitzende Brigitte Baschny – sie regte 2019 erstmals die Einholung eines Rechtsgutachtens zur Agrar-Thematik an – zollt den „ursprünglich wenig begeisterten Parteien“ Respekt.

Stadtrat.Clemens Rauch von den Grünen. <span class="copyright">Grüne </span>
Stadtrat.Clemens Rauch von den Grünen. Grüne

Stadtrat Clemens Rauch von den Grünen spricht sich weiterhin vehement für die Klärung der Besitzverhältnisse aus. „Ein Feststellungsverfahren ist für uns das richtige Instrument, um das zu prüfen.“

Neos-Stadträtin Eva-Maria Hämmerle. <span class="copyright">hartinger</span>
Neos-Stadträtin Eva-Maria Hämmerle. hartinger

Als „einzigen Weg zur Rechtssicherheit“ bezeichnet Neos-Stadträtin Eva-Maria Hämmerle das angestrebte Behördenverfahren. „Als Juristin habe ich Respekt vor dem komplexen Verfahren, als Politikerin kann ich es nur begrüßen.“ Hämmerle betont, dass die Sitzungen in der Arbeitsgruppe „parteiübergreifend sehr konstruktiv waren.“

Stadtrat Thomas Spalt, Stadtparteiobmann der FPÖ. <span class="copyright">FPÖ</span>
Stadtrat Thomas Spalt, Stadtparteiobmann der FPÖ. FPÖ

Keine eindeutige Haltung ist beim Koalitionspartner FPÖ zu erkennen. Stadtparteiobmann Thomas Spalt hält es jedenfalls für wichtig, „weiterhin eine gute und konstruktive Gesprächsbasis mit den Agrargemeinschaften zu haben“. Schlussendlich, so Spalt weiter, werde es darum gehen, Rechtssicherheit im Rahmen eines Feststellungsverfahren für alle Beteiligten herzustellen.

Reaktion der Agrargemeinschaft

Mit der „guten Gesprächsbasis“ scheint es allerdings nicht mehr weit her zu sein. Wie berichtet, fasst die Agrargemeinschaft Altenstadt die Einleitung eines Verfahrens als „unfreundlichen Akt“ auf. Obmann Robert Ess weist auf Anfrage einmal mehr darauf hin, dass die Agrargemeinschaft Altenstadt seit 1960 im Grundbuch steht. „Wir sind rechtmäßiger Eigentümer der Flächen. Es gibt rechtsgültige Bescheide.“ Die Stadt müsse dies endlich anerkennen, sagt Ess. Ansonsten könne sich doch kein Haus- und Grundbesitzer mehr sicher sein. „Eigentum muss Eigentum bleiben.“

Robert Ess, Obmann der Agrargemeinschaft Altgemeinde Altenstadt.
Robert Ess, Obmann der Agrargemeinschaft Altgemeinde Altenstadt.

Die ebenfalls betroffenen Agrargemeinschaften Tisis und Tosters nehmen laut Stadtrat König einen „weitaus neutraleren Standpunkt“ ein. Die Vorstände hätten bekundet, an einer Klärung der Verhältnisse mitwirken zu wollen.
Bis die Sache endgültig geklärt ist, werden wohl einige Jahre ins Land ziehen. Denn echte Rechtssicherheit gibt es nur dann, wenn der Instanzenzug voll ausgeschöpft wird – und das kann dauern.

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