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Wem gehört das Land? Studie birgt Sprengstoff

19.06.2023 • 19:23 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
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(C) HARTINGER

AK-Studie zeigt unter anderem die ungleiche Verteilung der Wohnbauflächen.

Vorarlberg – ein Land der Häuslebauer? Das war einmal. Wie ungleich die Wohnbauflächen mittlerweile verteilt sind, zeigt eine gestern veröffentliche Studie, die die AK in Auftrag gegeben hat. Demnach besitzen zehn Prozent der Vorarlberger 76 Prozent der bebauten und unbebauten Wohnbaugrundstücksflächen, während zwei Drittel der heimischen Bevölkerung weder ein Haus, ein Grundstück noch eine Wohnung ihr Eigen nennen können.

Eine Entwicklung, die laut Studienautoren, „unweigerlich zu einer weiteren gesellschaftlichen Spaltung“ führen wird. Weitere negative Auswirkungen seien Altersarmut und eine verstärkte Belastung der öffentlichen Hand. AK-Präsident Bernhard Heinzle fordert, „Leistbares Wohnen“ in der Landesverfassung und im Raumplanungsgesetz zu verankern, der Baulandhortung entgegenzuwirken und einen Bodenfonds einzurichten.

64

Prozent der Vorarlberger besitzen kein Wohnbaugrundstück bzw. Anteil an einer Eigentumswohnung

10

Prozent der Vorarlberger besitzen 76 Prozent der bebauten und unbebauten Wohnbaugrundstückflächen (darin sind auch Wohnungen erfasst).

50

Prozent der Gesamtflächen sind im Besitz von Agrargemeinschaften, gemeinden, Land und Bund.

16

Prozent der Vorarlberger Gesamtbevölkerung ebsitzten noch unbebaute Wohnbaugrundstücksfläche.

Verteilungsproblem

Insgesamt gibt es Wohnbaugrundstücke im Ausmaß von 10.413 Hektar, dies entspricht rund 18 Prozent des Dauersiedlungsraumes in Vorarlberg. Zudem gibt es in Vorarlberg 144.720 Wohnbaugrundstückseigentümer, was 36 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. In anderen Worten, 64 Prozent der Vorarlberger Gesamtbevölkerung besitzen keine Wohnbaugrundstücke und haben somit kein Wohneigentum. Der Besitz ist dabei ungleich verteilt: So stehen 76 Prozent der gesamten Wohnbaugrundstücksflächen im Eigentum von nur zehn Prozent der Vorarlberger.

Hälfte der Flächen verbaut

Die landläufige Meinung, dass Vorarlberg mit Betrieben verbaut ist, bestätigte die Studie nicht. Demnach gibt es in Vorarlberg Betriebsgrundstücke im Ausmaß von 1482 Hektar, was nur 2,6 Prozent des Dauersiedlungsraumes (56.730 Hektar) entspricht. Von den Betriebsgrundstücken sind derzeit laut Studie 52,2 Prozent bebaut. Dies entspricht einer Größe von 773 Hektar bzw. 1,4 Prozent des Dauersiedlungsraumes in Vorarlberg. Die Flächenverteilung ist dabei sehr kleinstrukturiert. 79 Prozent der der Eigentümer besitzen Grundstücke, die kleiner als der Durchschnitt von 6.200 Quadratmeter sind.

Wenig Baugrund

Im Rahmen der Studie wurden zudem die Grundstücksflächen im Besitz der Gemeinden untersucht. Insgesamt sind 38.067 Hektar Grundstücksflächen im Besitz der Kommunen, was 14 Prozent der Gesamtfläche entspricht. Über 99 Prozent sind allerdings Wald und Freiflächen. Nur drei Prozent aller Wohnbauflächen und vier Prozent der Betriebsflächen im Land gehören den Kommunen. „Die Zahlen zeigen, dass große Teile der Gemeinden, der dringlichen Notwendigkeit einer aktiven Bodenpolitik zur nachhaltigen Sicherung von Grund und Boden für leistbares Wohnen und Wirtschaftsentwicklung zur Sicherung und Entwicklung von Arbeitsplätzen nicht nachgekommen sind“, heißt es in der Studie der Telesis Gmbh und des IKS-Instituts.

„Verantwortlich sind Hortung und Spekulation“

Von Bodenknappheit könne keine Rede sein, das große Problem sei vielmehr die Marktverfügbarkeit, sagte AK-Präsident Bernhard Heinzle bei der Präsentation der Studie. Durch die hohe Nachfrage und die Konzentration des Grundbesitzes auf wenige Anbieter seien die Baugrundpreise für viele unerschwinglich geworden oder eben am Markt nicht verfügbar. Maßgeblich verantwortlich dafür seien Hortung und Spekulation.

Die Studie bestätige die Forderungen der AK, dass das Land endlich wirksame Schritte beim leistbaren Wohnen setzen müsse, so der AK-Präsident. Um leistbares Wohnen sicherzustellen, das müsse das als Grundsatz in der Landesverfassung und als Raumordnungsziel im Raumplanungsgesetz verankert werden. Ein Kauf von Bauland bzw. Bauerwartungsland dürfe nur noch nach Bedarfsprüfung erfolgen, zudem müsse endlich ein Bodenfonds eingerichtet werden.

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AK-Präsident Bernhard Heinzle (C) HARTINGER

SPÖ-Klubchefin Manuela Auer kritisierte in einer Presseaussendung, dass das Land jahrzehntelang verabsäumt habe, „wirksame Maßnahmen für leistbares Wohnen zu setzen“, die Misere sei hausgemacht.

Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger wies darauf hin, dass auch große Industrie- und Wirtschaftsbetriebe „seit Jahren massiv in Bodenkäufe investieren, die Preise nach oben drücken und die Flächen als Wertanlage horten“.

40 Prozent unbebaut: Keine Bodenknappheit

Abgesehen davon, dass es an verfügbaren Betriebsflächen mangelt, gibt es in Vorarlberg per se keine Bodenknappheit. Wie die Studie zutage förderte, sind rund 40 Prozent aller für den Wohnbau gewidmeten oder vorbehaltenen Flächen unbebaut – das sind insgesamt 4116 Hektar. Die Bevölkerung wohnt auf den bebauten 60 Prozent wohnt auf den bebauten 60 Prozent. Von Bodenknappheit könne daher keine Rede sein, heißt es. Das Problem liege vielmehrdaran, dass Bauland als Wertanlage gehortet werde. Überrascht hat die Studienautoren die Kleinstrukturiertheit der Besitzverhältnisse. Die durchschnittliche Fläche beträgt 654 Quadratmeter, wobei die Grundstücke von drei Viertel der Eigentümer noch kleiner sind. Das Vererben und Bauen sowie die zielgerichtete Mobilisierung der Bauflächen werde damit zunehmend erschwert, so die Studienautoren. Die unbebauten Flächen stehen übrigens im Eigentum von nur 16 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Top 10 Wohnbauflächen gesamt

Hektar | Eigentümer

197 Vogewosi

69,6 Kirche

45,6 Alpenländische

40,3 Wohnbauselbsthilfe

28.1 illwerke vkw

26,1. Stadt Feldkirch

20.6 Marktgemeinde Lustenau 17, 3 F.M.Hämmerle

17,2 Land Vorarlberg

17,2 Marktgemeinde Rankweil

Top 10 Wohnbauflächen unbebaut

Hektar Eigentümer

54,9 Vogewosi

51 Kirche

19,5 llwerke vkw

19 Stadt Feldkirch

15 Marktgemeinde Rankweil

13,4 Öffentliches Gut

12,8 Gemeinde Altach

10,5 Wohnbauselbsthilfe

9,7 Stadt Dornbirn

8 Marktgemeinde Lustenau

Top 10 Betriebsgebiet gesamt

Hektar Eigentümer

53,1 Blum

22,9 Rauch Fruchtsäfte

20,4 Alpla

19,3 Getzner

16,8 M-I Immobilien

16,5 Kunert Industriepark

16,2 Marktgemeinde Lustenau 17, 3 Agrar Nenzing

16,1 Liebherr Nenzing GmbH

12,1 illwerke vkw

Top 10 Betriebsgebiet unbebaut

Hektar Eigentümer

16,6 Doppelmayr

16,2 AgrarNenzing

14,6 Blum

13,5 Getzner

13 Alpla

9,9 illwerke vkw

9,2 Meusburger

8,2 Loacker Recycling GmbH 7,8 Zumtobel AG

7,3 Mayr-Melnhof Weiterverarbeitungs Holding GmbH

Vogewosi führt im Ranking der Wohnbauflächen-Eigentümer. <span class="copyright">(C) lerch</span>
Vogewosi führt im Ranking der Wohnbauflächen-Eigentümer. (C) lerch