Wem gehört das Land? Studie birgt Sprengstoff

AK-Studie zeigt unter anderem die ungleiche Verteilung der Wohnbauflächen.
Vorarlberg – ein Land der Häuslebauer? Das war einmal. Wie ungleich die Wohnbauflächen mittlerweile verteilt sind, zeigt eine gestern veröffentliche Studie, die die AK in Auftrag gegeben hat. Demnach besitzen zehn Prozent der Vorarlberger 76 Prozent der bebauten und unbebauten Wohnbaugrundstücksflächen, während zwei Drittel der heimischen Bevölkerung weder ein Haus, ein Grundstück noch eine Wohnung ihr Eigen nennen können.
Eine Entwicklung, die laut Studienautoren, „unweigerlich zu einer weiteren gesellschaftlichen Spaltung“ führen wird. Weitere negative Auswirkungen seien Altersarmut und eine verstärkte Belastung der öffentlichen Hand. AK-Präsident Bernhard Heinzle fordert, „Leistbares Wohnen“ in der Landesverfassung und im Raumplanungsgesetz zu verankern, der Baulandhortung entgegenzuwirken und einen Bodenfonds einzurichten.
64
Prozent der Vorarlberger besitzen kein Wohnbaugrundstück bzw. Anteil an einer Eigentumswohnung
10
Prozent der Vorarlberger besitzen 76 Prozent der bebauten und unbebauten Wohnbaugrundstückflächen (darin sind auch Wohnungen erfasst).
50
Prozent der Gesamtflächen sind im Besitz von Agrargemeinschaften, gemeinden, Land und Bund.
16
Prozent der Vorarlberger Gesamtbevölkerung ebsitzten noch unbebaute Wohnbaugrundstücksfläche.
Verteilungsproblem
Insgesamt gibt es Wohnbaugrundstücke im Ausmaß von 10.413 Hektar, dies entspricht rund 18 Prozent des Dauersiedlungsraumes in Vorarlberg. Zudem gibt es in Vorarlberg 144.720 Wohnbaugrundstückseigentümer, was 36 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. In anderen Worten, 64 Prozent der Vorarlberger Gesamtbevölkerung besitzen keine Wohnbaugrundstücke und haben somit kein Wohneigentum. Der Besitz ist dabei ungleich verteilt: So stehen 76 Prozent der gesamten Wohnbaugrundstücksflächen im Eigentum von nur zehn Prozent der Vorarlberger.
Hälfte der Flächen verbaut
Die landläufige Meinung, dass Vorarlberg mit Betrieben verbaut ist, bestätigte die Studie nicht. Demnach gibt es in Vorarlberg Betriebsgrundstücke im Ausmaß von 1482 Hektar, was nur 2,6 Prozent des Dauersiedlungsraumes (56.730 Hektar) entspricht. Von den Betriebsgrundstücken sind derzeit laut Studie 52,2 Prozent bebaut. Dies entspricht einer Größe von 773 Hektar bzw. 1,4 Prozent des Dauersiedlungsraumes in Vorarlberg. Die Flächenverteilung ist dabei sehr kleinstrukturiert. 79 Prozent der der Eigentümer besitzen Grundstücke, die kleiner als der Durchschnitt von 6.200 Quadratmeter sind.
Wenig Baugrund
Im Rahmen der Studie wurden zudem die Grundstücksflächen im Besitz der Gemeinden untersucht. Insgesamt sind 38.067 Hektar Grundstücksflächen im Besitz der Kommunen, was 14 Prozent der Gesamtfläche entspricht. Über 99 Prozent sind allerdings Wald und Freiflächen. Nur drei Prozent aller Wohnbauflächen und vier Prozent der Betriebsflächen im Land gehören den Kommunen. „Die Zahlen zeigen, dass große Teile der Gemeinden, der dringlichen Notwendigkeit einer aktiven Bodenpolitik zur nachhaltigen Sicherung von Grund und Boden für leistbares Wohnen und Wirtschaftsentwicklung zur Sicherung und Entwicklung von Arbeitsplätzen nicht nachgekommen sind“, heißt es in der Studie der Telesis Gmbh und des IKS-Instituts.
„Verantwortlich sind Hortung und Spekulation“
Von Bodenknappheit könne keine Rede sein, das große Problem sei vielmehr die Marktverfügbarkeit, sagte AK-Präsident Bernhard Heinzle bei der Präsentation der Studie. Durch die hohe Nachfrage und die Konzentration des Grundbesitzes auf wenige Anbieter seien die Baugrundpreise für viele unerschwinglich geworden oder eben am Markt nicht verfügbar. Maßgeblich verantwortlich dafür seien Hortung und Spekulation.
Die Studie bestätige die Forderungen der AK, dass das Land endlich wirksame Schritte beim leistbaren Wohnen setzen müsse, so der AK-Präsident. Um leistbares Wohnen sicherzustellen, das müsse das als Grundsatz in der Landesverfassung und als Raumordnungsziel im Raumplanungsgesetz verankert werden. Ein Kauf von Bauland bzw. Bauerwartungsland dürfe nur noch nach Bedarfsprüfung erfolgen, zudem müsse endlich ein Bodenfonds eingerichtet werden.

SPÖ-Klubchefin Manuela Auer kritisierte in einer Presseaussendung, dass das Land jahrzehntelang verabsäumt habe, „wirksame Maßnahmen für leistbares Wohnen zu setzen“, die Misere sei hausgemacht.
Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger wies darauf hin, dass auch große Industrie- und Wirtschaftsbetriebe „seit Jahren massiv in Bodenkäufe investieren, die Preise nach oben drücken und die Flächen als Wertanlage horten“.
40 Prozent unbebaut: Keine Bodenknappheit
Abgesehen davon, dass es an verfügbaren Betriebsflächen mangelt, gibt es in Vorarlberg per se keine Bodenknappheit. Wie die Studie zutage förderte, sind rund 40 Prozent aller für den Wohnbau gewidmeten oder vorbehaltenen Flächen unbebaut – das sind insgesamt 4116 Hektar. Die Bevölkerung wohnt auf den bebauten 60 Prozent wohnt auf den bebauten 60 Prozent. Von Bodenknappheit könne daher keine Rede sein, heißt es. Das Problem liege vielmehrdaran, dass Bauland als Wertanlage gehortet werde. Überrascht hat die Studienautoren die Kleinstrukturiertheit der Besitzverhältnisse. Die durchschnittliche Fläche beträgt 654 Quadratmeter, wobei die Grundstücke von drei Viertel der Eigentümer noch kleiner sind. Das Vererben und Bauen sowie die zielgerichtete Mobilisierung der Bauflächen werde damit zunehmend erschwert, so die Studienautoren. Die unbebauten Flächen stehen übrigens im Eigentum von nur 16 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Top 10 Wohnbauflächen gesamt
Hektar | Eigentümer
197 Vogewosi
69,6 Kirche
45,6 Alpenländische
40,3 Wohnbauselbsthilfe
28.1 illwerke vkw
26,1. Stadt Feldkirch
20.6 Marktgemeinde Lustenau 17, 3 F.M.Hämmerle
17,2 Land Vorarlberg
17,2 Marktgemeinde Rankweil
Top 10 Wohnbauflächen unbebaut
Hektar Eigentümer
54,9 Vogewosi
51 Kirche
19,5 llwerke vkw
19 Stadt Feldkirch
15 Marktgemeinde Rankweil
13,4 Öffentliches Gut
12,8 Gemeinde Altach
10,5 Wohnbauselbsthilfe
9,7 Stadt Dornbirn
8 Marktgemeinde Lustenau
Top 10 Betriebsgebiet gesamt
Hektar Eigentümer
53,1 Blum
22,9 Rauch Fruchtsäfte
20,4 Alpla
19,3 Getzner
16,8 M-I Immobilien
16,5 Kunert Industriepark
16,2 Marktgemeinde Lustenau 17, 3 Agrar Nenzing
16,1 Liebherr Nenzing GmbH
12,1 illwerke vkw
Top 10 Betriebsgebiet unbebaut
Hektar Eigentümer
16,6 Doppelmayr
16,2 AgrarNenzing
14,6 Blum
13,5 Getzner
13 Alpla
9,9 illwerke vkw
9,2 Meusburger
8,2 Loacker Recycling GmbH 7,8 Zumtobel AG
7,3 Mayr-Melnhof Weiterverarbeitungs Holding GmbH
