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So viele neue Mediziner braucht das Land

03.07.2023 • 20:31 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
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Symbolbild/APA/Helmut Fohringer

Gemeinsame Studie im Auftrag von Land, ÖGK und Ärztekammer gibt Prognose zu künftiger Entwicklung.

Insgesamt 135 zusätzliche Ärztinnen und Ärzte werden wahrscheinlich bis 2031 in Vorarlberg benötigt, um die anstehenden Pensionierungen sowie den zusätzlichen Bedarf abdecken zu können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, welche im Auftrag von Land, ÖGK und Vorarlberger Ärztekammer von der Gesundheit Österreich GmbH erstellt worden ist. Am Montag wurden die Zahlen von Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP), dem Vorsitzenden des ÖGK-Landesstellenausschusses Manfred Brunner sowie Ärztekammerpräsident Burkhard Walla gemeinsam mit den Studienautoren Hermann Schmied und Gunter Maier präsentiert. Es sei wohl österreichweit ein Novum, dass sich Land, Sozialversicherung und Ärztekammer gemeinsam auf diese Weise engagieren, waren sich Rüscher und Walla einig.

Prognose bis 2031

Die Studienautoren wurden für ihre Untersuchung von allen beteiligten Stellen mit entsprechenden Daten versorgt, um die Ist-Situation und die Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre unter die Lupe zu nehmen. Basierend darauf wurde eine Prognose bis zum Jahr 2031 erstellt. Ohne gegensteuernde Maßnahmen würden bis dahin 71 Spitalsärzte, 27 Hausärzte und 37 Fachärzte im Kassenbereich fehlen, erläuterten Schmied und Maier. Grund dafür sind einerseits ein negativer Saldo bei Zu- und Abgängen in der Ärzteschaft sowie andererseits die demographische Entwicklung mit einer wachsenden und älter werdenden Bevölkerung.

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VLK/Hofmeister

In ihrer Studien haben die Experten jedoch nicht nur eine Prognose über diesen „ungedeckten Ärztebedarf“ erstellt. Sie haben auch in drei Fokusgruppen mit insgesamt 28 Jung­ärztinnen und Jungärzten über deren Situation gesprochen. Zudem wurde eine Onlinebefragung an den fünf Landeskrankenhäusern sowie am Dornbirner Stadtspital durchgeführt. Bei einer Rücklaufquote von etwa 46 Prozent nahmen 173 junge Frauen und Männer an der Befragung teil.

AK: Mehr Personal, kürzere Wartezeit

Als Bestätigung der Forderungen, Studien und der jüngsten Befragung der Arbeiterkammer sieht deren Präsident Bernhard Heinzle die am Montag vorgestellten Ergebnisse der von Land, ÖGK und Ärztekammer beauftragten Untersuchung. „Vorarlbergs Gesundheitssystem klappt nur mehr am Limit“, meinte Heinzle. Es brauche dringen mehr Personal und kürzere Wartezeiten.

Es müsse gelingen, wieder mehr Wahlärzte in das Kassensystem bringen. Auch Spitalsärzte mit eigener Praxis müssten einen versorgungswirksamen Beitrag leisten. Alle Versicherten hätten ein Recht auf medizinische Behandlung. Allerdings hätten in der Gesundheitsumfrage der AK nur 6,7 Prozent von über 4200 Befragten angegeben, dass in Vorarlberg alle Personen die gleiche Qualität und Leistung in der Gesundheitsversorgung erhielten. Bemängelt werden vor allem lange Wartezeiten.

Heinzle merkte in seiner Aussendung an, dass seitens der AK bereits im vergangenen November ein digitaler Vertretungspool für Ärztinnen und Ärzte gefordert worden war. Über diesen sollten Vertretungen etwa bei Karenz oder vorübergehend unbesetzten Vertragsarztstellen organisiert werden.

Ziel war es, von den Jungmedizinern zu erfahren, wie ihre Zukunftsplanung aussieht und welche Faktoren diese besonders beeinflussen. 56 Prozent der Befragten wollen nach ihrer Ausbildung in Vorarlberg bleiben. Knapp 30 Prozent haben sich noch nicht festgelegt. Die durchaus beträchtliche Zahl an noch Unentschlossenen sei ein Potenzial, das es zu nutzen gelte, meinte Rüscher. Den Betroffenen müsse ein Anreiz geboten werden, in Vorarlberg zu bleiben.

Arbeitsbedingungen und Lohn

In manchen Bereichen sei es hier nur schwer, Einfluss zu nehmen – etwa wenn Partner, Familie und Freunde außerhalb Vorarlbergs lebten, sagte Studienautor Maier. Mehr Möglichkeiten gegenzusteuern, gebe es jedoch, wenn es um die Arbeitsbedingungen, die Verdienst- oder die Karrieremöglichkeiten gehe. Denn immerhin knapp ein Drittel der Befragten, die nicht in Vorarlberg bleiben möchten, gaben an, dass in diesen Bereichen andernorts mehr geboten werde.

Gunter Maier, Hermann Schmied, Martina Rüscher, Manfred Brunner und Burkhard Walla (von links).<span class="copyright">VLK/Hofmeister</span>
Gunter Maier, Hermann Schmied, Martina Rüscher, Manfred Brunner und Burkhard Walla (von links).VLK/Hofmeister

Die Studienautoren haben basierend auf ihren Erkenntnissen auch Maßnahmenansätze definiert. Einerseits gehe es darum, die Zahl der Mediziner zu erhöhen, indem die Zahl der Zugänge gesteigert und jene der Abgänge verringert wird. Genauso müsse aber auch der Bedarf verringert werden, indem die Ärzte etwa bei administrativen Tätigkeiten entlastet werden oder auch die Patienten besser belenkt werden.

Gespräche über den Sommer

Bei der Pressekonferenz sei es nun erst einmal darum gegangen, die Ergebnisse der Studie zu präsentieren, sagte Rüscher. Allerdings seien Land, ÖGK und Ärztekammer bereits im Austausch über mögliche Maßnahmen. Die Gespräche würden auch über den Sommer weitergeführt. Die Landesrätin zeigte sich zuversichtlich, dass die Herausforderungen gemeinsam bewältigt werden können. Dies sei auch in der Coronapandemie gelungen.

AK-Präsident Bernhard Heinzle reagierte in einer Aussendung auf die Ergebnispräsentation. <span class="copyright">Hartinger</span>
AK-Präsident Bernhard Heinzle reagierte in einer Aussendung auf die Ergebnispräsentation. Hartinger

Auch für Burkhard Walla ist die Herausforderung „zu meistern“. Wichtig sei es jedoch, nicht nur Jungmediziner im Land zu halten. Es gehe auch darum, Allgemeinmediziner und Fachärzte von außerhalb nach Vorarlberg zu holen. Es gebe derzeit viel Frust unter den heimischen Ärzten und die Gefahr, dass diese abwandern. Hier müsse daran gearbeitet werden, die Zufriedenheit zu erhöhen.

Vertretungsgesellschaft

Zuversicht strahlte auch Manfred Brunner aus. Er führte an, dass der Generationenwechsel in der Ärzteschaft schon seit zehn bis zwölf Jahren laufe. Rund 265 neue Mediziner seien in dieser Zeit mit einem Kassenvertrag ausgestattet worden. Der Rest des Generationswechsels sollte daher ebenfalls zu bewältigen sein. Allerdings komme es bei Nachbesetzungen immer wieder zu Lücken in der Versorgung. Es gebe jedoch Überlegungen diese über eine Vertretungsgesellschaft zu füllen. Über diese könnten Wahl- oder Spitalsärzte übergangsweise eine solche unbesetzte Stelle übernehmen.