Draußen Protest, drinnen Debatte

Um den Rechnungsabschluss des Landes ging es am Mittwoch im Landtag.
Während am Mittwochvormittag vor dem Bregenzer Landhaus von Aktivistinnen und Aktivisten von Extinction Rebellion protestiert worden ist, ging im Gebäude die Generaldebatte zum Rechnungsabschluss des Landes ohne Zwischenfälle über die Bühne. Jeweils eine halbe Stunde Redezeit standen den einzelnen Landtagsfraktionen sowie den Mitgliedern der Landesregierung zur Verfügung, um über das abgelaufene Budgetjahr Bilanz zu ziehen. Der Protest vor dem Gebäude wurde zwar in so mancher Wortmeldung kurz erwähnt, war aber bei Weitem nicht das beherrschende Thema.
Umsetzungsstärke
Im Fokus aller Beteiligten stand vor allem die Frage, wie umsetzungsstark die schwarz-grüne Landesregierung ist. Während die Opposition diesbezüglich deutlichen Verbesserungsbedarf sah, verwiesen die Vertreter der Regierungsparteien auf die im vergangenen Jahr getroffenen Maßnahmen etwa im Kampf gegen die Teuerung.

Gleich zu Beginn der Debatte räumte ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück ein, dass das Land vor durchaus schwierigen Herausforderungen stehe. Allerdings stehe Vorarlberg nicht so schlecht da, „wie von manchen immer behauptet wird“, meinte er in Richtung der Opposition. Anstatt dauernd von Baustellen in unterschiedlichsten Bereichen zu sprechen, brauche es ein positives und konstruktives Klima.
Rund 2,44 Milliarden Euro Einnahmen
Vorarlberg schloss das Jahr 2022 mit einem leichten Plus ab. Aus der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben in der Größenordnung von rund 2,44 Milliarden Euro resultierte ein Betrag von 6,29 Millionen Euro auf der Habenseite. In der Ergebnisrechnung wurde aufgrund eines Sondereffekts ein positives Ergebnis in Höhe von knapp 404 Millionen Euro ausgewiesen. 62,28 Millionen Euro an Schulden wurden zurückbezahlt. Wie in den Vorjahren wurden rund 70 Prozent der Mittel für die Bereiche Gesundheit, Bildung sowie Soziales und Wohnbauförderung aufgewendet. Der Rechnungsabschluss sollte nach der Spezialdebatte am Mittwochabend mit den Stimmen von ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen werden.
Bereits zuvor hatte Frühstück Zahlen angeführt, um seine Sichtweise der Dinge zu untermauern. So seien 2022 etwa mithilfe der Wohnbauförderung 726 neue Wohneinheiten und über 1600 Sanierungen finanziert worden. 136 Millionen Euro seien dafür seitens des Landes geflossen. Auch im Bereich der „frühen Förderung für Kinder“ habe sich viel getan. Schließlich seien dafür 91,9 Millionen Euro aufgewendet worden. Das sei nahezu eine Verdoppelung gegenüber der Zahl aus dem Jahr 2012 (49,5 Millionen Euro). Trotz dieser Entwicklungen beim Ausbau der Kinderbetreuung werde von der Opposition jedoch wohl wieder „die alte Leier“ kommen, nach der viel zu wenig getan werde und alles zu langsam gehe. Die Beurteilung der Leistung der Regierung durch die Opposition habe mit der Realität wenig zu tun, bemängelte der Klubobmann.

Unterstützung erhielt er von Eva Hammerer, seiner Amtskollegin von den Grünen. Die Regierungsparteien hätten im vergangenen Jahr rasch auf die Folgen der Teuerung und der steigenden Energiepreise reagiert, sagte sie. Auf diese Weise sei Sorge getragen worden, dass niemand an den Rand gedrängt werde. Gerade mit Blick auf die jüngsten Unruhen in Frankreich sei es wichtig, den Zusammenhalt in der Bevölkerung zu fördern. Dafür brauche es Solidarität und Stabilität. Seitens der schwarz-grünen Koalition sei 2022 genau in diese Bereiche investiert worden.
Klimaschutz
Aus Sicht der Klubobfrau braucht es aber auch „Mut zur umfassenden Veränderung“. Denn die Klimakrise könne nicht bekämpft werden, indem an kleinen Rädchen gedreht werde. Die Erderwärmung werde zu einer großen Belastungsprobe für die Gesellschaft werden. „Klimaschutz ist Menschen- und Gesellschaftsschutz“, betonte Hammerer.

Erster Redner der Opposition war FPÖ-Klubobmann Christof Bitschi. Er hatte ebenfalls Zahlen parat, um zu zeigen, dass seitens der Regierung zu wenig getan werde, um die Menschen zu unterstützen. Gemäß aktueller Daten der Statistik Austria habe ein Drittel der Bevölkerung Probleme, finanziell über die Runden zu kommen. Die gleiche Zahl habe angegeben, dass eine Investition von über 1300 Euro nur mit Ratenzahlung oder einem Kredit zu bewältigen sei. Das Ziel, dass durch die Krisen niemand an den Rand gedrängt werde, habe Schwarz-Grün deutlich verfehlt.
Landtags-Splitter
Der Kollege. Auch in Wien gebe es durchaus Probleme in Sachen Kinderbetreuung, sagte ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück und listete einige davon auf. Er war präventiv tätig, denn: „Das wird beispielsweise Frau Auer (Anm.: SPÖ-Abgeordnete Manuela Auer), wenn sie die Vorzüge Wiens anpreist, wahrscheinlich aussparen.“ Die Angesprochene wies den Vorwurf jedoch in einem Zwischenruf zurück: „Das macht normal der Kollege von den Neos!“ Doch auch Neos-Mandatar Johannes Gasser wollte davon nichts wissen: „Heute nicht“, lautete seine Antwort mit einem Lachen.
Einkehrjahre. Keine Freude hat der FPÖ-Abgeordnete Daniel Allgäuer mit dem Umgang der schwarz-grünen Koalition mit Anträgen der Opposition. Der Freiheitliche hatte in der gestrigen Sitzung eine Idee, wie sich das ändern könnte: „Ich stelle fest, Herr Frühstück: fünf geistige Einkehrjahre auf der Oppositionsbank würden Ihnen und der ÖVP gut tun. Danke.“
Kein Videobeweis. Unklarheit gab es bei der Generaldebatte, ob sich die SPÖ-Abgeordnete Manuela Auer noch rechtzeitig zu Wort gemeldet hatte. Denn Landtagspräsident Harald Sonderegger (ÖVP) wollte die Debatte mangels Wortmeldungen schon schließen, als Auer doch noch aufzeigte. Der Präsident ließ sie gewähren, obwohl nicht alle glaubten, dass die Sozialdemokratin ihr Handzeichen noch rechtzeitig gegeben hatte. „Einen Videobeweis wird es ja jetzt wohl nicht geben“, meinte dazu FPÖ-Klubchef Christof Bitschi.
Dem ÖVP-Klubchef attestierte Bitschi jedoch eine gute Analyse, welches die aktuellen Problemfelder sind. Nun habe die Koalition noch ein Fünftel ihrer Legislaturperiode Zeit, um endlich Maßnahmen umzusetzen. Denn diese sei man bislang weitgehend schuldig geblieben. An fehlendem Input der Opposition liege es nicht, meinten Bitschi und etwas später auch sein Parteikollege Daniel Allgäuer. Immer wieder würden Ideen von FPÖ, SPÖ oder Neos von Schwarz-Grün aufgegriffen und dann als die eigenen verkauft. Dies sei eine Untugend und ein absolutes No-Go, meinte Allgäuer.

Strompreis
Einen guten Tag für das Landesbudget sah die geschäftsführende SPÖ-Klubobfrau Manuela Auer. Immerhin seien die Einnahmen gesprudelt und Schulden abgebaut worden. Allerdings habe die Bevölkerung von dieser guten Entwicklung wenig gespürt, kritisierte die Sozialdemokratin. Keine Freude hatte sie auch mit der Strompreiserhöhung durch den landeseigenen Energieerzeuger, welche nur kurze Zeit später wieder zurückgenommen wurde. Es könne nicht sein, dass der Strompreis erhöht werde, wenn die Illwerke vkw Rekordgewinne erzielten. Das Steuergeld für Strompreisrabatte des Landes und die Unterstützung des Bundes könnten besser genutzt werden, wenn die Tarife erst gar nicht erhöht würden, argumentierte Auer.

Die scheidende Neos-Klubobfrau Sabine Scheffknecht sprach in ihrer letzten Landtagssitzung ebenfalls über die sprudelnden Finanzen. Es habe zu wenig Entlastung für die Menschen gegeben, auch wenn es durchaus einige gute Maßnahmen gegeben habe wie etwa die Erhöhung der Wohnbeihilfe. Sehr kritisch sah sie auch den Umgang mit den Erlösen aus der Ablöse der Heimfallsrechte. Dieses Geld sei eigentlich für Zukunftsprojekte für die nächsten Generationen vorgesehen gewesen. Allerdings habe die Landesregierung hier ihr Wort gebrochen und nur einen Teil der Mittel den Rücklagen zugeführt. „Zukunftsraub an den Kindern“ sei dies, meinte Scheffknecht. In diesem Zusammenhang wies sie auch noch einmal auf die Probleme im Bildungsbereich hin. Hier sei Feuer am Dach. Es könne nicht sein, davon zu reden, bis 2030 zum chancenreichsten Lebensraum für Kinder werden zu wollen, und dann das Bildungssystem sehenden Auges an die Wand fahren zu lassen. „Ich schäme mich dafür“, sagte Scheffknecht, weil selbst die Bemühungen der Opposition nichts gebracht hätten.

Wohnbauförderung
Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) äußerte sich gegen Ende der Generaldebatte ähnlich wie seine schwarz-grünen Vorredner. In Richtung der SPÖ-Abgeordneten Manuela Auer meinte er, dass die Illwerke vkw nicht als politischer Spielball missbraucht werden sollten. In Sachen leistbares Wohnen übte der Landeshauptmann Kritik an der Verordnung der Finanzmarktaufsicht bezüglich der Kreditvergaben. Es könne nicht sein, dass die Wohnbauförderung des Landes nicht mehr als Eigenmittelersatz gelte. Hier werde man sich beim Bund weiter für eine Änderung einsetzen. Die Freiheitlichen nahmen diese Vorlage auf und kündigten an, am Nachmittag im Laufe der Spezialdebatte einen entsprechenden Antrag einzubringen.