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„Versuchen, noch mehr zu sensibilisieren“

25.08.2023 • 23:02 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Nicht immer ist es harmlos, was Kinder und Jugendliche mit ihren Handys treiben. <span class="copyright">APA/dpa/Tobias Hase</span>
Nicht immer ist es harmlos, was Kinder und Jugendliche mit ihren Handys treiben. APA/dpa/Tobias Hase

Die Fälle von „Sextortion“, bei denen Kinder und Jugendliche betroffen sind, sind laut Kinder- und Jugendanwaltschaft im Steigen begriffen.

Immer mehr Fälle von Sextortion“ war der Titel einer Aussendung, die Anfang August von der Salzburger Kinder- und Jugendanwaltschaft (kija) verschickt wurde. Der Fachbegriff setzt sich aus den Wörtern „Sex“ und „Extortion“ (Erpressung) zusammen. Beschrieben wird damit ein Tatbestand, bei dem sich meist männliche Täter im Internet im Fall von Kindern und Jugendlichen häufig als Gleichaltrige ausgeben. Zunächst wird Vertrauen aufgebaut, dann kommt die Bitte oder Forderung, intime Fotos und Videos zu schicken. Mit diesen werden die Kinder und Jugendlichen dann erpresst.

„Wenn man dann in der Falle sitzt, fordern die Täter immer weiter auf, noch mehr Fotos und Videos zu schicken bzw. drohen andernfalls, diese zu veröffentlichen oder an Familie und Freundeskreis zu übermitteln. Die Opfer schämen sich extrem und bereuen es bitter, etwas von sich hergegeben zu haben“, erklärt die Salzburger kija-Juristin Barbara Erblehner-Swann. Laut kija Salzburg habe sich die Zahl der Anzeigen von sexueller Erpressung im vergangenen Jahr gegenüber dem Jahr davor ­bundesweit beinahe verdreifacht.

Der Vorarlberger Kinder- und Jugendanwalt Christian Netzer. <span class="copyright">vlk</span>
Der Vorarlberger Kinder- und Jugendanwalt Christian Netzer. vlk

Auch bei der Vorarlberger kija in Feldkirch ist man mit derartigen Fällen konfrontiert, informiert Kinder- und Jugendanwalt Christian Netzer auf Nachfrage. Das Thema gebe es seit einigen Jahren, mittlerweile herrsche diesbezüglich aber eine größere gesellschaftliche Sensibilisierung, sagt er. Die Taten würden öfter zur Anzeige gebracht – wodurch die offiziellen Zahlen steigen.

Oftmals sei am Anfang nicht ganz klar, um was genau es gehe, wenn sich Kinder oder ­Jugendliche wegen „Sextortion“ bei der kija melden. „Da gibt es die klassischen Fälle mit Unbekannten“, erläutert Netzer. In manchen Fällen würden die Bilder oder Videos aber zunächst an bekannte Personen geschickt. Aufgrund eines ­Beziehungsendes komme es dann zu einer „Sextortion-Situation“, so der Kinder- und Jugendanwalt.

Anzeige erstatten

„Wir verweisen darauf bzw. raten, so schnell wie möglich bei der Polizei Anzeige zu erstatten und eventuelle Chatverläufe zu sichern“, erklärt Netzer das Vorgehen der kija bei derartigen Fällen. Dazu sollten unter anderem auch Screenshots gemacht werden. Er schätzt, dass es im vergangenen Jahr etwa zehn bis 15 Mal der Fall war, dass die kija mit einer Anfrage wegen „Sextortion“ konfrontiert war. Allerdings würde die Zahl der Fälle stetig zunehmen, so die Erfahrung. Betroffen davon seien Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters, erzählt Netzer, auch unter 14-Jährige. „Je jünger sie sind, umso mehr fehlt der Weitblick“. Die Opfer sind laut den Erfahrungen in Feldkirch zum Großteil Mädchen, aber nicht nur. „Wir hatten auch einige Fälle von Buben.“

Bei der kija wird „Sextortion“ in speziellen Workshops thematisiert, die ab Herbst in den Schulen angeboten werden. „Wir versuchen da, noch mehr zu sensibilisieren“, erklärt Netzer. Und auf noch etwas weist er hin: „Soziale Medien, aber auch Sexting (das Versenden und Empfangen intimer Nachrichten, Fotos oder Videos, Anm.) sind für nicht wenige junge Menschen normaler Bestandteil ihres Alltags.“ Das belegt auch eine repräsentative Studie von Saferinternet aus dem Jahr 2015. Daraus geht hervor, dass 31 Prozent der Jugendlichen von 14 bis 18 Jahren es als normal empfinden, ihren Partnerinnen und Partnern Nacktaufnahmen zu schicken. Um den diesbezüglichen Gefahren zu begegnen, brauche es auch ein generationenübergreifendes Verständnis, glaubt der Vorarlberger Kinder- und Jugendanwalt. Das aber fehle in vielen Fällen.

Informationen unter anderem unter https://www.rataufdraht.at/themenubersicht/handy-internet