Landtag muss selbst für Ruhe sorgen

Der Landtag muss gegen Ruhestörer in Zukunft eigenes Personal einsetzen. Die Polizei darf nicht mehr einschreiten.
Wer wie für die Sicherheit in einem Parlament sorgt, war schon immer eine heikle Frage. Aus historischer Erfahrung vertraut die Gesetzgebung nicht immer auf die Regierung, wenn es um ihren eigenen Schutz geht. Schließlich war es auch in Österreich die Polizei, die im März 1934 den Abgeordneten den Zutritt zum Parlament in Wien verwehrte und so dafür sorgte, dass es bei der sogenannten Selbstausschaltung des Nationalrates blieb. International hat man verschiedene Lösungen gefunden.
In Deutschland gibt es eine eigene Polizei beim Deutschen Bundestag, die vom Parlament selbst geleitet wird. In Kanada hat sogar jede Parlamentskammer eine eigene Polizeieinheit. In Österreich hat man bisher eindeutige Lösungen gescheut. Die Bundespolizei übernimmt die Außensicherung des Parlaments. Das Hausrecht übt der Präsident des Nationalrates aus. Laut Hausordnung stehen ihm „für Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben zuständige Personen“ zur Verfügung. Diese Sicherheitskräfte können im Rahmen des Hausrechts aber nur so viel Zwang ausüben wie jeder Nachtclub-Security.
Von der Tribüne entfernt
Ähnlich verhält es sich im Vorarlberger Landtag, wo kürzlich eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts (LVwG) die Mängel der bisherigen Sicherheitslösung aufgezeigt hat. Als Demonstranten im vergangenen Dezember die Tribüne des Landesparlamentes besetzten, wies Landtagspräsident Harald Sonderegger die anwesenden Zivilpolizisten an, diese zu räumen. Allerdings fehlten sowohl dem Landtagspräsidenten das Recht, der Bundespolizei Weisungen zu erteilen, als auch dieser die Möglichkeit, im Landtag die sogenannte Sitzungspolizei zu vollziehen. Kurz gesagt: Die Polizei kann auch nicht auf einer Veranstaltung einfach Leute hinaustragen, nur weil sie laut ihre Meinung kundtun.
Das Problem könnte in ähnlicher Konstellation auch im Nationalrat auftreten, wenn dort Polizisten Störenfriede entfernen. Der Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftliche Dienst der Parlamentsdirektion hat sich auch mit dem Fall aus Vorarlberg befasst. Ein Faktor ist die Gewaltentrennung: „Diese Anordnung erfolgte in Ausübung der Sitzungspolizei und somit im Rahmen der gesetzgebenden Gewalt“, heißt es in der Analyse des Parlaments.
Landtag
Der Landtag ist das Gesetzgebungsorgan auf Landesebene. Wie Nationalrat und Bundesrat mit der Parlamentsdirektion verfügt er mit der Landtagsdirektion über einen eigenen Verwaltungsapparat. Der Landtagspräsident handhabt die Geschäftsordnung und übt das Hausrecht aus. In den Angelegenheiten der Landtagsverwaltung ist er an keine Weisungen gebunden.
Man brauch eigene Leute
Ob nun die Entfernung von Störern auf der Tribüne zur Hausordnung und Vollziehung (Exekutive)oder zur Sitzungspolizei und Gesetzgebung (Legislative) zählt, ist letztlich aber zweitrangig. Wesentlich ist, dass der Landtag eigene Bedienstete braucht, die für die Sicherheit im Saal sorgen, erklärt Verfassungsjurist Peter Bußjäger auf NEUE-Anfrage. Erst wenn Demonstranten sich diesen gewaltsam widersetzen, kann die Polizei im Rahmen des Sicherheitspolizeigesetzes einschreiten.
In anderen Fällen kann das Land die Bundespolizei zur Mitwirkung an der Vollziehung von Landesgesetzen verpflichten. Solchen Regelungen muss aber die Bundesregierung zustimmen. Bei der Geschäftsordnung des Landtages handelt es sich aber um einen Beschluss und kein Gesetz, heißt es aus der Landtagsdirektion. „Mehr als zweifelhaft bleibt darüber hinaus, ob die Bundesregierung eine Mitwirkungszusage im Rahmen der Durchsetzung des Hausrechts überhaupt erteilen würde.“ Da die Länder keine eigenen Wachkörper und damit keine Polizeieinheiten aufstellen dürfen, wird man im Landtag auf unbewaffnete Sicherheitsmitarbeiter zurückgreifen müssen, um für Ruhe im Sitzungssaal zu sorgen.
Es spricht allerdings nichts dagegen, weiterhin auch Polizisten im Landtag zu haben, die dann eingreifen, wenn es ihnen überall sonst auch möglich wäre. Mit der Sicherheit im Landtag ist es am Ende doch ein bisschen so wie mit der Sicherheit in einem Nachtclub: Wer herumschreit, wird von der Security hinausgeworfen, wer sich prügelt oder Pfefferspray versprüht, den holt die Polizei.