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„Wir sind ein integraler Teil der Gesellschaft!“

20.09.2023 • 20:22 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Militärkommandant Gunther Hessel, Militärhistoriker Erwin Fitz. <span class="copyright">Paulitsch</span>
Militärkommandant Gunther Hessel, Militärhistoriker Erwin Fitz. Paulitsch

Das Bundesheer feiert 160 Jahre Oberst Bilgeri-Kaserne und 60 Jahre Militärkommando Vorarlberg.

Erst seit 60 Jahren hat das Bundesland ein eigenes Militärkommando – zuvor waren die Kräfte im Ländle dem Tiroler Kommando unterstellt. Diese und weitere – nicht nur – geschichtliche Fakten erläuterten Militärkommandant Brigadier Gunther Hessel und Militärhistoriker Oberst i. R. Professor Erwin Fitz am Mittwoch in einer Pressekonferenz zu den bevorstehenden Feierlichkeiten des Vorarlberger Bundesheers.

Gefeiert wird am kommenden Samstag, 23. September, nicht nur das eigene Kommando, sondern auch das 160-jährige Bestehen der Kaserne Oberst Bilgeri in Bregenz. Diese wurde neu gebaut, nachdem die damaligen Kasernen nicht mehr dem Bedarf entsprachen, und 1863 fertiggestellt.

Zum letzten Pfennig

Am Platz eines früheren Kalkofens wurde der Offizierspavillon – das heutige Kommandogebäude – gebaut, die Infanteriekaserne entstand dort, wo zuvor ein kleines Gasthaus namens „Zum letzten Pfennig“ stand. „Mit diesem Namen fügte es sich wunderbar in den chronischen Geldmangel der Armee und ihrer Angehörigen ein“, so Oberst Fitz, welcher stilecht in historischer Kaiserjäger-Uniform auftrat. Bis 1901 waren verschiedene Feldbataillone der Tiroler Kaiserjäger in Bregenz stationiert, dann kam erstmals wieder ein Regimentskommando mit Truppe, das sogar eine Militärmusikkapelle mit ins Land brachte, was großen Zuspruch auslöste.

Im Jahr 1911 wurde die Kaserne mit neuen Bauten erweitert. Der Großteil davon steht noch, wie etwa das ehemalige Leichenhaus, das heute als Sauna mit Umkleide und Sanitärgebäude dient.
Ab Mitte der 80er-Jahre wurden die Kasernengebäude Schritt für Schritt saniert, nachdem sie zu Kriegs- und Nachkriegszeiten gewaltig gelitten hatten.
Benannt ist die Kaserne übrigens nach dem Bregenzer Kaiserjägeroffizier Oberst Georg Bilgeri, einem wesentlichen Pionier der Militäralpinistik. „Er hat den Skilauf unter anderem in die Türkei gebracht und unser Land bekannt gemacht. So gesehen sollte ihn eigentlich auch die Fremdenverkehrswirtschaft ehren, nicht nur das Bundesheer“, so Fitz augenzwinkernd.

Aktuelle Herausforderungen

Zum Anlass des 60. Jahres mit eigenem Vorarlberger Kommando warf Militärkommandant Gunther Hessel einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen des Bundesheers, insbesondere in Vorarlberg.
„Wir sind dabei, unsere Fähigkeiten auszubauen, was Schutz­operationen betrifft“, betonte Hessel und verwies hierbei besonders auf die im Herbst stattfindende Großübung „Walgau 23“. „Hier kommen erstmalig fürs Bundesheer alle Reaktionskräfte im Rahmen einer Schutzoperationsübung zusammen, also zum Beispiel auch die Cobra und das Rote Kreuz“, erklärte Hessel.
Gleichzeitig ging der Miliärkommandant einmal mehr auf der Personalmangel im Bundesheer ein, der sich bereits bei den Grundwehrdienern zeigt. „Früher gab es zumindest 300 bis 400 Soldaten, die bei Vollkontingent zum Bataillon eingerückt sind, heute sind es nur mehr 150 bis 200. Es gibt auch immer weniger Grundwehrdiener. 55,5 Prozent der Tauglichen entscheiden sich für den Zivildienst.“

Brigadier Gunther Hessel präsentierte das Programm für den Tag der offenen Tür. <span class="copyright">Paulitsch</span>
Brigadier Gunther Hessel präsentierte das Programm für den Tag der offenen Tür. Paulitsch

Zudem seien sechs Monate Grundwehrdienst einfach zu wenig, man müsse auf mindes­tens acht Monate aufstocken. „Das ist eine Sache, die von der Politik zu korrigieren ist, zumindest, wenn man Landesverteidigung ernst nimmt“, forderte Hessel. Dennoch gibt es auch Gutes zu vermelden: So seit man immerhin budgetär gut für die kommenden Jahre aufgestellt. Außerdem liege das Bundesheer im österreichischen Vertrauens­index auf Platz zwei hinter der Polizei – laut Hessel „ein klares Zeichen dafür, dass Sicherheit für die Bevölkerung nicht selbstverständlich ist.“

Große Leistungsschau

Ein eigenes Bild von der Oberst-Bilgeri-Kaserne und den Aktivitäten des Vorarlberger Bundesheers kann man sich wie erwähnt am kommenden Samstag machen.
Nach einem Festakt, zu dem auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) erwartet wird, gibt es eine große Leistungsschau samt ­Rahmenprogramm. Groß und Klein sind laut Hessel willkommen. Denn immerhin „sind wir ein integraler Teil der Gesellschaft!“

Tag der offenen tür

Programm

Bei einem großen Festakt am Samstag, 23. September 2023, sprechen unter anderem Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Anschließend gibt es ab 11 Uhr einen großen Tag der offenen Tür mit Leistungsschau und einem vielfältigen Programm.