Stadttunnel: Erkundung im Endspurt, langes Vergabeverfahren

Die Vorarbeiten für den Stadttunnel in Feldkirch gehen zügig voran. Vor genau einem Monat, am 5. Oktober, begingen die Bauarbeiter die sogenannte Tausender-Feier. Damit gehen die Arbeiten am 1200 Meter langen Erkundungsstollen Tisis in den Endspurt. Mitte November wird zum letzten Mal gesprengt, bis Februar werden dann noch Restarbeiten durchgeführt. Aber auch auf der anderen Seite des Berges, in der Felsenau, hat sich einiges getan. Ganze 15.000 Kubikmeter Fels mussten aus dem Weg geräumt werden, bevor im vergangenen März mit den eigentlichen Bauarbeiten für eine Rampenbrücke und Radwegunterführung begonnen werden konnte. Mittlerweile ist etwa Halbzeit erreicht, und die Bauwerke nehmen langsam aber sicher Form an (siehe großes Bild).
Teilnahme bis 13. November möglich
Das Vergabeverfahren für das Hauptbaulos wurde Anfang Oktober gestartet. Dabei geht es unter anderem um die bergmännische Errichtung von mehreren Tunnelästen, die durch einen unterirdischen Kreisverkehr miteinander verbunden sind, sowie zwei weitere Flucht- und Wartungsstollen. Noch bis 13. November können interessierte Bauunternehmen ihre Teilnahmeanträge abgeben. Dabei müssen die Bewerber gewisse Mindestanforderungen erfüllen und verschiedene Referenzen erbringen, um ihre technische Leistungsfähigkeit nachzuweisen. In einem zweiten Schritt werden fünf Bewerber eingeladen, Angebote für die ausgeschriebenen Leistungen abzugeben. In der Folge führt das Land als Auftraggeber Verhandlungen durch und reduziert die Zahl der Bewerber auf drei. Den Zuschlag erhält schließlich nach dem Bestbieterprinzip das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot.

Daten udn Fakten
Der Stadttunnel Feldkirch besteht aus den vier Tunnelarmen Felsenau, Tisis, Tosters und Altstadt, die durch einen zentralen unterirdischen Kreisverkehr verbunden sind. Die Gesamtlänge der Tunnelröhren beträgt 3,85 km. Der Außendurchmesser des unterirdischen Kreisverkehrs beträgt 73 Meter. Das Hauptbaulos umfasst außerdem den Bau einer riesigen Belüftungskaverne, eines 360 Meter langen Belüftungsschachtes und eines Belüftungsgebäudes. An den erwarteten Kosten von rund 303 Millionen Euro (Bandbreite 280 bis 320 Millionen Euro) beteiligen sich das Land Vorarlberg (348 Millionen Euro), der Bund (40 Millionen Euro), die Stadt Feldkirch (12 Millionen Euro) und illwerke vkw (3 Millionen Euro). Laut UVP-Bescheid muss der Stadttunnel im Jahr 2030 fertiggestellt sein.
Zuschlag im vierten Quartal 2024
Die Hauptausschreibung und der Baustart für den Haupttunnel sind in den vergangenen Jahren immer weiter nach hinten verschoben worden, letzterer soll nun Anfang 2025 erfolgen. Projektleiter Bernhard Braza vom Landesstraßenbaumamt erklärt die Verzögerung unter anderem damit, dass man die hydrologischen und geologischen Erkenntnisse aus den beiden Erkundungsstollen Tisis und Altstadt in die Detailplanungen für das Hauptbaulos einfließen lassen wolle. Das bringe mehr Zeit- und Kostensicherheit, so Braza. Zudem wird das EU-weite, mehrstufige Vergabeverfahren ein Jahr dauern. Die Auftragsvergabe erfolgt erst im vierten Quartal 2024. „Nach der Auftragsvergabe benötigt der Auftragnehmer eine entsprechende Vorbereitungszeit für die Organisation und Einrichtung der Baustelle“, erklärt der Projektleiter. Als erste Baumaßnahmen werden ein Gleis und ein Förderband für den Abtransport des Ausbruchmaterials errichtet. Erst danach könne mit dem Hauptvortrieb begonnen werden, so Braza.

Fünf Jahre Bauzeit
Die Bauzeit der auszuführenden Leistungen wird mit 60 Monaten, sprich fünf Jahren veranschlagt. Der Tunnelast Tosters wurde allerdings nur optional in die Ausschreibung mitaufgenommen. Dies sei notwendig, da der rechtsgültige UVP-Bewilligungsbescheid die „Bauvollendung des beantragten Vorhabens“ bis spätestens 2030 vorschreibe, erklärt Braza. Wie aus den Verfahrensunterlagen hervorgeht, sollen die Bauarbeiten für den Haupttunnel im Allianzvertrag abgewickelt werden. Im Gegensatz zum klassischen Bauvertrag ist das Vergütungsmodell darauf ausgelegt, den Gewinn oder Verlust beim Projekt zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer möglichst partnerschaftlich aufzuteilen und das Risiko gemeinsam zu tragen. Schon beim Erkundungsstollen Tisis habe man gute Erfahrungen mit diesem Modell gemacht, erklärt Braza. „Die absehbare Unterschreitung der kalkulierten Bauzeit und die absehbare Unterschreitung der geplanten Kosten zeigen, dass der Allianzvertrag ein geeignetes Instrument darstellt, bei komplexen Bauwerken die zeitlichen und finanziellen Vorgaben einzuhalten. Deshalb wurde entschieden, dieses Vertragsmodell auch beim kommenden Hauptbaulos zur Anwendung zu bringen.“

Kosten
Über den geschätzten Auftragswert des Bauloses ist in den Verfahrensunterlagen nichts zu finden. Auch auf Nachfrage macht das Landesstraßenbauamt „aus vergaberechtlichen Gründen“ keine Angaben. Bei den Gesamtkosten geht das Land weiterhin von 303 Millionen Euro (Bandbreite 280 bis 320 Millionen Euro) aus. Die Einhaltung und teilweise Unterschreitung der veranschlagten Baukosten bei den bisherigen Teilbaulosen stimme optimistisch, dass auch die veranschlagten Gesamtkosten des Projekts eingehalten werden können, so Braza.
Kritische Stimmen
Auch Monate nach Beginn der Vorarbeiten sorgt der Stadttunnel für Diskussionen und Kritik. In regelmäßigen Abständen protestiert etwa die Klimabewegung „Extinction Rebellion“ gegen das Straßenbauprojekt. Im Sommer blockierte sie zweimal vor einer Landtagssitzung die Zufahrt zum Landhaus in Bregenz. Ein anderes Mal besetzten die Klimaaktivisten die Bühne des Festspielhauses, als der Stadt Feldkirch der e5-Klimaschutzpreis verliehen werden sollte. Ein vehementer Gegner des Stadttunnels ist auch Andreas Postner von der Umweltinitiative Transform. Ebenfalls unnachgiebig zeigt sich die Bürgerinitiative „StattTunnel“, deren Proponenten schon gegen den Letzetunnel gekämpft haben.