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Warum Produkte wieder teurer werden dürften

20.11.2023 • 16:33 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Die Lkw-Maut in Deutschland wird demnächst empfindlich teurer. <span class="copyright">dpa/Felix Kästl</span>
Die Lkw-Maut in Deutschland wird demnächst empfindlich teurer. dpa/Felix Kästl

Deutschland erhöht ab 1. Dezember die Lkw-Maut auf Autobahnen und Schnellstraßen teils um mehr als 80 Prozent.

Von Günther Bitschnau/wpa

Wer sich dieser Tage über die ständig steigenden Kosten und Preise an allen Fronten ärgert, der darf sich gleich auf einen weiteren Kostenschub nicht nur in Vorarlberg freuen. Denn in Deutschland steht ab 1. Dezember 2023 eine empfindliche Erhöhung der Lkw-Maut auf Autobahnen- und Schnellstraßen für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen bevor.

Diese Erhöhung trifft in einem exportorientieren Bundesland wie Vorarlberg naturgemäß alle Unternehmen, die ihre Waren entweder über Deutschlands hochrangiges Straßennetz weltweit exportieren oder sie über das deutsche Straßennetz beziehen. Und es trifft auch alle jene Firmen, die ihre Kundinnen und Kunden in Österreich von Salzburg ostwärts über das deutsche Straßennetz versorgen – und umgekehrt.

CO2-Maut

Diese Erhöhung hängt mit der in Deutschland beschlossenen Einführung einer CO2-Maut zusammen. Hierbei werden für die Maut CO2-Emissionsklassen als neues Merkmal für den jeweiligen Tarif eingeführt. Es wird also ein CO2-Aufschlag pro Tonne CO2 erhoben. Für alle Fahrzeuge über 7,5 Tonnen (mit wenigen Ausnahmen) wird diese CO2-Maut zur bestehenden Maut dazugeschlagen.

Massive Steigerung

Und diese Erhöhung der Lkw-Mautgebühren ab 1. Dezember 2023 hat sich gewaschen. So ist etwa einer Aufstellung der SVG Bundes-Zentralgenossenschaft Straßenverkehr eG in Frankfurt zu entnehmen, dass die deutsche Lkw-Maut selbst in der schadstoffärmsten und modernsten Kategorie Euro VI in der höchsten Gewichtsklasse (über 18 Tonnen, fünf oder mehr Achsen) von 19 Cent auf 34,8 Cent pro Kilometer steigt. Das ist eine Erhöhung um 83 Prozent. Diese Gewichtsklasse wird von Transport- und Logistikunternehmen insbesondere im Fernverkehr eingesetzt. Aber auch für leichtere Lkw der Kategorie Euro VI bewegt sich die Erhöhung im Bereich zwischen 70 und 80 Prozent.

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Michael Zimmermann WKV-Spartenobmann Transport und Verkehr. WKV/Sams

Michael Zimmermann, WKV-Spartenobmann Transport und Verkehr sowie Geschäftsführer von Bischof Transporte in Feldkirch, erklärt, dass durch diese Erhöhung der Maut die Transportkosten für viele Vorarlberger Unternehmen deutlich steigen werden. „Der Löwenanteil der Güter wird mangels Schienenkapazitäten unverändert auf der Straße transportiert und hiervon wiederum der mit weitem Abstand größte Teil über das deutsche Straßennetz.“ Die deutsche Regierung sei sich offenbar nicht bewusst, wie sehr sie mit dem Schritt zu diesem Zeitpunkt der Wirtschaft und damit auch der Bevölkerung schade. „Am Ende des Tages wird diese Erhöhung jemand bezahlen und das sind die Endverbraucherinnen und Endverbraucher, also wir alle.“ Firmen können und werden diese zusätzlichen Kosten nicht in ihrer Kalkulation unterbringen, sondern weiterreichen.

Besonders ärgerlich sei speziell für Bischof Transporte, dass die bisherige Mautbefreiung für gasbetriebene Lkw ab 1. Jänner 2024 in Deutschland falle. „Wir haben zwölf derartige Fahrzeuge, die deutlich teurer in der Anschaffung sind, im Einsatz. Jetzt zahlen wir für diese auch Maut“, so Zimmermann.

Vollständiger Austausch nötig

Ein Beispiel, was die neuen CO2-Emissionsklassen in Deutschland für die Transportfirmen bedeuten, liefert Vögel Transporte in Bludesch. Das Unternehmen verfügt nach Angaben von Prokurist Stefan Vögel über gut 200 Lkw, bei denen es sich in 97 Prozent der Fälle um die modernste und schadstoffärmste Kategorie Euro VI oder besser handle. „Selbst diese im Schnitt drei Jahre alten Fahrzeuge werden ab 1. Dezember 2023 in Deutschland der schlechtesten Klasse 1 zugeordnet.“ Nachträglich könne man diese Fahrzeuge nicht weiter aufrüsten, da für die Einstufung der Zulassungszeitpunkt gelte.

Das Bludescher Unternehmen müsste folglich die gesamte Fahrzeugflotte vollständig austauschen, um in die günstigere Maut-Kategorie zu kommen. Allerdings stehe dann im Sommer 2024 in Deutschland schon die nächste Verschärfung der Mautkategorien auf dem Programm. „Als Transportunternehmen fehlt uns jegliche Planungssicherheit.“ Nachdem selbst die modernen und schadstoffärmsten Fahrzeuge von dieser massiven Mauterhöhung betroffen seien, könne man sich des Eindrucks nicht erwehren, als ginge es in Deutschland nur um das „Abcashen der Unternehmen“, so Vögel.

Güterverkehrskonzept

Von welchen Größenverhältnissen im Gütertransport man hierzulande zwischen Straße und Schiene ausgehen kann, zeigt das Güterverkehrskonzept 2022 des Landes Vorarlberg. Dort wird berichtet, dass 2019 beinahe 88 Prozent der transportierten Güter (ohne Durchgangsverkehr) auf der Straße unterwegs waren. Beim Transitverkehr ergibt sich ein sogenannter Modal-Split (Verhältnis Schiene/Straße) von zwölf Prozent für die Schiene. Der Löwenanteil wird folglich auch hier mit Lkw transportiert.