Kein Befreiungsschlag für den Wirtschaftsbund

Ein Befreiungsschlag war es nicht, der da am Dienstag erfolgte, nicht einmal ein Schlägle.
Pressekonferenzen zu unangenehmen Themen beginnen häufig mit einer kleinen Unwahrheit. Es gebe großes mediales Interesse, stellte man am Dienstagvormittag bei der Präsentation des Prüfberichtes zum Wirtschaftsbund fest, „das freut uns“. Es freute natürlich niemanden.
Karlheinz Rüdisser, so gewann man rasch den Eindruck, freute es sicher nicht, dass er sich den Vorsitz in der Skandaltruppe umhängen hatte lassen. Dass es Wirtschaftsprüfer Josef Schima gefreut haben könnte, die politisch heikle Prüfung zu präsentieren, darf man ebenfalls ausschließen.
Die falsch-freudige Eingangsstimmung zog sich durch die Pressekonferenz, die eigentlich ein Albtraum für jeden politisch Verantwortlichen hätte sein müssen. Die Bemühung den jahrelang herrschenden Feudalismus im Vorarlberger Wirtschaftsbund noch irgendwie positiv darzustellen, waren zeitweise fast körperlich schmerzhaft. Es habe für alle Zahlungen an den ehemaligen Direktor Jürgen Kessler schriftliche Vereinbarungen gegeben, wurde etwa betont, – auch wenn diese vielleicht etwas knapp gewesen seien. Außerdem habe man sich stets an die Statuten des Wirtschaftsbundes gehalten – auch wenn die weitgehend aus dem Jahr 1947 stammen und keine auch nur ansatzweise effektive Kontrolle der wirtschaftlichen Tätigkeit in der ÖVP-Teilorganisation zu garantieren vermochten.
Karlheinz Rüdisser bemühte sich, seine „regretting Obmannschaft“ nicht zu direkt anzusprechen. Nach seiner Übernahme der interimistischen Leitung des Wirtschaftsbundes seien weitere Dinge aufgekommen, „die ich mir auch nicht hätte vorstellen können“, erklärte der ehemalige Landesstatthalter. Welche genau das waren, sagte er nicht, aber man konnte es sich vorstellen. Wirtschaftsbunddirektor Kessler habe nicht nur ein Dienstauto gestellt bekommen, sondern auch noch Zahlungen für sein Privatauto erhalten, wurde erklärt. Über fünf Jahre flossen etwa 1,5 Millionen Euro direkt oder indirekt an ihn – das entspricht einem monatlichen Bruttoverdienst, der sich in der Nähe jenes des Bundespräsidenten ansiedeln lässt.
Wie wenig Vertrauen man in die ehemalige Führungsriege des Wirtschaftsbundes hatte, zeigen zwei Bemerkungen: Einmal hatten die Banken des Wirtschaftsbundes keine ordentlichen Aufzeichnungen geführt. Man habe zunächst aber gedacht, es seien Fehler in der Wirtschaftsbundbuchhaltung, bemerkte der Wirtschaftsprüfer. Und dann beschrieb Rüdisser, wie man eine Spende an die Lebenshilfe entdeckt hatte und bereits schwitzte, weil man auch dahinter eine Falschbuchung vermutete, bis sich die Spende als echt herausstellte. Differenziert blickte Rüdisser jedoch auf Kesslers Rolle: „Profitiert haben zwei“, meinte er – der Wirtschaftsbund und sein Direktor. Von einem Selbstbedienungsladen wollte man trotzdem nicht sprechen. Auch dass hinter falsch verbuchten Spenden eine Täuschungsabsicht stehen könnte, mochte man nicht laut sagen.
Nach strafrechtlich Relevantem hatte man sicherheitshalber gar nicht erst gesucht. Zahlungen an Mitglieder der Landesregierung wurden ausgeklammert. Bei Steuerfragen verwies man auf vermeintliche Widersprüche zwischen Rechnungshof und Finanz. Ein Befreiungsschlag war es nicht, der da am Dienstag erfolgte, nicht einmal ein Schlägle.