Kommentar

Welcome to Slower Austria

30.01.2023 • 14:28 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
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In Österreich ändern sich die Dinge bekanntlich nicht so schnell, in Niederösterreich vielleicht noch langsamer.

Wie ein kleiner Stein, den man in morastiges Wasser wirft, sendet die Niederösterreichwahl erwartbare Wellen in die Bundespolitik. Während die ÖVP unter die selbstgesetzte 40-ProzentMarke fiel und die absolute Mehrheit verlor, verbuchte die FPÖ Zugewinne in ähnlichem Ausmaß. Die SPÖ wiederum stagniert und vermochte in einem für sie an und für sich vorteilhaften Klima keine Zugewinne zu verzeichnen. Ich musste unfreiwillig an die Comicserie „Futurama“ denken, in der eine boshafte Industriemagnatin drei abgestuft debile Söhne hat, die sie regelmäßig gemeinsam mit einem einzigen Handstreich ohrfeigt. Dabei reicht es, dass einer von ihnen etwas dummes sagt, damit alle drei in den Genuss mütterlicher Hiebe kommen. Die SPÖ nahm zuletzt in diesem Gleichnis stets die Position desjenigen ein, der als Kollateralschaden mitabgewatscht wurde. Das hat schon Slapstikpotenzial. Aus jetziger Sicht wird sich dieser Scherz auch bei der nächsten Nationalratswahl wiederholen, wenn die Sozialdemokratie es nicht schafft, aus ihren versifften Parteilokalen im Souterrain von Gemeindebauten zu kriechen und mit echten Menschen zu sprechen.

Die niederösterreichische ÖVP wiederum, die gleifalls ihr schelchtestes Ergebnis seit 1945 hinlegte, suchte die Schuld daran andernorts. Die Landespartei, die das Innenministerium seit Jahren als Erbpacht betrachtet und den Steigbügelhalter für Sebastian Kurz machte, dessen kometenhafte Karriere die ÖVP mit nach oben und unten riss, sieht die Schuld beim Bund. Das ist ungefähr so, als würde sich ein alkoholisierter Autofahrer auf seine danebensitzende Ehefrau rausreden. Wer eine Partei an die Wand fährt und sich dann wundert, dass das auch Rückwirkungen hat, mag nicht sonderlich realitätsverhaftet sein. Dann den Beifahrern die Schuld zu geben, ist entweder dreist oder selbstvergessen.
Doch die NÖ-VP wird ihre Wunden nicht allzu lange lecken müssen. Mit der Konkursmasse der SPÖ lässt sich sicherlich eine Koalition schmieden, die in Sachen Eintracht so nahe an eine absolute Mehrheit kommt, wie Pepsi an Coca-Cola. Die SPÖ wird trotz Stimmenverlusten mehr zu verteilen haben. Die sozialdemokratischen Gemeinden werden vom Land endlich auch einmal Bedarfszuweisungen in einem fairen Ausmaß erhalten. Vielleicht wird der Kindergarten ein bisserl billiger. Der Opposition ist man ja nichts schuldig. Ein Transparenzopaket wird man gerade von diesen beiden Parteien nicht erwarten dürfen – von der FPÖ aber auch nicht.

In Österreich ändern sich die Dinge bekanntlich nicht so schnell, in Niederösterreich vielleicht noch langsamer – Slower Austria quasi. Johanna Mikl-Leitner bleibt wohl Landeshauptfrau. Udo Landbauer wird Landes-Hauptmannstellvertreter und in der schwarz-rot dominierten Proporzregierung vermutlich für Volkszählungen und Normwesen zuständig sein. Die Grünen und die Neos dürfen Ringelreihen um die zwei, drei Minderheitenrechte tanzen, die sie in der St. Pöltner Staatsduma haben. Am Ende des Tages kommen also nicht so viele neue Schrecknisse, wie man die Wähler vor der Wahl hat fürchten lassen – es bleibt bei den alten. Vielleicht holt man sogar den ÖVP-Beauftragten für den Landesrundfunkt wieder aus der Versenkung und er muss dafür nur alle drei Wochen einen Sozi interviewen.

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