Kommentar

Immer Drama um die SPÖ

06.03.2023 • 18:14 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
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Der Schlussakt lässt einstweilen noch auf sich warten, die Komparsen mit Dolchstoßfähigkeiten zieren sich noch.

Nach der Landtagswahl in Kärnten war Bundeskanzler Karl Nehammer die Erleichterung mindestens genauso deutlich anzumerken, wie Peter Kaiser die Enttäuschung. Der eine war mit der Perspektive eines, von den Meinungsforschern vorhergesagten, neuerlichen ÖVP-Debakels nach Klagenfurt gefahren und wurde von einem Stimmenzuwachs überrascht. Der andere hatte auf deutlich geringere Verluste gehofft, als er sie letztlich verbuchen musste.
Während Nehammer, der sich seit Monaten mit den Trümmern der abgebrannten Schaubude seines Vorgängers herumschlagen darf, so zumindest für kurze Zeit zu einer unverhofften Verschnaufpause kam, geht der Zwist in der SPÖ munter weiter. Die allerorts geäußerte Forderung, man solle zunächst über Inhalte sprechen und dann übers Personal, war schon immer und in allen Parteien so fromm wie aussichtslos. Bei der SPÖ trifft das doppelt zu, weil es ihr am einen wie am anderen mangelt.

Franz Grillparzer hätte wohl ein Stück über die rote Ränke geschrieben, deren Ausgang wir noch nicht kennen, der aber eines Dramas sicher würdig sein wird. Erster Akt: Gabriele Sprickler-Falschlunger erreicht am Wahlsonntag mit ihrem Frontalangriff auf Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bundesweite Aufmerksamkeit. Nicht Manns genug sei er, sich offen dem Konflikt zu stellen. Seit Monaten schießt der ehemalige Landespolizeidirektor und Verteidigungsminister gegen die Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner, aber eine Kampfabstimmung um den Vorsitz verlangte er bisher nicht. „Doch als des Streites ernste Stunde kam, da fehlte Herz für so viel rüstge Arme“, heißt es in „König Ottokars Glück und Ende“. Sprickler-Falschlunger drückt es in ihrer Aussendung etwas anders aus, meint aber wohl dasselbe.

Zweiter Akt: Peter Kaiser opfert sich in pflichtgemäßer Bundestreue auf allen Sendern. Die Niederlage habe er zu verantworten und sonst niemand, sagt er und meinte es zumindest teilweise auch so. Denn bevor der Held abtritt, lässt er noch ein verbales Messer fallen, das ein finsterer Widersacher ergreifen könnte: Rendi-Wagner sei derzeit Parteivorsitzende, meint er auf die Frage, ob sie es weiter bleiben solle. Es erinnert sehr stark an das „Ich stehe neben ihm.“ Bruno Kreiskys, als man ihn nach seiner Rückendeckung für Hannes Androsch fragte – auch so ein Grillparzer-Drama.

Dritter Akt: Am Montag erklärt der Salzburger SPÖ-Chef David Egger, er wolle sich nicht an einer Personaldebatte beteiligen, nur um danach Doskozil ausdrücklich zu loben.

Der Schlussakt lässt einstweilen noch auf sich warten, die Komparsen mit Dolchstoßfähigkeiten zieren sich noch. Seltsamerweise findet sich in der SPÖ niemand, der sich an der Personaldebatte beteiligen möchte, die ständig geführt wird. Mit Solidaritätsbekundungen könnte Rendi-Wagner mittlerweile wohl ihr Wohnzimmer tapezieren – die Küche mit schlechten Umfragewerten.
Ob sich Doskozil mit dem Dauerfeuer einen Gefallen getan hat, wird die Zeit weisen. Wenn er es nicht selber macht, wird er jemanden präsentieren müssen, der Rendi-Wagners Werte überflügeln kann und sich nicht bis zur Wahl abnutzt. Sein politischer Kreditrahmen bei Peter Kaiser dürfte sich nun auch nicht gerade erweitert haben. Es steckt noch viel Potenzial in diesem Drama.

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