Meinung

Die SPÖ ist ein Bastlertraum

15.03.2023 • 16:47 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
<span class="copyright">Neue</span>
Neue

Die SPÖ wird so oder so potenzielle Wähler verlieren und andere gewinnen – am Ende zählt die Summe.

Während es in anderen Demokratien völlig normal ist, dass sich mehrere Personen um die Führung in einer Partei bewerben, löst die Kandidatur Hans Peter Doskozils für den Bundesparteivorsitz der SPÖ in Österreich größere Debatten aus. Hierzulande haben sich die monarchischen Zustände schon so zementiert, dass innerparteiliche Demokratie geradezu gefährlich wirkt.
Mit schnellen Führungswechseln strahlt eine Partei Geschlossenheit aus. Auch nach innen kann das förderlich sein, wenn man nicht nur geschlossen wirkt, sondern es auch ist. Bei der SPÖ war zuletzt beides nicht mehr der Fall. Sie ist ein politischer Bastlertraum, der auch einem neuen Vorsitzenden viel Zeit abverlangen würde. Aktuelle Führungsstreit wird Spuren hinterlassen. Die bisherigen Parteivorsitzenden wurden in der Regel auf Zuruf der Vorgänger oder großer Landesparteien installiert. Werner Faymann hatte zuletzt nicht nur inhaltlich, sondern auch strukturell so wenig Substanz, dass ihn der Fahrtwind eines Railjets umwehen konnte.

Die letzte Kampfabstimmung um den Vorsitz der SPÖ gewann Bruno Kreisky. Das mag Doskozil Hoffnung geben. Den zuständigen Parteitag umging er geschickt mit seiner Forderung nach einer Mitgliederbefragung. Das mag nicht sonderlich elegant gewesen sein, war aber wohl die einzige Möglichkeit, die Sache für ihn zu entscheiden. Hätte der Bundesparteivorstand das Anliegen abgewiesen, wäre Doskozil zwar vorerst verhindert worden, aber zu einem möglicherweise sehr hohen Preis.

Nun kommt also die Mitgliederbefragung. Die größte Oppositionspartei hat die Schwächen der Regierung bisher weder inhaltlich noch in Umfragen für sich nutzen können. Das spricht nicht unbedingt für die aktuelle Vorsitzende. Nachdem sie in der Partei keine Hausmacht hat, wäre ihre Niederlage für die SPÖ strukturell leichter zu verkraften. Sie hätte noch ihr Nationalratsmandat, Doskozil hingegen wäre ein gekränkter Landeshauptmann mit der letzten absoluten Mehrheit in einem Landtag. Das wäre ein komfortables Gut Aiderbichl, um die eigenen Wunden zu lecken und den anderen neue zuzufügen.

Gewinnt Doskozil, tut sich links der SPÖ eine Spalte weiter auf, die in Umfragen schon jetzt zu sehen ist und in der die Bierpartei oder eine andere linke Liste stoßen könnte. Die Grünen werden der Sozialdemokratie bei der nächsten Nationalratswahl in der aktuellen Aufstellung eher nicht schaden. Wenn sie mit Leonore Gewessler als Spitzenkandidatin antreten, hätten sie aber ein für die SPÖ potenziell gefährliches Angebot an frustrierte Rendi-Wagner-Anhängerinnen.

Die SPÖ wird so oder so potenzielle Wähler verlieren und andere gewinnen – am Ende zählt die Summe. Rendi-Wagner würde bei Frauen und städtischen Eliten vermutlich besser abschneiden, hier gäbe es bei der nächsten Wahn auch einige Stimmen von den Grünen zu holen. Doskozil aber kann rechts der Mitte auf Stimmenfang gehen – ein Wählerreservoire, das in Österreich traditionell vielversprechender ist.

Du hast einen Tipp für die NEUE Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@neue.at.