Eine Wahl ohne Ziel und Ergebnis

Eine Befragung, von denen man zunächst nicht weiß, wer antreten soll, endet damit, dass niemand weiß, wer sie gewonnen hat.
Für die SPÖ ist nach der Wahl vor der Wahl – wobei die Mitgliederbefragung natürlich keine Wahl war, sondern eine Befragung, wie man stets bei jenen betont, die ihr Ergebnis nicht weiter beachten möchten.
Wie am Sand diese Partei eigentlich ist, wurde mir selbst erst gestern wieder bewusst, als der offizielle SPÖ-Account auf Twitter auf einen meiner Tweets antwortete. Ich will mich weder in falscher Bescheidenheit noch in echter Arroganz üben, aber der offizielle Kanal der zweitstärksten Partei sollte nicht unbedingt darauf einsteigen, wenn der Chefredakteur der kleinsten Tageszeitung Österreichs online eine spitze Bemerkung abgibt. Vor einigen Tagen war die SPÖ auf Twitter bereits mit einem Ad-hominem-Beitrag gegen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) negativ aufgefallen und hatte sogar die Kritik eigener Funktionäre einstecken müssen. Es scheint ein Symbol für den inneren Zustand der Sozialdemokratie zu sein, die nach langem Hin und Her über den Befragungsmodus über den Parteivorsitz, auch noch Wochen brauchte, um zu einem Ergebnis zu kommen, das nun keines ist.
Am erstaunlichsten war, dass niemand vorab etwas zum Ausgang gesteckt bekommen hatte, was vermutlich daran lag, dass die SPÖ selbst das Ergebnis nicht kannte. Politische Parteien sind leider oft sehr tratschsüchtige und intrigante Vereine – das wird sich in der kommenden Zeit wohl wieder zeigen. Mit dem relativen Sieg von Hans Peter Doskozil ist die Sache nämlich noch lange nicht vorbei. Der vielleicht lachende Zweite, Andreas Babler, umgarnt bereits die Sympathisanten der unterlegenen Pamela Rendi-Wagner – das wird dem erstplatzierten Burgenländer, der mit dem Dolch im Gewande zur unterlegenen Parteichefin schritt, deutlich schwerer fallen.
Um bei antiken Beispielen zu bleiben: Keiner der Mörder Cäsars hat sich am Ende durchgesetzt. Das mag, aber muss diesmal nicht so sein – immerhin hat Doskozil die meisten Stimmen geholt und man müsste der Basis und der Öffentlichkeit schon erklären, warum es dann plötzlich der Drittplatzierte werden sollte, nur weil er vor dem Parteitag am erfolgreichsten fraktioniert hat, wie man das in der SPÖ nennt. Eine zweite Mitgliederbefragung lehnte Doskozil ab und soll sogar mit Rückzug gedroht haben. Mit etwas mehr Diversität hätte die Geschichte das Zeug zur Netflix-Serie. Am Ende müssten da Babler und Doskozil vielleicht heiraten – das scheint in der Realität zumindest politisch eher ausgeschlossen.
Rendi-Wagner hat ihren Rückzug angekündigt. Das hat sie auch schon vor der Befragung, aber hierzulande soll das nichts heißen. Es wurde ja auch schon einmal ein designierter Oppositioneller Bundeskanzler. Man merkt: die Nachgereihten haben bei uns oft das Lachen. Es ist schon ein sehr seltsames Land mit seltsamen Parteien, mit Wahlen, die keine sind, von denen man zunächst nicht weiß, wer antreten soll, nur um am Ende nicht zu wissen, wer sie gewonnen hat.
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