Österreich

VfGH kippt Cofag-Konzept

17.10.2023 • 23:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Der VfGH kippte die Geldverteilung durch die Cofag. <span class="copyright">APA/Helmut Fohringer</span>
Der VfGH kippte die Geldverteilung durch die Cofag. APA/Helmut Fohringer

Der Verfassungsgerichtshof erklärt die Verteilung der Corona-Hilfen für verfassungswidrig.

Die Geschichte der Probleme mit der Cofag beginnt im Kabinett von Michael Spindelegger. Im Büro des damaligen Finanzministers arbeiteten vorwiegend männliche, fesche, junge und aufstrebende Hoffnungsträger der Volkspartei – wie Thomas Schmid oder Bernhard Perner. Während Schmid mittlerweile mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) kooperiert und sich als Kronzeuge gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz anbietet, steht Perner im Zentrum anderer Probleme.

Zu viel bekommen

Der studierte Chemiker wird 2016 als Geschäftsführer der Abbag bestellt. Diese Gesellschaft dient vor allem zur Abwicklung der maroden Kärntner Hypo-Alpe-Adria. Als die Covid-19-Pandemie ausbricht, Geschäfte schließen und Produktionen stillgelegt werden müssen, gründet die Republik Ende März 2020 eine weitere Gesellschaft – die Cofag. Als Tochter der Abbag soll sie die Auszahlung von Corona-Hilfen abwickeln. Perner wird, neben seinem Job bei der Abbag, einer von zwei interimistischen Geschäftsführern.

Nach einem außergewöhnlich langen Bestellungsverfahren wird Perner mit 1. Jänner 2021 definitiv als Cofag-Geschäftsführer mit einem Jahresbezug von 253.000 Euro brutto bestellt. Der Rechnungshof bewertet Perners bis dahin geltenden Interimsvertrag später als „nicht sachgemäß“. Durch den langen Bestellungsvorgang habe er monatlich 8750 Euro zusätzlich verdient. Ein Überbezug von 80.000 Euro wird laut Finanzministerium später zurückbezahlt. Perner verlässt die Cofag Mitte 2022.

Erstes Scheitern vorm VfGH

Bereits damals geht die Kritik an der Gesellschaft aber über die Bestellung des Geschäftsführers hinaus. „Sie ist erstens vollkommen intransparent, zweitens alles andere als treffsicher bei der Vergabe der Corona-Hilfen und drittens lediglich ein weiterer Selbstbedienungsladen für die türkise Familie“, erklärt Neos-Budget- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer damals gegenüber der Kleinen Zeitung.

Neue Judikatur

Ein Antrag der Oppositionsparteien beim Verfassungsgerichtshof scheitert 2021 jedoch. Ansprüche auf Förderungen könnten Unternehmen im ordentlichen Rechtsweg geltend machen, heißt es da vom Höchstgericht. Auch in der Ausgliederung an eine privatrechtliche Gesellschaft sieht man kein fundamentales Problem.

Offenbar stellt die Opposition damals die falschen Fragen, denn die Bewertung der Cofag durch den VfGH hat sich zwei Jahre später deutlich gewandelt. Wie am Dienstag verlautbart, hebt der Verfassungsgerichtshof nun doch etliche Bestimmungen im Abbag-Gesetz auf, darunter auch solche, gegen die er 2021 noch keine Bedenken gehegt hatte. Während es für den VfGH damals „unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden“ ist, dass „der Gesetzgeber der Vollziehung nach dem Abbag-Gesetz entsprechende Spielräume bei der Gewährung der unterschiedlichen finanziellen Maßnahmen“ einräumt, ist nun im Gegenteil für ihn klar, „dass die Übertragung der privatwirtschaftlichen Tätigkeit des Bundes auf die Cofag im Widerspruch zum Sachlichkeitsgebot steht“.

Hilfen werden weiter ausbezahlt

Im Kern hebt der Verfassungsgerichtshof Teile des Abbag-Gesetzes auf, über die die Cofag-Förderungen abgewickelt werden. Es sei verfassungswidrig, Verwaltungsaufgaben in diesem Ausmaß an eine GmbH auszugliedern. Außerdem müssten Unternehmen einen Rechtsanspruch auf Entschädigungen haben. Das Gesetz schließt das bisher aus. Als gesetzwidrig erweist sich auch, dass die Cofag keinen Weisungen des Finanzministers unterliegt. Auch sei es gleichheitswidrig, Unternehmen kategorisch von Hilfen auszuschließen, wenn es Finanzstrafverfahren gegen sie gäbe.

Für die Cofag bedeutet diese Entscheidung das Ende – doch es kommt nicht sofort. Der Verfassungsgerichtshof hat dem Parlament eine großzügige Reparaturfrist von einem Jahr eingeräumt, „weil der Gesetzgeber auf Grund dieses Erkenntnisses gehalten ist, für die weitere Ausübung der aktuell der Cofag übertragenen Tätigkeiten und die (voraussichtlich notwendige) Abwicklung der Cofag nähere Regelungen zu erlassen.“

Die Corona-Hilfen können bis dahin also weiter ausbezahlt werden. In einer unüblichen, dem Erkenntnis angehängten Erklärung hält das Gericht sicherheitshalber fest, dass die Cofag dadurch „nicht gehindert ist, weiterhin – bis zur gesetzlichen Neuregelung – die ihr bisher übertragenen Tätigkeiten auszuüben.“ Auch für andere Förderungen und Ausgliederungen könnte die Entscheidung richtungsweisend sein.