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Aserbaidschan begann “Anti-Terror-Einsatz” in Berg-Karabach

19.09.2023 • 14:20 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
ARMENIA-AZERBAIJAN-KARABAKH-CONFLICT
ARMENIA-AZERBAIJAN-KARABAKH-CONFLICT APA/AFP/KAREN MINASYAN

In Stepanakert waren Explosionen zu hören.

Aserbaidschan hat nach eigenen Angaben am Dienstag mit “Anti-Terroreinsätzen” in der Region Berg-Karabach begonnen. Die Einsätze richteten sich gegen armenische Kräfte, teilte das Verteidigungsministerium in Baku mit. In Stepanakert, der Hauptstadt der zwischen beiden Ländern seit Jahrzehnten umstrittenen Region, waren nach Angaben eines AFP-Reporters Explosionen zu hören. Die in Armenien ansässige Vertretung Berg-Karabachs sprach von einer “groß angelegte Militäroffensive”.

“Intensiver Beschuss”

Mehrere Städte Berg-Karabachs seien nach Angaben örtlicher Behördenvertreter von Aserbaidschan angegriffen worden. “Im Moment stehen die Hauptstadt Stepanakert und andere Städte und Dörfer unter intensivem Beschuss”, so die Vertretung auf Facebook.

Zuvor waren aserbaidschanischen Angaben zufolge sechs Menschen bei Minenexplosionen getötet worden. Aserbaidschanische Sicherheitskräfte hatten mitgeteilt, zwei Zivilisten seien auf einer Straße in Richtung der Stadt Schuscha im aserbaidschanisch kontrollierten Teil Berg-Karabachs durch eine von armenischen “Sabotagegruppen” gelegte Mine getötet worden. Vier Polizisten wurden demnach später auf dem Weg zum Explosionsort bei einer weiteren Minenexplosion getötet.

Nach eigenen Angaben hat Baku Russland und die Türkei, die Schutztruppen bzw. Beobachter in der Konfliktregion stellen, über den “Anti-Terror-Einsatz” informiert. Es handle sich um eine “Anti-Terror-Operation lokalen Charakters zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung” in der Region. Man wolle den nach dem letzten Berg-Karabach-Krieg 2020 im Waffenstillstand festgeschriebenen Rückzug armenischer Truppen aus dem Gebiet durchzusetzen. Es werde nur auf militärische Ziele geschossen, behauptete das aserbaidschanische Verteidigungsministerium. Den Angaben aus Baku zufolge wurden zuvor zunächst eigene Stellungen von armenischer Artillerie angegriffen und mehrere Soldaten verletzt.

Humanitäre Korridore

Nach weiteren Angaben des aserbaidschanischen Verteidigungsministeriums wurden humanitäre Korridore eingerichtet, damit Zivilisten die umkämpften Gebiete verlassen könnten. Das aserbaidschanische Außenministerium teilte mit, der einzige Weg, um Frieden herzustellen, sei der komplette Abzug armenischer Kräfte aus Berg-Karabach. Das “Separatistenregime” in Berg-Karabach müsse aufgelöst werden. Das armenische Verteidigungsministerium erklärte, man habe keine Kräfte in Berg-Karabach.

Armenien hatte sich zuletzt wegen des großen Aufmarsches aserbaidschanischer Truppen an seinen Grenzen besorgt gezeigt. Auf der anderen Seite in Aserbaidschan nannte das Außenministerium in Baku wiederum die Konzentration armenischer Truppen an der Grenze die größte Bedrohung für die Stabilität der Region.

Das christlich-orthodoxe Armenien und das muslimische Aserbaidschan, beides im Südkaukasus gelegene Ex-Sowjetrepubliken, sind seit langem verfeindet, wobei nach einem Krieg Anfang der 1990er Jahre um die zu Aserbaidschan gehörende, mehrheitlich aber von Armeniern bewohnte Region Berg-Karabach zunächst Armenien die Oberhand hatte. In einem zweiten Krieg 2020 siegte das mit Geld aus dem Öl- und Gasgeschäft hochgerüstete Aserbaidschan und eroberte Teile von Berg-Karabach und eigenes Territorium zurück. In kürzeren Militäraktionen danach besetzte Baku auch etwa 150 Quadratkilometer armenisches Staatsgebiet.