Steiniger Weg zur Kür des neuen Parteichefs

Im Beisein von Bundesparteichef Andreas Babler soll heute Mario Leiter zum neuen SPÖ-Landesparteichef gewählt werden.
Einen neuen Parteichef gibt es heute für die Vorarlberger Sozialdemokraten. Beim Landesparteitag in Bregenz soll am Vormittag der Bludenzer Mario Leiter zum Landesparteivorsitzenden gewählt werden und somit die Dornbirnerin Gabriele Sprickler-Falschlunger ablösen. Es soll der Schlusspunkt einer beinahe schon unendlichen Geschichte sein, die ihren Ausgang im Jahr 2020 genommen hat. Der Weg zum Ziel war jedoch gesäumt von internen Streitigkeiten, einem Abhörskandal und der Kür einer Übergangsparteichefin, die eigentlich schon mit der Politik abgeschlossen hatte.
Rückzug
Alles begann mit dem Wahlerfolg des damaligen SPÖ-Parteichefs Martin Staudinger. Er wurde am 27. September 2020 in der Marktgemeinde Hard zum Bürgermeister gewählt. Schon vor dem Urnengang hatte er angekündigt, das Amt als SPÖ-Vorsitzender abgeben zu wollen, sollte er Gemeindeoberhaupt der Bodensee-Gemeinde werden. Ein Jahr später – im Oktober 2021 – sollte auf einem Parteitag der neue Chef oder die neue Chefin gekürt werden.
Von Staudinger wurde für seine Nachfolge der Dornbirner Thomas Hopfner auserkoren. Dieser hatte im November 2020 das Landtagsmandat von Michael Ritsch übernommen, der sich auf seine Tätigkeit als neuer Bürgermeister in Bregenz konzentrieren wollte. Von Staudinger erbte Hopfner zudem das Amt des SPÖ-Klubobmanns. Mit der öffentlichen Ankündigung seiner Präferenz für Hopfner als Parteichef im Sommer weit vor dem Parteitag tat sich der Harder Bürgermeister jedoch keinen Gefallen. Denn innerhalb der Partei formierte sich Widerstand gegen seinen Alleingang. Die Basis wollte bei der Suche nach der neuen Führungspersönlichkeit mitreden. Mario Leiter brachte sich mit Unterstützung einiger Ortsgruppen – unter anderem jener aus Bregenz – in Stellung, um ebenfalls ins Rennen um den Vorsitz zu gehen.

Im September 2021 eskalierte der Konflikt schließlich. Vorwürfe wurden laut, ein Telefongespräch zwischen Hopfner und Ritsch sei ohne das Wissen des Bregenzer Bürgermeisters von einer weiteren Person aufgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf. Ritsch legte seine Funktionen in der Landespartei zurück. Hopfner wehrte sich gegen die Vorwürfe, an der Aufzeichnung oder der Weitergabe des Telefongesprächs beteiligt gewesen zu sein. Es stand sogar die Aufhebung der parlamentarischen Immunität des Landtagsabgeordneten im Raum. Schlussendlich zog Ritsch jedoch die Ermächtigung zur Strafverfolgung im November 2021 zurück. Die Behörden stellten die Ermittlungen ein. Er habe sich für den Frieden in der Partei entschieden, lautete die Begründung des Bregenzer Bürgermeisters.
Kompromisskandidatin
Beim Landesparteitag führten die internen Streitigkeiten schließlich dazu, dass gleich fünf Kandidatinnen und Kandidaten ins Rennen gingen. Leiter war jedoch nicht unter ihnen. Neben Hopfner bewarben sich noch der Lochauer Robert Bedjanic, die Gaißauerin Angelika Mayr und der Götzner Alp Sanlialp. Die Konkurrenten des Landtagsklubobmanns waren auf Landesebene weitgehend unbeschriebene Blätter. Lediglich Sanlialp hatte zuvor bereits als Vorsitzender der „Jungen Generation der SPÖ“ auf sich aufmerksam gemacht. Beinahe in letzter Sekunde warf auch noch die frühere Parteivorsitzende und ehemalige Landtagsabgeordnete Gabriele Sprickler-Falschlunger ihren Hut in den Ring. Sie war von zahlreichen Parteimitgliedern dazu aufgefordert worden, als Übergangschefin und Kompromisskandidatin für Ruhe in der SPÖ zu sorgen und einen neuen Chef oder eine neue Chefin zu finden. Bei der Wahl zum Landesparteivorsitz setzte sie sich schließlich deutlich gegen Hopfner und Mayr durch. Bedjanic und Sanlialp hatten ihre Kandidatur zuvor bereits zurückgezogen und eine Wahlempfehlung für Sprickler-Falschlunger abgegeben.

„Wilder“ Abgeordneter
Weitreichende Folgen hatte der Parteitag für Hopfner. Bei der Wahl gaben ihm lediglich 33 von 162 Delegierten ihre Stimme. Seine Kandidatur für einen der Stellvertreterposten der neuen Parteichefin blieb erfolglos. Die Genossinnen und Genossen erteilten ihm eine Abfuhr und verweigerten ihm die Zustimmung. Im November trat Hopfner aus der SPÖ aus, behielt allerdings sein Landtagsmandat. Seitdem sitzt er als „wilder“ – also fraktionsloser – Abgeordneter im Landesparlament.
Innerhalb der SPÖ glätteten sich unter der neuen, altbekannten Parteichefin jedoch die Wogen. Die Suche nach einer langfristigen Lösung für den Vorsitz zog sich jedoch hin. Während die Gerüchteküche brodelte, versuchte Sprickler-Falschlunger die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen und vermied es, öffentlich Namen zu nennen. Die Suche nach einem oder einer neuen Vorsitzenden sollte in den internen Gremien vonstatten gehen und nicht in der Öffentlichkeit. Schlussendlich war die Suche jedoch von Erfolg gekrönt.
Comeback
Mario Leiter wurde im vergangenen Juni im erweiterten SPÖ-Landesvorstand zum designierten Parteichef ernannt. 32 von 37 Anwesenden stimmten damals für den Bludenzer, der sich eigentlich aus der Politik zurückgezogen hatte, um sich auf seinen Job in seiner Heimatstadt zu konzentrieren. Dort ist er nämlich seit Mai 2021 Kommandant der Stadtpolizei. Bei einer Pressekonferenz anlässlich seiner Wahl zum designierten Parteichef im heurigen Juni begründete der 58-Jährige seine Rückkehr auf die politische Bühne damit, dass es eine Alternative zur in Bund und Land betriebenen Politik brauche. Aus diesem Grund wolle er wieder mitgestalten.
Im Rahmen der Pressekonferenz gab Sprickler-Falschlunger ihren endgültigen Rückzug aus der Politik bekannt. Die Gräben, welche bei den Querelen rund um den Parteitag 2021 entstanden sind, seien wieder zugeschüttet worden, sagte die Dornbirnerin. Es seien zwar Spuren zurückgeblieben, allerdings nur wenige. Vor allem Landtagsabgeordnete Manuela Auer habe sich darum bemüht, dass die menschlichen Konflikte innerhalb der Partei überwunden werden. Mit der Wahl von Mario Leiter zum neuen Parteivorsitzenden sollen nun endgültig die Weichen für die Zukunft gestellt werden.