Sonderlandtag sorgte für breites Medienecho

Hartinger
Das Interesse an der ÖVP-Affäre geht weit über die Landesgrenzen hinaus.
Während der Hinweis auf die außerordentliche Sitzung des Landtages zur Affäre rund um den ÖVP-Wirtschaftsbund nach deren Ende rasch von der Homepage des Landes verschwunden war und sie sich auch auf der Seite des Landtages nur noch im Videoarchiv finden ließ, stieß sie über die Grenzen Vorarlbergs hinaus auf ein breites mediales Echo.
Im Fokus der Bundesmedien
Die Grünen forderten zwar Aufklärung, „die Koalition scheint aber trotz schwerer Vorwürfe nicht gefährdet“, berichtet die Kleine Zeitung. Dabei hätten gerade die Grünen schon vor Jahren die Aktivitäten des Wirtschaftsbundes kritisiert. „Im Bund hat es Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt, dem Finanzministerium und der ÖVP-Parteizentrale gebraucht, damit die Grünen dem Koalitionspartner mit der Reißleine drohten. Sollten auch gegen Wallner Korruptionsermittlungen aufgenommen werden, könnte der Regierung im Ländle ein ähnliches Szenario drohen“ so die Zeitung weiter. Wallner lasse die Rücktrittsaufforderungen „an sich abprallen“, konstatiert die Presse und zeigt sich irritiert, wie unumwunden Landesrat Marco Tittler einräumte, dass der Wirtschaftsbund den Kaffee in seinem Büro bezahlt habe.
Die Oberösterreichischen Nachrichten fassen die Vorwürfe und Wallners Reaktion zusammen: „Wallner legte zuletzt mit der Ankündigung für eine Prüfung des Wirtschaftsbundes durch eine externe Kanzlei … nach. Was auf die Meldung von weiteren Ungereimtheiten zurückzuführen sein dürfte. So soll Kessler für ein privates Immobiliengeschäft von der VP-Teilorganisation ein Darlehen über 250.000 Euro erhalten haben – mit unklaren Tilgungskonditionen. Karlheinz Rüdisser und dessen Nachfolger Marco Tiller sollen als Wirtschaftslandesräte vom Wirtschaftsbund Direktzahlungen für Veranstaltungen erhalten haben.“
Fabian Schmid fällt in einem Kommentar im Standard ein vernichtendes Fazit: „ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück meint, man beleidige die ,Intelligenz der Unternehmer‘, wenn man behaupte, diese hätten Druck verspürt. Wallner selbst meinte, er sei ja nicht ,der oberste Buchhalter der Nation‘. Das hat mit Aufklärungswillen nichts zu tun, sondern ist das Strampeln von Ertrinkenden. Wie dominant aber die Volkspartei trotz ihrer Notlage noch ist, merkt man an merkwürdigen Floskeln der Konkurrenz, die betont, dass sie ,Markus (Wallner) als Menschen‘ schätze (Neos) oder ÖVP-Unterstützer, ,die man liebt‘, in der Familie habe (Grüne) – fast als entschuldige man sich für Kritik an der ÖVP.“
Analyse aus der Schweiz
Ebenso kritisch fiel die Berichterstattung des Schweizer Rundfunks SRF aus, der auf seiner Webseite über die Causa berichtete. Wallners Stuhl wackle, so der öffentlich-rechtliche Sender.
Die Vorwürfe zeigten „einmal mehr ein düsteres Sittenbild: Die Vorarlberger ÖVP soll sich wie die nationale Partei unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz ungeniert selbst bedient haben. Noch ist nichts bewiesen. Aber es ist viel belastendes Material ans Tageslicht gekommen. Und die Republik fragt sich einmal mehr, was man tun müsste, um Abhilfe zu schaffen.“
Landeshauptmann Markus Wallner weise zwar alle persönliche Schuld von sich: „Doch wenn dem so ist, dann könnte ihn bald der Vorwurf treffen, dass er in seinen mehr als zehn Amtsjahren nicht gemerkt hat, welch unlautere Machenschaften unter seiner Führung in Partei und Umfeld gang und gäbe waren.“