Alkoholverbot in Feldkirch droht zu kippen

Das Alkoholverbot am Feldkircher Bahnhof droht an einem Formfehler zu scheitern.
Nachdem auf der Karte zum Alkoholverbot am Feldkircher Bahnhof bereits ein Halbkreis auf dem Areal vergessen worden war, der deshalb versehentlich vom Verbot ausgenommen blieb, ergibt sich nun das nächste juristische Problem für die Stadt. Diesmal ist allerdings die gesamte Verordnung davon betroffen.
Jedermann kundzutun
Damit die Bevölkerung auch weiß, an welche Gesetze und Verordnungen sie sich zu halten hat, müssen diese veröffentlicht werden – man spricht hierbei von Kundmachung. Wie und wo diesem Publizitätsgebot zu entsprechen ist, wird jeweils gesetzlich geregelt.
So müssen beispielsweise Bundesgesetzte im Bundegesetzblatt online kundgemacht werden, gleiches gilt für Landesgesetze und das Landesgesetzblatt. Auch „Verordnungen der Gemeindeorgane bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der öffentlichen Kundmachung“, wie es im Gemeindegesetz heißt. Was diese Vorgabe betrifft, dürfte in Feldkirch beim jüngst beschlossenen Alkoholverbot am Bahnhof allerdings etwas schiefgelaufen sein.
Unvollständig angeschlagen
Die Stadtvertretung hatte in ihrer Sitzung vom 5. Juli beschlossen, den Alkoholkonsum am Bahnhofsareal zu verbieten. Als Begründung wurden mehrere Polizeieinsätze angeführt, die von Alkoholisierten verursacht worden waren, aber auch Beschwerden der Betreiber der neuen Bahnhofcity. Die Grünen kritisierten die Ausgrenzung der hauptsächlich betroffenen Kundschaft des Caritas-Cafés beziehungsweise der Suchthilfe Hiob.
„Die Kundmachung im elektronischen Verordnungsblatt reicht nicht.“
Peter Bußjäger, Verfassungsjurist
Nachdem die Stadtvertretung die Verordnung mit den Stimmen der schwarz-blauen Koalition erlassen hatte, musste der Beschluss öffentlich ausgehängt werden, wie es das Gemeindegesetz vorschreibt: „Die Kundmachung hat, soweit nichts anderes bestimmt ist, durch Anschlag an der Amtstafel zu erfolgen.“ Die Stadt Feldkirch ist dieser Vorgabe aber nur teilweise nachgekommen. Sie hat zwar den Verordnungstext an der Amtstafel angeschlagen, die Anlage dazu aber nicht. Diese legt jedoch mit Hilfe einer Übersichtskarte fest, wo die Verordnung überhaupt gilt. In der Verordnung heißt es dazu nur: „Der Geltungsbereich dieser Verordnung erstreckt sich auf die in der Anlage ausgewiesenen Bereiche beim Bahnhof in Feldkirch.“ Aus dem Text allein ergibt sich also nicht, wo genau der Konsum alkoholischer Getränke nun erlaubt ist und wo nicht.

Bei der Stadt sieht man darin kein Problem, man habe die Verordnung ja auch online veröffentlicht: „Das ist unserer Ansicht nach ausreichend.“ Dass die Verordnung nicht vollständig an der Amtstafel ausgehängt wurde, entspreche allerdings nicht den gesetzlichen Anforderungen, erklärt Verfassungsjurist Peter Bußjäger auf NEUE-Anfrage. Die Kundmachung im elektronischen Verordnungsblatt allein reiche nicht aus, so der Innsbrucker Universitätsprofessor.
Auflegen reicht nicht
Zwar lässt es das Gesetz ausnahmsweise auch zu, Verordnungen, die zu umfangreich sind, um sie auszuhängen, im Rathaus zur Einsicht aufzulegen – das wiederum muss aber ebenfalls an der Amtstafel angekündigt werden.
Bußjäger sieht auch abgesehen davon die Vorgabe „nicht als erfüllt, wonach Verordnungen auf andere Weise kundgemacht werden dürfen, wenn sie ihrer Art nach oder wegen ihres Umfanges nicht an der Amtstafel angeschlagen werden können.“ Dass der Inhalt der Verordnung zu ausgedehnt war, um ihn auszuhängen, wäre auch schwer zu argumentieren: Der Lageplan wird auch in der PDF-Version nur auf einer DIN-A-3-Seite dargestellt. Auch sind Pläne dieser Größe regelmäßig an der Amtstafel zu finden. Insgesamt nimmt die vollständige Verordnung gerade einmal die Fläche von vier Blatt Papier ein.
Aufhebung wahrscheinlich
Für die Stadt dürfte das unangenehme Folgen haben: Ein derartiger Kundmachungsmangel hat nach langjähriger höchstgerichtlicher Rechtsprechung die Gesetzwidrigkeit der Verordnung zur Folge. Wer wegen eines Verstoßes gegen das Verbot bestraft wird, hat somit gute Karten vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH). Dieser hat in ähnlich gelagerten Fällen in der Vergangenheit hohe Maßstäbe an die die „gehörige Kundmachung“ angelegt. So hob er beispielsweise 1997 eine Kärntner Wasserschongebietsverordnung auf, weil „das Fehlen der Übersichtskarte in der ursprünglichen Verlautbarung einen Kundmachungsmangel“ begründet habe. Auch in diesem Fall reichte dem VfGH das Auflegen der Pläne bei der Behörde nicht aus.
Einfach neu aushängen wird man die Verordnung allerdings nicht können, da es im Gemeindegesetz keine Grundlage für die Sanierung von Kundmachungsmängeln gibt. Die Stadtvertretung wird die Verordnung also erneut beschließen müssen.
Bußjäger hätte auch abseits des Kundmachungsmangels einen Verbesserungsvorschlag für die Feldkircher Alkoholverbotsverordnung: „Aus der planlichen Darstellung im Internet kann nur der Ortskundige entnehmen, wo der Bahnhof sein dürfte und wo der Verbotsbereich endet.“ Es wäre besser gewesen, den Geltungsbereich auch sprachlich zu umschreiben, so der Jurist.
Verordnung bleibt vorerst verbindlich
Ein Kundmachungsmangel einer Verordnung bedeutet nicht automatisch, dass diese nicht verbindlich wäre. Gerichte und Behörden müssten sie nur dann nicht anwenden, wenn sie kein Mindestmaß an Öffentlichkeit erreicht hätte, etwa weil sie nicht einmal online veröffentlicht wurde. Allerdings können Betroffene und Gerichte beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Verordnungen wegen eines Kundmachungsmangels beantragen.
Grüne fordern Ende des Verbots
Bei „Feldkirch Blüht“, den Grünen in der Montfortstadt, tritt man nun für ein generelles Überdenken der Verordnung ein: „Das Alkoholverbot war von vornherein ein Fehler. Es löst keine Probleme, sondern ist eine Scheinlösung“, so Stadtrat Clemens Rauch. Stattdessen brauche man dringend eine Quartiersbetreuung und wirksame Sozialarbeit. Die Grünen fordern seit längerem ein Stadtteilbüro am Bahnhof. „Wir sollten diesen Formalfehler nutzen, um das Alkoholverbot hinter uns zu lassen und über echte Lösungen zu reden“, meint Rauch.
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