Vier Fragen zur Agrargemeinschaft

Feldkirch streitet über ein Gutachten, das der Stadt weite Flächen der Agrargemeinschaft Altenstadt zuspricht.
Feldkirch diskutiert das Verhältnis zwischen Agrargemeinschaft und Stadt. Grundstücke, die an erstere übertragen wurden, könnten wieder zurückgefordert werden, erklärt ein Rechtsgutachten der Stadt. Doch die Politik hat bisher weder gehandelt noch das Gutachten veröffentlicht.
1. Worum geht es beim Streit ums Wasser?
In den Jahren 1959 und 1960 sollte zwischen der Stadt Feldkirch und der Agrargemeinschaft Altenstadt eine sogenannte Hauptteilung durchgeführt werden. Durch diese Vereinbarung sollten die Grundstücke bestimmt werden, die zum Teil der von den Nazis aufgehobenen Altgemeinde Altenstadt als Gemeindegut gehört hatten oder von dieser genutzt worden waren und nun der Agrargemeinschaft Altgemeinde gehören sollten. Die Agrargemeinschaft erhielt insgesamt etwa 1300 Hektar ins Eigentum übertragen. Doch nur etwa 634 Hektar davon hatten auch wirklich der früheren Altgemeinde Altenstadt gehört. 672 Hektar standen zuvor im Eigentum des Illbaufonds und knapp 18 Hektar hatten der Stadt Feldkirch gehört. Davon erhielt sie nur etwa zwei Hektar im Bereich des heutigen Waldstadions zurück, der Rest wurde der Agrargemeinschaft gegeben. In ähnlich gelagerten Fällen hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass die Übertragung solcher Flächen an Agrargemeinschaften rechtswidrig war, weil der Substanzwert nicht im Sinne der Gemeinde berücksichtigt wurde. Das bedeutet, die Stadt Feldkirch könnte die Rückübertragung der Flächen erreichen, wenn sie vor das Höchstgericht zieht und dieses den Bescheid der damaligen Agrarbezirksbehörde über die Hauptteilung aus dem Jahr 1960 aufhebt.

Ähnlich verhält es sich mit den Flächen der Agrargemeinschaften in den Feldkircher Stadtteilen Tisis und Tosters. Stattdessen wurde ein Vertrag zwischen der Stadt und der Agrargemeinschaft geschlossen, der die Stadt dazu verpflichtet für die Trinkwassernutzung auf dem Gebiet eine Entschädigung von 5,3 Millionen Euro an die Agrargemeinschaft zu zahlen. Die Feldkircher Opposition kritisiert, dass die Feldkircher Bürger hier Geld für die Nutzung von Flächen zahlen, die ohnehin der Allgemeinheit gehörten – wenn die Stadt den Rechtsweg beschreiten würde.
2. Was steht im viel diskutierten Gutachten?
Das Gutachten, das die Stadt Feldkirch zur Klärung der Rechtslage in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Schluss, dass die Hauptteilung des Jahres 1960 rechtswidrig erfolgte und damit nichtig ist: „Nicht nur wurden keine einschlägigen Berechnungen durchgeführt und es wurden nur 2 ha unbelasteter Grund der Stadtgemeinde Feldkirch zugesprochen, der ihr über den Illbaufonds ohnehin schon lastenfrei gehört hatte, vielmehr wurde die neu gegründete Agrargemeinschaft Altenstadt mit Grundstücken aus dem Gemeindevermögen der Stadt Feldkirch (und des Illbaufonds) bedient.“ Demnach müssten der Stadt weite Teile der umstrittenen Flächen zustehen.
3. Warum wurde das Gutachten nicht veröffentlicht?
Der Feldkircher Stadtpolitik liegt das Gutachten seit Monaten vor. Bürgermeister Matt erklärte gegenüber der Agrargemeinschaft im April, er wolle nicht, dass dieses „medial verwertet“ sondern sachlich diskutiert werde. Die Agrargemeinschaft erhielt das Gutachten von Matt ausgehändigt. Die Stadt lehnt dessen Veröffentlichung nach wie vor ab. Auch rechtliche Schritte wurden bisher keine eingeleitet.
4. Wer hat ein Interesse am status quo?
Die Agrargemeinschaften sind einflussreich. Bürgermeister Wolfgang Matt (ÖVP) und Vizebürgermeister Daniel Allgäuer (FPÖ) sind beide Mitglieder. Matt kündigte gegenüber der Agrargemeinschaft an, die Stadt werde keine Ansprüche aus dem Gutachten stellen. Daran werde sich auch nichts ändern, „solange die politische Verhältnisse weiterhin in der Form bestehen“. So wird Matt zumindest in indirekter Rede im Protokoll einer Sitzung der Agrargemeinschaft zitiert, über das die VN zuerst berichtet hat. Von der Stadt heiß es, dass Matt in den Sitzungen des Stadtrates kein Stimmrecht habe und eine Mitgliedschaft in einer Agrargemeinschaft allein noch keine Befangenheit begründe. Trotzdem hat sich Vizebürgermeister Daniel Allgäuer (FPÖ) – er ist wie Matt ebenfalls Spälterbürger, also Mitglied der Agrargemeinschaft Altenstadt bei Abstimmungen zum Thema für befangen erklärt, als er Funktionär der Agrargemeinschaft war. Die Feldkircher Grünen kritisieren in einer Aussendung Bürgermeister Matt scharf. Dessen Aussagen stellten die bisherigen Gespräche der Rathausfraktionen infrage, die „ohne Beteiligung von Bgm Wolfgang Matt“ in einer konstruktiven Stimmung verlaufen seien. Mit Stadtrat Benedikt König (ÖVP) sei vereinbart worden, die Ergebnisse des Gutachtens ernst zu nehmen, so Stadtrat Clemens rauch (Grüne).
SPÖ und Neos haben bereits Anfragen zum Thema im Landtag eingebracht. Sie wollen vom Land wissen, warum es als Aufsichtsbehörde keine rechtlichen Schritte eingeleitet hat und ob das Land nach wie vor an seiner Ansicht festhält, dass die Hauptteilungen in Vorarlberg sämtlich rechtmäßig waren.