Politik

Leerstandsabgabe ist laut Kritikern rechtswidrig

01.06.2023 • 09:23 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Das Land will eine Abgabe auf leerstehende Wohnungen einführen. <span class="copyright">hochmuth/apa</span>
Das Land will eine Abgabe auf leerstehende Wohnungen einführen. hochmuth/apa

Die Leerstandsabgabe sei verfassungswidrig, heißt es von mehreren Seiten.

Die Leerstandsabgabe des Landes hat im Begutachtungsverfahren Kritik von mehreren Seiten auf sich gezogen. Sie soll es den Gemeinden ermöglichen, für Zweitwohnsitze Gebühren vorzuschreiben.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Das Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit, das über dem Projekt schwebt, sprachen in ihren Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf die Rechtsanwaltskammer und die Eigentümervereinigung an. Letztere erklärte, der Abgabenhöchstsatz von 2775 Euro sei „deutlich überhöht und zielt offensichtlich und ausschließlich bei leerstehenden Wohnungen darauf ab, dass diese vermietet werden. Dies widerspricht der Bundeskompetenz für das Volkswohnwesen und dürfte daher verfassungswidrig sein“.

Tatsächlich hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) eine ähnliche Regelung in Wien bereits aufgehoben. Sobald die vom Land als Leerstandsabgabe verkaufte Zweitwohnsitzabgabe einen Lenkungseffekt in Richtung Leerstand entwickelt, wäre sie demnach verfassungswidrig. Die Landesregierung hat bisher aber keinen Hehl daraus gemacht, diesen Effekt zu beabsichtigen und stützt sich dabei auf ein Gutachten aus Tirol, nachdem eine Lenkungswirkung als Nebeneffekt zulässig sein soll. Die Eigentümervertretung ist jedoch auch der Meinung, dass ein Lenkungseffekt „nicht erzielbar ist“, was wiederum ihr Argument zur Verfassungswidrigkeit konterkariert. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass sich der VfGH bald mit der Vorarlberger Regelung auseinandersetzen wird müssen, zumal auch die Rechtsanwaltskammer diese für verfassungswidrig hält.

Körberlgeld für die Gemeinden

Zweifel an der Wirksamkeit haben auch neun Vorarlberger Bauträger – unter anderem i+R, Rhomberg und Zima – die eine gemeinsame Stellungnahme zum Gesetz abgegeben haben. Man geht nicht davon aus, „dass die Abgabe einen Wohnungseigentümer, der bisher nicht vermieten wollte, ,plötzlich‘ zum Gegenteil bewegen wird können“. Gründe für Leerstand seien vielmehr die „Angst vor Problemen mit Mietern (das Mietrecht ist eben doch sehr mieterfreundlich), hoher Sanierungsbedarf zur Herstellung der Vermietbarkeit“ oder ein möglicher Eigenbedarf in der Zukunft. Auch die Eigentümervereinigung betont das Risiko bei Vermietungen.

„Eine Leerstandsabgabe wird jedenfalls nicht imstande sein, die Bedeutung dieser Motive für den Wohnungseigentümer umzukehren“, so die Bauträger. Es gehe wohl vielmehr um ein „nettes Körberlgeld“ für die Gemeinden. Auch die Arbeiterkammer glaubt nicht, dass das Gesetz eine große Mobilisierung leerstehender Wohnungen bewirken werde, da die Abgabe dafür zu niedrig sei.
Die Bauträger halten auch jene Regelung für undurchdacht, die eine Abgabenpflicht für alle Wohnungen vorsieht, die nicht mindestens 26 Wochen im Jahr als Hauptwohnsitze genutzt werden. Demnach fielen auch Wohnungen darunter, die neu gebaut und erst am 1. September bezogen würden, weil bis Ende des Jahres keine 26 Wochen mehr übrig blieben.

Bedenken der Ministerien

Wie bereits beim Raumplanungsgesetz sieht das Justizministerium (BMJ) auch das Zweitwohnungsabgabegesetz aus datenschutzrechtlicher Sicht kritisch. Die darin vorgesehene Ermächtigung für Datenübertragungen sei zu unbestimmt – und damit potenziell verfassungswidrig. Aus Sicht des BMJ „sollte präzisiert werden, was unter ,grundstücks-, gebäude-, wohnungsbezogene(n) Daten‘ zu verstehen ist“.

Das Finanzministerium (BMF) sieht die Bundesabgabenordnung – sie regelt die Grundsätze für die Einhebung von Steuern und Abgaben – durch die geplanten Modalitäten verletzt. Dadurch wiederum werde in die, in den Finanzverfassung vorgesehene Kompetenzverteilung eingegriffen – was den Entwurf also auch aus Sicht des BMF verfassungswidrig macht.

Weitere Änderungswünsche

Auch die Gemeinden sind mit dem Gesetz, das ihnen eine neue Abgabemöglichkeit einräumen soll, nicht uneingeschränkt glücklich. Der Gemeindeverband, aber auch einzelne Gemeinden wie St. Gallenkirch und Mellau kritisieren etwa, dass die Eintragung ins Gebäude- und Wohnungsregister Voraussetzung für die Abgabe ist. Damit würde beispielsweise keine Abgabe anfallen, wenn ein Gebäude ohne Baubewilligung errichtet wurde. St. Gallenkirch merkt außerdem an, dass das Register „leider trotz großer Bemühungen nicht mit der Realität“ übereinstimme, also unvollständig sei. Auch sei der Aufwand für die Erhebung der Abgabe für die Gemeinden nicht gering.

Bregenz wiederum fürchtet, dass Zweitwohnungsbesitzer die großzügigen Ausnahmeregelungen nutzen könnten, um der Abgabe zu entgehen. So muss diese nicht bezahlt werden, wenn eine Wohnung beruflich genutzt wird. Man könne dann ja behaupten, dass man diese zum Kopieren von Schularbeiten nutze, so die Stadt.