Konkurrenz mit Vorwürfen an Bregenz

SW Bregenz hat in der laufenden Zweitliga-Saison drei Brasilianer eingesetzt, die keine Arbeitserlaubnis hatten. Kommende Woche prüft der Lizenzausschuss.
Wie von der NEUE am 20. Oktober exklusiv berichtet, wird sich der Senat 5 der Causa um die von Schwarz-Weiß Bregenz als Amateure gemeldeten Brasilianer Gabryel, Matheus Lins und Ricardo beschäftigen. Die drei standen bis Ende September im Bregenz-Kader und kamen ohne Arbeitserlaubnis zusammen bei 24 Pflichtspieleinsätzen auf 1755 Einsatzminuten.
Die Samba-Kicker verfügten nur über ein Touristenvisum, die Anträge für die Rot-Weiß-Rot-Karten liefen seit Juli, konnten aber seitens der Behörden aufgrund offener Fragen und fehlender Dokumente nicht abgeschlossen werden. Da das Touristenvisum nach drei Monaten ablief, mussten Gabryel, Lins und Ricardo Österreich im Oktober verlassen. Nach NEUE-Informationen erheben inzwischen mehrere Zweitligisten den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung an SW Bregenz, das in der 2. Liga auf Platz zwei liegt.
720 Euro oder gar nichts
Die Causa ist kompliziert und hat drei Ebenen: Verbandsrechtlich, lizenzierungsrechtlich und sozialabgaben- und steuerrechtlich. Die drei Brasilianer hatten seitens der Liga eine gültige Spielerlaubnis und durften als Amateurspieler laut Liga-Regularien maximal eine monatliche Reiseaufwandsentschädigung von 720 Euro beziehen. Ob jedoch Drittstaatenbürger ohne Rot-Weiß-Rot-Karte und damit ohne dauerhafte Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung rein rechtlich eine Reiseaufwandsentschädigung beziehen dürfen, ist eine ganz andere Frage, mit der sich Juristen beschäftigen müssen. Im Gesetzestext heißt es, dass Reiseaufwandsentschädigungen nicht die Hauptquelle der Einnahmen sein dürften und die Tätigkeit im Sportverein eben nicht den Hauptberuf bilden dürften.
Das macht es zumindest sehr zweifelhaft, dass südamerikanische Fußballer mit einem Touristenvisum eine Reiseaufwandsentschädigung beziehen dürfen. Was wiederum auch mit Blick auf die vielen brasilianischen Spieler im Vorarlberger Amateurfußball interessant ist. Aber das ist ein eigener Aspekt dieses Themas.
SW Bregenz verlautbarte zu der Causa wie berichtet unter anderem auf der Homepage: Eine Bezahlung der Spieler über den Verein sei nicht erfolgt. Was die Frage aufwirft, wie diese Spieler ihren Lebensunterhalt bestritten haben sollen und wo sie untergebracht waren, zumal auch Sachbezüge wie das Bereitstellen einer Wohnung oder eines Autos abgabenpflichtig sind.
Klar ist: Sollten die drei Brasilianer im Wissen der SW-KIubbosse von vereinsfremden Gönnern oder Sponsoren Zahlungen und Sachwerte bekommen haben, die in Summe 720 Euro überstiegen, hätten die Bregenzer gegen die Amateurbestimmungen des ÖFB verstoßen. In der ÖFB-Rechtspflegeordnung heißt es unter Paragraph 130: „Ein Verein, der einem Amateurspieler mehr als die laut Regulativ für Amateure zulässigen entgeltwerten Leistungen gibt, verspricht oder einen Dritten dazu veranlasst, wird mit einer Geldstrafe von 100 bis 10.000 Euro, Punkteabzug und/oder Zwangsabstieg bestraft.“
Nebenvertragliche Zahlungen für die drei Bregenz-Spieler, die über die steuerfreien 720 Euro Reiseaufwandentschädigung hinausgingen, wären zudem auch sozialabgaben- und steuerrechtlich relevant. Da die drei Brasilianer ohne Rot-Weiß-Rot-Karte gar nicht angemeldet sein konnten und sie somit etwaige private Überzahlungen als Schwarzgeld am Finanzamt vorbei erhalten hätten.

Wie aus 1001 Nacht
In Bregenz kursiert, dass die Klub-Verantwortlichen um SW-Obmann Thomas Fricke argumentieren könnten, dass es sich bei den drei Spielern um eingefleischte Fußballfans handelte, die gratis spielten. Ob das eine kluge Argumentationsstrategie wäre, sei dahingestellt – glaubhaft wäre es nicht. Mit der Version würden die Bregenzer mitunter alles noch viel schlimmer machen. Möglicherweise auch gegenüber der Stadt Bregenz, die aktuell 700.000 Euro in das Bregenzer Fußballstadion investiert.
Nach NEUE-Informationen erheben inzwischen jedenfalls mehrere Zweitligisten den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung an SW Bregenz. So hat zum Beispiel ein Verein just gegen Bregenz regelbewusst auf den Einsatz zweier Spieler verzichtet, weil der Rot-Weiß-Rot-Kartenantrag noch nicht abgeschlossen war. Dieser Verein legte das Recht ganz emotionslos so aus, dass Profis nicht mit einer Amateur-Spielgenehmigung eingesetzt werden dürfen.
Was letztlich zur Frage führt, ob SW Bregenz die Spielberechtigungen für Gabryel, Matheus Lins und Ricardo nicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erhalten haben. Wurden die drei Brasilianer im Auftrag von Bregenz wie Profis entlohnt, wäre die Spielberechtigung eigentlich ungültig, weil sie eben keine Amateure waren. Was den Kreis schließt: Um Profispieler aus Brasilien zu beschäftigen, brauchen diese zwingend eine Rot-Weiß-Rot-Karte und die hatten die drei Brasilianer nicht.
All diese Fragen wird der Senat 5, der Lizenzausschuss, am 15. November prüfen. Ob ein Verfahren eingeleitet wird und wie ein möglicher Lizenzverstoß geahndet würde, würde wohl vom Ausmaß der möglichen Verstöße abhängen. Wenn unter Anführungszeichen „nur“ die drei Brasilianer über einen Zeitraum von drei Monaten Schwarzgeldzahlungen erhalten hätten, wäre die Sachlage wohl eine andere, als wenn sich der Verdacht auftuen würde, dass ein Großteil der Mannschaft inoffizielle Zahlungen erhalten hätte. Wie es eben so ist: Die Gerüchteküche brodelt, auch über die Bregenzer Vorsaison, in der Schwarz-Weiß der Aufstieg gelang.

Folgen
Ein Lizenzentzug für Bregenz ist wohl so oder so auszuschließen, dafür waren die Sanktionen in der Vergangenheit selbst bei so weitreichenden Verstößen wie von Austria Wien viel zu harmlos. Möglich wäre aber ein schmerzhafter Punkteabzug oder eine saftige Geldstrafe für SW Bregenz.
Wobei sich die Frage stellt, ob auch bei anderen Zweitligisten, sagen wir mal, kreative Vertragsmodelle gewählt werden. Die Bregenz-Causa könnte durchaus ein breiteres Problem in der semiprofessionellen 2. Spielklasse aufzeigen. Das liegt auch daran, dass die Amateur-Verbandsregelung eben nicht mit den Gesetzen abgestimmt ist, womit die Thematik auch den ÖFB und die Liga in die Verantwortung nimmt: Ein Drittstaatenbürger ohne Rot-Weiß-Rot-Karte und damit ohne Hauptwohnsitz in Österreich darf bei vernünftigem Menschenverstand eigentlich nicht unter die Amateurreglung fallen, weil man mit 720 Euro in Österreich ohne Familienanbindung sicher nicht leben kann. Zumal es wie beschrieben zu klären gilt, ob Drittstaatenspieler ohne Rot-Weiß-Rot-Karte überhaupt eine Reiseaufwandsentschädigung erhalten dürfen.
Zum Vergleich: Arbeitskräfte, die aus Drittstaaten stammen, müssen gesetzlich als sogenannte Schlüsselkräfte mindestens 2925 Euro brutto zuzüglich Sonderzahlungen verdienen – das gilt auch für Profifußballer. Das heißt, dass man seitens des ÖFB und der Liga die Amateurbestimmungen und Lizenzauflagen prüfen wird müssen.
Verlierer
Die komplexe Causa produziert nur Verlierer, sie beschädigt den österreichischen Fußball, die 2. Liga und lässt in Vorarlberg viele Fußballfans enttäuscht zurück. Vor allem aber weckt es bei SW Bregenz Erinnerungen an sehr unrühmliche Zeiten. Und das ist ein Supergau.