Die Geschichten der ÖVP implodieren

Egal, was die Wirtschaftsprüfer bei der ÖVP finden, es wird peinlich für die Partei.
Am Freitag ließ der Rechnungshof in Wien so ziemlich jede Verteidigungsstrategie implodieren, die die ÖVP Vorarlberg in den Vergangenen Wochen aufgebaut hatte.
Dass eine Parteiorganisation ihren Politikern doch den Kaffee zahlen darf, mag steuerrechtlich stimmen – und auch das ist noch nicht geklärt – aber parteienrechtlich ist es problematisch. Parteien müssen in ihren Rechenschaftsberichten nämlich bekannt geben, welche Gelder zwischen ihnen und Vorfeldorganisationen fließen. Darin, so vermutet der Rechnungshof, fehlten diese Zahlungen.
Auch, dass die „Vorarlberger Wirtschaft“ ein supererfolgreiches Magazin mit marktüblichem Werbewert gewesen sei, glaubt der Rechnungshof der Volkspartei nicht. Mit beamtischer Akribie verglich man das Wirtschaftsbund-Magazin mit dem Gemeindeblatt von Bregenz. Auch dieses gehe an ähnlich viele Haushalte und sei ähnlich aufgemacht, so der Rechnungshof. Die Kostendifferenz bei gleich vielen Inseraten betrug über 1,3 Millionen Euro. Ein Wert der sich auch damit nicht wegargumentieren lässt, dass sich die „Vorarlberger Wirtschaft“ an eine doch etwas solventeres Zielpublikum richtete.
Der Rechnungshof wertet die Mehreinnahmen daher als Parteispenden. Das ist auch insofern logisch, als mehrere Unternehmen just vor dem Gemeindewahlkampf im Magazin inserierten und dann sehr ähnliche Summen an die ÖVP-Ortsgruppen ihrer Standortgemeinden flossen. Natürlich waren das verdeckte Parteispenden.
Diese Erkenntnis zieht für die ÖVP einen ganzen Rattenschwanz an unangenehmen Folgeerscheinungen nach sich: Zunächst hat sie, wenn man der Argumentation des Rechnungshofes folgt, damit Spenden von staatsnahen Unternehmen angenommen, namentlich etwa der Illwerke oder der Hypo Vorarlberg. Das Parteiengesetz verbietet es aber Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mit mehr als 25 Prozent beteiligt ist, an Parteien zu spenden. Damit waren die Schaltungen nicht nur rechtswidrig, auch der ÖVP-Standpunkt, die Landesbetriebe hätten aus eigenem Antrieb und nach ausschließlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten im Parteiblatt inseriert, verliert dadurch die letzte Überzeugungskraft.
Wie frustriert die Beamten des Rechnungshofes beim Warten auf den ÖVP-Bericht gewesen sein müssen, zeigt allein die Tatsache, dass sie an den Beginn der Aussendung – ein Bericht war es nicht, weil das Gesetz einen solchen nicht vorsieht – eine Chronologie der buchhalterischen Unfähigkeit setzten. Seit September 2020 hatte die Volkspartei den Rechnungshof hingehalten, weil sie es nicht schaffte, den Rechenschaftsbericht für das Jahr 2019 ordnungsgemäß vorzulegen. Zunächst hatte man um Fristverlängerungen ersucht, dann zwei Berichte vorgelegt, die die Prüfer der Partei als inkonsistent zurückwarfen. Schließlich kündigte die ÖVP einen dritten Versuch an, den der Rechnungshof an wesentlichen Stellen wieder für unglaubwürdig hält. Er schickt nun erstmals Wirtschaftsprüfer in eine Parteizentrale. Egal, was diese dort finden, es wird peinlich für die ÖVP. Sollte die Buchhaltung ähnlich konsistent sein, wie der Rechenschaftsbericht, wäre ihr Ruf als Wirtschaftspartei geschädigt. Sollten die Prüfer mehr finden, als die Volkspartei offengelegt hat, ist ihr der nächste Skandal gewiss.