„Ich halte das für gefährlich“

Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) sprach anlässlich ihres Antrittsbesuchs in Vorarlberg mit der NEUE.
Das Thema Wohnen bedrückt junge Familien besonders. Die ÖVP setzt hier stark aufs Eigentum, Ist das noch realistisch, bei den Preisen und den Eigenmitteln für einen Kredit?
Claudia Plakolm: Ich glaube, das leistbares Wohneigentum ein starker Motivator für junge Menschen ist. So wissen sie, dass es sich auszahlt, hart zu arbeiten und haben gleichzeitig auch die Zuversicht, dass man sich eigene vier Wände leisten kann. Aber egal wo man hingeht, ob in die Stadt oder aufs Land, haben die jungen Menschen das Gefühl, dass das unleistbar geworden ist. Auf Bundesebene gibt es zwei Hebel, an denen wir ansetzen können: Zum einen betrifft das die Senkung der staatlichen Nebenkosten, hier geht es um mehrere zehntausend Euro für die Grunderwerbssteuer und die Eintragungsgebühr ins Grundbuch. Zum anderen müssen wir eine Senkung der Eigenmittelquote in der sogenannten KIM-Verordnung erreichen. Seit August muss man beim Kauf einer Immobilie mindestens 20 Prozent bereits auf der Seite haben. Wenn die durchschnittliche 80 Quadratmeter-Wohnung in Österreich 400.000 Euro kostet, muss ich also bereits 80.000 Euro haben, damit ich überhaupt einen Kredit aufnehmen kann. Das halte ich für gefährlich und realitätsfremd.
„Egal wo man hingeht, die Menschen haben das Gefühl Wohneigentum ist nicht mehr leistbar“
Claudia Plakolm
Nicht nur in Vorarlberg schreien die Gemeinden bereits auf, weil die Grunderwerbssteuer Großteils in ihre Kassen fließt. Wird der Bund für Kompensation sorgen?
Plakolm: Meine Aufgabe als Jugendstaatssekretärin ist es, dass junge Menschen sich Wohnraum wieder leisten können. Ich bin der Meinung, dass die Gemeinden davon besonders profitieren werden. Wenn es unleistbar wird, sich in der eigenen Gemeinde Wohneigentum zu schaffen, haben auch die Kommunen ein Problem, weil sie die Jugend nicht halten können. Gerade in ländlichen Gemeinden sind aber junge Menschen oft der Motor für ehrenamtliche Aktivitäten und das Ortsleben. Daher sollten alle daran arbeiten, dass Wohneigentum wieder leistbarer wird.
Die Umweltsprecherin der ÖVP im Vorarlberger Landtag, Christina Metzler, kann sich Tempo 100 auf den Autobahnen grundsätzlich vorstellen. Sind die jungen Politiker in der Volkspartei hier aufgeschlossener?
Plakolm: Ich sehe das aus zwei Gründen kritisch: Wir haben bereits jetzt bei über 40 Prozent der Autobahnstrecken Tempo 100 oder weniger. Und wenn das eine von nur zwei Forderungen der Klimakleber ist, die in diesen Tagen ja viele Schlagzeilen machen, bin ich der Meinung, dass wir in Österreich schon mehr draufhaben. Wir müssen an den großen Schrauben drehen und den Klimaschutz mit der Wirtschaft in Einklang bringen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.
„Wir haben bereits jetzt bei über 40 Prozent der Autobahnstrecken Tempo 100 oder weniger.“
Claudia Plakolm
In Vorarlberg hat man sich auf ein Konzept geeinigt, um Schwangerschaftsabbrüche hier weiterhin anzubieten. Wie sehen Sie das?
Plakolm: Ich finde es gut, dass es in Vorarlberg nun eine Lösung gibt und Frauen einen sicheren Zugang zur Abtreibung haben.
Es wird auch darüber diskutiert, Frauen, die sich das nicht leisten können, zu unterstützen.
Plakolm: Wir haben, was das Thema Abtreibung betrifft, in Österreich eine sehr solide Gesetzgebung, die wir unter keinen Umständen einschränken werden. Ich halte es auch für wichtig, dass man sich wie in Vorarlberg mit Experten zusammensetzt, um zu klären, was man bei der Beratung, Begleitung und Unterstützung von betroffenen Frauen verbessern kann.
„Es ist wichtig mit Experten zu klären, wie die Unterstützung von Frauen bei der Beratung und Begleitung von Schwangerschaftsabbrüchen verbessert werden kann.“
Claudia Plakom
Jetzt kommt noch eine Frage, deren Antwort man in Vorarlberg immer gern liest: Gibt es Bereiche, in denen der Rest Österreichs noch etwas von uns lernen kann?
Plakolm: (lacht) Definitiv Skifahren! Vorarlberg ist ein Bundesland, das gerade durch seine Vielfalt einiges anzubieten hat – nicht nur im Tourismus, sondern auch in den Bereichen Kultur und Sport. Auch hier müssen wir aber darauf achten, dass junge Menschen die Möglichkeit erhalten, an der Gestaltung der Zukunft des Landes mitzuwirken und nicht abwandern, weil sie durch das Studium in Innsbruck und Wien oder eine Arbeitsstelle in Liechtenstein und der Schweiz andere Perspektiven erhalten. Was man von den Vorarlbergern sicher auch lernen kann, ist die Sparsamkeit. Ihnen gelingt es oft, sich maßvolle und vernünftige Ziele zu stecken, die sie dann auch umsetzen. Daher freut es mich auch, dass der Finanzminister aus Vorarlberg das Thema leistbares Wohnen zur Priorität erklärt hat.
Claudia Plakolm
Die gebürtige Oberösterreicherin Claudia Plakolm wurde 2017 als Abgeordnete zum Nationalrat angelobt und ist seit 202 Vorsitzende der Jungen Volkspartei (JVP). Im selben Jahr wurde sie vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des neuen Bundeskanzlers Karl Nehammer zur Staatssekretärin im Bundeskanzleram ernannt und verantwortet dort die Jugendagenden.
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