Lokal

Ein Naturjuwel und viel Walser Geschichte

11.03.2023 • 22:30 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Der Seewaldsee im Winter <span class="copyright">Gerhard Vylet</span>
Der Seewaldsee im Winter Gerhard Vylet

Wanderführer Hertha Glück und Gerhard Vylet spazieren vom Faschinatobel zum Seewaldsee, erfreuen sich an Bergkulisse, Frühlingsblumen und der Walsergeschichte.

Vielleicht zum letzten Mal in dieser Saison kehrt das Winterwetter Anfang März zurück. Bevor der Frühling unübersehbar die Oberhand gewinnt, ist dies eine Gelegenheit, sich an der verschneiten Landschaft satt zu sehen. Dafür bestens geeignet ist die auf über 1000 Meter Seehöhe im Großen Walsertal liegende Gemeinde Fontanella. Die Walsergemeinde besteht aus den sieben Ortsteilen Fontanella, Faschina, Türtsch, Mittelberg, Säge, Garlitt und Seewald.

Sonnenseite

Von hier, auf der teils aperen Sonnenseite des Tals, schaut man auf die gegenüberliegenden schneebedeckten Nordhänge und Gipfel. Im Ortsteil „Säge“ beim Parkplatz beziehungsweise der Bushaltestelle beginnt die kleine, aber aussichtsreiche Spazierwanderung.

Das Seewaldbachtobel <span class="copyright">Gerhard Vylet</span>
Das Seewaldbachtobel Gerhard Vylet

Mag der Start im Tobel des Faschinabachs noch schattig sein, kann man kurz darauf bereits die Sonne genießen. Auf der Straße geht es leicht ansteigend am kleinen Beckatöbelebach vorbei durch den Wald nach Garlitt. Hier, am höchsten Punkt der Wanderung, blickt man auf die zum Lechquellengebirge gehörenden Berge auf der südlichen Talseite, taleinwärts auf jene des Gadentals, von Feuerstein über Bratschenkopf zu Bettlerspitz. Rechts daneben ist hinter dem in Sonntag-Stein liegenden Kamm von Wandfluh zu Glattmar die Rote Wand zu sehen. Talauswärts reihen sich unter anderen Breithorn, Kellaspitze und Hoher Fraßen aneinander, und in der Ferne sind die Bergspitzen des Rätikons zu erkennen.

Eigene Schulen

Garlitt, einer der Ortsteile Fontanellas, wird durch den Seewaldbach beziehungsweise das Tobel von Seewald getrennt. Kaum vorstellbar, aber hier in Garlitt und auch in Seewald gab es in früherer Zeit eigene Schulen. Mit Einführung der achtjährigen Schulpflicht 1869 wurden die Sonntagsschulen von Fortbildungsschulen abgelöst. In Fontanella bestanden damals fünf Schulen.

Die Straße führt hinunter in das große Tobel des Seewaldbachs. Bei dessen Querung wird der tiefste Punkt auf dem Weg zum See überschritten. Seewaldtobel und Faschinatobel sind in einem Biotop zusammengefasst, das sich hinunter bis aufs Gemeindegebiet von Sonntag erstreckt.

Ab dem Bach steigt man nach Seewald wieder einige Meter hoch. Oben, an der Kuppe angekommen, zeigt sich erstmals der in einer Mulde liegende Bergsee. Am Südwesthang der Blasenka auf 1132 Meter liegend, ist er der einzige See im Großen Walsertal. Da Zu- und Abfluss des Sees kaum vorhanden sind, wird er manchmal auch als „Himmelsteich“ bezeichnet. Auf einem breiten Weg gelangt man zur Südseite des Sees. Von dort kann er über einen Waldweg in Ufernähe umrundet werden.

Landammanhaus in Fontanella <span class="copyright">Gerhard Vylet</span>
Landammanhaus in Fontanella Gerhard Vylet

Bergromantik

An zwei Seiten von steilen Hängen eingefasst, genießt man um diese Jahreszeit einen idyllischen Ort mit Bergromantik. Vom Südufer aus blickt man auf die gegenüberliegende Hügellandschaft Seewalds, hinter der die Balsenka hoch aufragt.

Auf dem Rückweg zur Säge können nun die ersten Frühlingsblumen bewundert werden. Vor allem die Pestwurz ist im Tobel und an den Rändern der Straße stark vertreten.

Pfarrkirche Fontanella <span class="copyright">Gerhard Vylet</span>
Pfarrkirche Fontanella Gerhard Vylet

Als Abschluss der Tour kann ein „Einkehrschwung“ in Fontanella empfohlen werden. Die 1673 erbaute barocke Kirche und das oberhalb der Kirche liegende Landammannhaus aus dem 16. Jahrhundert sind sehenswert. Am Ortseingang fällt der 2012 gebaute Brunnen auf, der den Namensursprung Fontanellas (romanisch „fontana“ = Quelle, Brunnen) darstellt. Das 2013 an der Kirche errichtete Denkmal für die Zwangsarbeiter, die von 1942 bis 1945 im Dorf waren, dokumentiert die jüngere Geschichte des Orts.

Pflanzenkunde

Gewöhnliche Pestwurz (Petasites hybridus): Sie gehört zu den ersten Frühlingsblühern und dient den Bienen als Nahrungsquelle. Sie bildet die bis zu 40 Zentimeter hohen Blüten vor den Blättern, die bis zu 60 Zentimeter Durchmesser erreichen können. Das Rhizom ist 4 Zentimeter dick. Oft an Fluss- und Bachufern anzutreffen, gilt die Pestwurz als Schwemmlandbefestiger. In der Volksmedizin wurde sie früher gegen die Pest, als Hustenmittel und zur Kühlung bei Insektenstichen eingesetzt.

Gewöhnliches Pestwurz <span class="copyright">Gerhard Vylet</span>
Gewöhnliches Pestwurz Gerhard Vylet

Kurzbeschreibung

Besonderes: Eine leichte Winterwanderung für die ganze Familie, steile Tobel, beeindruckendes Bergpanorama, romantischer kleiner See und ein Dorfkern mit Geschichte.

Anforderung und Gehzeit: Je nach Schneelage sind es circa eindreiviertel bis zwei Stunden Gehzeit.

Charakter der Wege: Straße, Winterwanderweg

Kultur und Natur: Biotope Seewaldsee und Seewaldtobel, Landammannhaus, Pfarrkirche, Denkmal und Brunnen im Dorfzentrum

Anziehen und Mitnehmen: Wanderkleidung und Schuhe je nach Witterung, Getränk und Jause

Einkehrmöglichkeiten: verschiedene in Fontanella, in den Sommermonaten auch am See: www.seewaldsee.at

Start und Ende: Fontanella „Säge“

Anreise mit Öffentlichen Verkehrsmitteln: Buslinien 570 ab Thüringen bzw. Damüls

Du hast einen Tipp für die NEUE Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@neue.at.