Sport

“Wir wollen den ganz großen Wurf”

20.05.2023 • 23:53 Uhr / 15 Minuten Lesezeit
"Wir wollen den ganz großen Wurf"
Herbert Oberscheider will in Lustenau einen Hallenbau umsetzen, mit dem er nicht nur das Vorarlberger Eishockey in eine neue Dimension katapultieren würde. Hartinger (2)

EHC-Lustenau-Boss Herbert Oberscheider erklärt im Interview seine visionären Neubau-Pläne der Rheinhalle und nennt imposante Eckdaten.

Am Mittwoch haben Sie bei der EHC-Jahreshauptversammlung Ihre Idee vom Bau einer Multifunktionshalle präsentiert. Wie erleichtert sind Sie, dass Sie diese Idee, an der Sie hinter den Kulissen ja schon länger arbeiten, endlich öffentlich machen konnten?
Herbert Oberscheider: Eine gewisse Erleichterung ist da. Wie Sie es richtig sagen, ganz neu ist die Idee nicht. Als mir die Gemeinde vor drei Jahren zum ersten Mal offenbarte, dass es bei der Rheinhalle ein statisches Problem gibt und die Halle nur mehr bedingt nutzbar ist, habe ich sofort die Initiative ergriffen. Ich sagte: Wenn ich mich auf euren Stuhl, in eure Lage hineinversetze, gibt es drei Möglichkeiten: Entweder man baut um die bestehende Eisfläche herum eine neue Hülle – aber ich glaube nicht, dass das sinnvoll ist. Weil ein Murks immer ein Murks bleibt. Die zweite Möglichkeit ist, die Gemeinde baut eine neue Eishalle. Oder aber die Gemeinde stellt dem EHC Lustenau ein Grundstück zur Verfügung, und ich stelle ein Team zusammen, mit dem wir als EHC Lustenau versuchen, ein Projekt auf die Beine zu stellen – mit offenem Ausgang wohlgemerkt. Vor einem Monat hat sich die Situation dramatisch verschärft, weil jetzt klar ist, dass die Rheinhalle im jetzigen Zustand ab Oktober 2024 nicht mehr zugelassen wird.

Es braucht rasch Grundsatzentscheidungen seitens der Gemeindepolitik.
Oberscheider: (lächelt) Ich und meine Gruppe sind bereit, das Projekt anzugehen. Am Montag haben alle Gemeinde-Fraktionen die Bereitschaft gezeigt, den Hallenbau politisch zu unterstützen. Es ist richtig, dass es jetzt rasch eine Entscheidung braucht, in welche Richtung es gehen soll. Denn selbst, wenn wir das Projekt ganz schnell umsetzen, werden wir ganz sicher fünf Jahre brauchen, realistischer sind eher sieben Jahre bis zur Halleneröffnung. Es kommt eben darauf an, auf welche Probleme wir stoßen. Wenn sich die Gemeinde für ein Grundstück entscheidet, das noch nicht baurechtlich gewidmet ist, dann werden fünf Jahre ziemlich sicher nicht reichen. Darum werden wir erst dann mit den konkreten Planungen beginnen, wenn seitens der Gemeinde die Standortwahl getroffen ist. Weil wir erst dann wissen, wie die behördlichen Voraussetzungen sind, und wir erst dann wissen, wie groß die Grundfläche ist. Vorher macht es ja überhaupt keinen Sinn, mit der Detailarbeit zu beginnen. Für die Multifunktionshalle, die wir umsetzen wollen, braucht es 20.000 Quadratmeter. Gibt uns die Gemeinde eine Fläche mit 10.000 Quadratmetern, wären viele Ideen nicht realisierbar, die wir bei diesem Projekt unbedingt umsetzen wollen – und auch umsetzen müssen, damit so ein Großprojekt wirtschaftlich sinnvoll ist und eine Strahlkraft entwickeln kann. Wir bauen nur, wenn die Halle auf allen Ebenen funktioniert. Deshalb wäre es meiner Gruppe gegenüber verantwortungslos, wenn wir jetzt schon mit der Detailplanung beginnen würden. Alle Projektgruppen-Mitglieder arbeiten nämlich bis zur Umsetzung ehrenamtlich. Nein, erst müssen wir den Standort für den Hallenbau kennen.

Jetzt ist Lustenaus Bürgermeister Kurt Fischer samt aller Lustenauer Gemeindepolitiker gefragt, die Standortfrage zu klären. Fischer versprach am Mittwoch bei der Jahreshauptversammlung des EHC, dass man eine Lösung finden werde. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Jetzt ist Lustenaus Bürgermeister Kurt Fischer samt aller Lustenauer Gemeindepolitiker gefragt, die Standortfrage zu klären. Fischer versprach am Mittwoch bei der Jahreshauptversammlung des EHC, dass man eine Lösung finden werde. Klaus Hartinger

Sie selbst haben bei der Jahreshauptversammlung den jetzigen Standort der Rheinhalle ins Spiel gebracht und dabei den Plan vorgestellt, das Areal um die angrenzende Tennisanlage zu erweitern. Im Gegenzug würden auf dem Hallendach Tennisplätze errichtet werden.
Oberscheider: Bei dieser Variante hätten wir 22.000 Quadratmeter zur Verfügung und zugleich auch die dürftige Situation des Tennisclubs mitgelöst. Mit dem TC Lustenau ist alles geklärt, der Verein hat unserer Idee zugestimmt.

Mit dem Projekt nehmen Sie jedenfalls das Schicksal des EHC Lustenau selbst in die Hand, Sie machen aber auch die Sorgen der Gemeinde zu Ihren Sorgen.
Oberscheider: Jetzt sind wir beim springenden Punkt. Ich und unsere Gruppe wollen helfen, das Eishallen-Problem zu lösen. Wenn, und das ist der Zusatz, wenn das von der Politik gewünscht ist. Andernfalls lehne ich mich zurück und überlasse der Gemeinde die Problemlösung. Das wäre natürlich viel bequemer, aber es geht auch darum, die jetzige Situation als Chance zu begreifen und zu nutzen. Dabei muss natürlich klar sein: Bei so einer Projektentwicklung gilt es, doppelgleisig zu fahren. Wenn unser Projekt, aus welchen Gründen auch immer, doch nicht umsetzbar sein sollte, muss es eine abgespeckte Variante des Hallenneubaus geben, die für die Gemeinde stemmbar ist.

Ohne neue Halle hat Eishockey in Lustenau keine Zukunft.
Oberscheider: Ich wüsste zumindest nicht, wie Eishockey in Lustenau ohne einen Neubau überleben sollte. Stolz macht mich, dass unsere Gruppe aus echten Kapazundern besteht: Architekt Dietmar Eberle, Markus Flatz vom Statikbüro Mader Flatz Schett, Gerhard Keckeis von der Zima, Infrastrukturingenieur Benjamin Bühler, von der auf die Baubranche spezialisierten Unternehmensberatung S&B Strategy Patrick Seidler, von der Kommunikationsagentur sägenvier Sigi Ramoser, ­Postgarage-Projektmanager Stefan Hagen, der Immobilienverantwortliche des EHC, Robert Golob, von soltech Manuel Hämmerle und eben ich. Darüber hinaus sind noch weitere Kapazunder bei unserer Projektgruppe dabei, die wollen allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genannt werden.

Die Halle ist als Multifunktionshalle mit drei Eisflächen konzipiert und ist auch als Eventcenter angedacht. Das sind sehr visionäre Pläne.
Oberscheider: Ich und meine Gruppe haben keine Angst vor einem Investitionsvolumen von 70 oder 80 Millionen Euro. Es ist doch viel sinnvoller, 70 Millionen Euro in ein herausragendes Projekt zu investieren, das völlig neue Möglichkeiten schafft, als 20 Millionen Euro in ein Projekt zu stecken, das kaum Entwicklungspotenzial bietet und eigentlich gar nicht funktioniert. Wobei es so nicht stimmt, dass wir bereits Investoren zur Hand haben, wie Sie das berichtet haben.

Die besten Zeiten der Rheinhalle liegen weit, weit zurück. <span class="copyright">Philipp Steurer</span>
Die besten Zeiten der Rheinhalle liegen weit, weit zurück. Philipp Steurer

Sie brechen doch nicht so eine Diskussion vom Zaun, sprechen nicht in aller Öffentlichkeit über ein Projekt, das Sie selbst mit einem Volumen von 70, 80 Millionen Euro beziffern, ohne vorher die Möglichkeiten ausgelotet zu haben? Gerade weil Sie so ein gewiefter Geschäftsmann sind.
Oberscheider: So ein komplexes Bauvorhaben mit einer so großen Investitionssumme lässt sich nur Schritt für Schritt entwickeln. Ich kann keinem Investor ein Projekt verkaufen, bei dem außer der Idee noch nichts vorhanden ist. Aber ich will es mal so ausdrücken: Wenn die Gegebenheiten stimmen und die Halle so konzipiert ist, dass sie aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten heraus positiv betrieben werden kann, dann bin ich mir sehr sicher, dass wir den Bau finanziert bekommen – mit den verschiedensten Möglichkeiten, die es gibt. Das muss Ihnen als Antwort genügen. (lächelt)

Klar ist, dass diese Halle den Eishockeysport in Vorarlberg auf ein neues Niveau heben würde.
Oberscheider: Das, was wir uns vorstellen, gibt es selbst im erweiterten Umkreis nur in München, Zürich oder ab 2026 in Mailand und würde auch bis dorthin ausstrahlen. Wir wollen den ganz großen Wurf. Ich nenne jetzt keine Namen, aber nach der Präsentation vom Mittwoch hat ein Sportverein sein Interesse an dem Projekt hinterlegt, den wir gar nicht auf dem Radar hatten. Die Halle wäre eine riesige Aufwertung für das Eishockey in Lustenau und in ganz Vorarlberg, aber um Eishockey allein geht es nicht, und schon gar nicht geht es nur um den EHC. Bei unserer Gruppe sind Persönlichkeiten dabei, die noch nie auf einem EHC-Spiel waren. Bei dem Hallenbau geht es um Tourismus, Kultur, Wirtschaft und Sport, ich sage Sport und nicht Eishockey, weil wir die Halle so planen, dass sie innerhalb von vier Stunden für eine andere Nutzung umrüstbar ist. Am Vormittag trainiert die Eishockeymannschaft, am Abend steht zum Beispiel ein Basketballspiel an. Die Halle würde Lustenau und die gesamte Region als Standort und als Tourismusziel aufwerten.

Gerade auch in Verbund mit der Planung, dass auf Höhe des neuen Reichshofstadions das Rheinvorland zu einem Plateau aufgeschüttet wird. Dort soll eine Aussichtsplattform samt Café entstehen, die angeschlossen an einen grenzüberschreitenden Radweg einen Ausblick über das Rheintal bietet.
Oberscheider: So ist es, auch wir haben die Region auf der anderen Seite des Rheins im Blick. Und ich sage auch ganz offen, dass ich niemanden bei der Gemeinde böse bin, dass sie vor drei Jahren nach unserer ersten Sitzung die Rheinhalle nicht zur ersten Priorität erklärt haben. Hätte die Gemeinde etwa den Neubau des Reichshofstadions hinten anstellen sollen? Das ist ja völlig undenkbar. Ich bin sowieso keiner, der zurückschaut. Ich schaue nach vorne und sage: Packen wir es an. Wir können den Hallenbau gemeinsam schaffen.

Oberscheider ist fest entschlossen, das Bauprojekt umzusetzen. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Oberscheider ist fest entschlossen, das Bauprojekt umzusetzen. Klaus Hartinger

Sind in der Halle auch Kongress- und Seminarräume angedacht?
Oberscheider: Selbstverständlich, in oder um die Halle könnten auch Geschäfte angesiedelt sein. Die Idee ist, das Areal zur Begegnungszone zu machen, was allerdings Aufgabe der Gemeinde wäre. Bleiben wir bei dem, was wir als Projektgruppe umsetzen können: In der Halle sollen Kulturevents stattfinden oder auch Firmenevents. Das meine ich damit, wenn ich sage, dass wir den ganz großen Wurf wollen. Wir haben etwas im Sinn, das man im ersten Moment nicht in Vorarl­berg verankern würde, weil es diese Dimensionen bislang hierzulande nicht gibt. Wir wollen eine Halle bauen, die 365 Tage im Jahr funktioniert.

Was viele in der Eishockeyszene so beeindruckt, ist, dass drei Eisflächen geplant sind. Dadurch profitiert auch der Breitensport und natürlich der Nachwuchs.
Oberscheider: Es ist uns sehr wichtig, dass wir auch die Hobbyteams aus der Region mitnehmen, dass wir dem Nachwuchs völlig neue Möglichkeiten bieten, wir haben in Vorarlberg Eiskunstläufer und wollen eben durch die Multifunktionalität der Halle auch für Ballsportarten ein Zuhause schaffen. Darüber hinaus könnten wir auch ökologisch einen großen Beitrag leisten: Mit der Abwärme des neuen Sportzentrums ließen sich das Schwimmbad und das Gymnasium beheizen.

Kommen wir zurück zur dringlichsten Frage: Was wäre Ihr bevorzugter Standort für den Hallenbau?
Oberscheider: Da bin ich komplett offen. Sobald die Gemeinde ein Grundstück vorschlägt, werden wir eine Standortanalyse erstellen. Wichtig wäre eben, dass keine Umwidmungen nötig sind.

Am einfachsten wäre es doch, am jetzigen Eishallen-Standort zu bleiben – inklusive der Tennisanlage ist das Areal groß genug, somit wäre doch eine Entscheidung bis spätestens Beginn der neuen Saison möglich?
Oberscheider: Ich will der Gemeinde nicht vorgreifen, aber mir erscheint diese Standortwahl auch am sinnvollsten. Das Areal hat die benötigte Fläche, mit dem Tennisclub ist wie gesagt alles geklärt, und das Grundstück ist mit Baurecht gewidmet. Dieser Standort würde zwar den Spielbetrieb erschweren, vielleicht müssten wir umziehen, vielleicht ließe sich durch einen Etappenbau weiterhin in Lustenau spielen, ich könnte mir aber auch vorstellen, dass wir während des Baus in die dritte Liga zurückgehen. An dieser Frage wird das Projekt nicht scheitern.

Die Gemeinde denkt darüber nach, die Rheinhalle statisch so weit zu verbessern, dass auch über Oktober 2024 hinaus darin gespielt werden kann – und somit das Zeitfenster für den Neubau größer wird. Wie stehen Sie dazu?
Oberscheider: Das kommt darauf an. Es gibt die Idee, ähnlich wie sie das in Sterzing nach dem Halleneinsturz gemacht haben, ein Tragluftdach zu errichten. Aber was, wenn man dafür die Wände neu aufziehen müsste?

Das heißt, Sie sind gegen bauliche Maßnahmen bei der Rheinhalle.
Oberscheider: Ich halte es nicht für sinnvoll, jetzt noch viel Geld in ein Provisorium zu investieren. Das Geld ist beim Hallenneubau viel besser investiert. Es geht aus meiner Sicht nicht darum, die Nutzungsdauer der Rheinhalle zu verlängern, sondern das Neubauprojekt schnellstmöglich umzusetzen. Denn Zeit haben wir keine mehr, das sollte allen klar sein.

Klar ist auch, dass diese Halle nicht für einen Spielbetrieb in der Alps Hockey League konzeptioniert wäre – sondern in Lustenau dann, unter welcher Teambezeichnung auch immer, ICE Hockey League gespielt werden würde.
Oberscheider: Da brauchen wir nicht drumherum zu reden, natürlich wäre die Halle auf einen Spielbetrieb in der ICE Hockey League ausgerichtet. Aber bevor Sie jetzt gleich nach möglichen Spielgemeinschaften fragen, sage ich gleich vorweg, dass das jetzt überhaupt kein Thema ist.

Wenn die neue Halle steht, soll es nicht mehr wie hier gegen die Salzburgs Juniors gehen in Lustenau, sondern gegen die erste Mannschaft der Red-Bulls - in der ICE Hockey League vor 6000 Zuschauern.<span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Wenn die neue Halle steht, soll es nicht mehr wie hier gegen die Salzburgs Juniors gehen in Lustenau, sondern gegen die erste Mannschaft der Red-Bulls - in der ICE Hockey League vor 6000 Zuschauern.Klaus Hartinger

Dann bleibt noch die Frage: Haben Sie eine Vorstellung davon, welche Zuschauerkapazität die neue Halle bieten soll?
Oberscheider: Konzipiert ist die Halle mit 6000 Zuschauerplätzen. Eine kleinere Dimensionierung würde dem Projekt nicht gerecht – und wäre auch im Hinblick auf die Veranstaltungsnutzung wirtschaftlich nicht rentabel.

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