Kultur

Gegen Kapitalismus und Patriarchat

28.07.2023 • 19:56 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
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The Faggots And Their Friends Between Revolutions Tristram Kenton (3)

Am Donnerstag feierte das Musiktheater „The Faggots and their friends between Revolutions“ Österreichpremiere in Bregenz.

In der „queeren“ Oper „The Faggots and their Friends between Revolutions“, die am Donnerstag auf der Werkstattbühne gezeigt wurde, bringen Ted Huffman und Philip Venables den Epos einer fiktiven queeren Community auf die Bühne, der über 1000 Jahre fortdauert und von Freiheit und dem Aufstieg und Fall des Patriarchats erzählt.

Politisches Manifest

Allerdings folgt Ted Huffman im Libretto nur bedingt der Originalvorlage des von Larry Mitchell 1977 geschriebenen gleichnamigen Werks, stattdessen bringt er den Text in die heutige Zeit, wo die Show auch als politisches Manifest verstanden werden kann, dass auf die Lebensrealitäten queerer Menschen verweist, die weltweit immernoch um Gleichberechtigung und Anerkennung kämpfen.
In der abstrakten, zeitlosen Inszenierung gibt es keine Figuren und auch keine durchkomponierte Handlung, alle sechzehn Darsteller sind gleichzeitig auf der Bühne und spielen sich quasi selbst. Als Erzähler rezitieren und singen sie die Geschichte im Sprechgesang, als Arie, im Duett, oder alle zusammen im Chor, gegenseitig begleiten sie sich instrumental. Unter dem Einsatz von Klavier, Cembalo, Schlagwerk, Flöte, Akkordeon, Harfe, Theorbe, Barockharfe oder Saxophon werden ganz unterschiedliche Musikstile und Epochen aufgegriffen. In dieser Mischung wird versucht, die Diversität der queeren Kultur auch durch die Musik (Philip Venables) erfahrbar zu machen.

The Faggots And Their Friends Between Revolutions
The Faggots And Their Friends Between Revolutions

Kritisch

In Versen wird vom Gründungsmythos der queeren Community und drei Revolutionen berichtet. Während es ursprünglich keine Männer gab und die Faggots und ihre Freunde frei ihre Diversität auslebten, wurde dieses friedliche Zusammenleben der Gemeinschaft von den Männern gestört, die Frauen versklavten und die meisten Faggots töteten. Später leben die Faggots angepasst und unterdrückt in der Stadt Ramrod unter der Herrschaft homophober Männer, denen die Schuld an allem Übel der Welt zugeschoben wird. Absurd und überzeichnet werden auch ganz vereinfacht die Räder des Kapitalismus entlarvt: „Die Männer lieben Papiere… Wenn genug Männer, die von den Männern für wichtige Männer gehalten werden, ein Papier unterschreiben, wird es berühmt.“
Antiquierte Sessel werden über die Bühne gezogen, mit einer von der Decke hängenden Glocke wird zur nächsten Szene geläutet, es gibt Handstände auf dem Klavier, brasilianische Tänze, Technomusik aus dem CD-Player, und Tenorgesang durchs Megaphon. Plastikkübel werden genauso zu Musikinstrumenten wie die Wohnungsschlüssel der Zuschauer. Musiker sitzen auf dem Boden, Darsteller stellen sich in Rage auf die Sessel. Tanz, Bewegung und Musik werden unterbrochen von leiseren Phasen und Kit Greens witziger Interaktion mit dem Publikum.

The Faggots And Their Friends Between Revolutions
The Faggots And Their Friends Between Revolutions

Ein Sopransolo von Mariamielle Lamagat, ein Flötenpart von Eric Lamb oder die filigrane Harfenbegleitung von Joy Smith unter der musikalischen Leitung von Yshani Perinpanayagam zählen zu den Highlights. Ein Bossa Nova mit reichlich Percussion folgt auf barocke Klänge, und so wie der Kampf gegen das Patriarchat nie mit einem Crescendo in der Musik einhergeht, setzt Venables auf den Effekt des Kontrastes. Gut eingesetzt verleiht er damit dem Erzählstrang Spannung und bringt mit der vom Titel abgeleiteten Tonfolge f-a-g ein musikalisches Motiv zur Wirkung.