Geplante EU-Verordnung sorgt für Ärger

Wellpappe-Verpackungshersteller – unter anderem Rondo Ganahl – befürchten Benachteiligung.
Österreichs Wellpappe-Verpackungshersteller sowie die Papier- und Kartonverpackungsproduzenten und damit auch die in Vorarlberg in diesem Bereich tätigen Unternehmen laufen Sturm gegen die in Vorbereitung befindliche EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR – Packaging und Packaging Waste Regulation). Mit diesem Instrument möchte die EU als Teil ihres Green Deals eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft im Verpackungsbereich ab 2030 auf Schiene bringen. Gegenwärtig befindet sich die geplante Verordnung im Umweltausschuss des EU-Parlaments.
“Reuse”-Verpackung
Im Kern sieht die PPWR neben anderen Regulierungen verpflichtende und teils hohe Quoten für Verpackungen vor, die wiederverwendet werden können. Im Fachjargon nennt man sie „Reuse“-Verpackungen. Darunter fallen in der Regel Kunststoffverpackungen sowie Glas-, Holz- oder Metallverpackungen, wobei Kunststoff den allergrößten Anteil hat. Da es sich bei der geplanten PPWR nicht um eine Richtlinie, sondern um eine Verordnung handelt, würden deren Vorschriften in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar in Kraft treten.
Dass die Interessenvertretung „Wertschöpfungskette Papier, Karton und Wellpappe“ gerade in Österreich vergleichsweise massiv gegen die PPWR auftritt, hat einen einfachen Grund: Kommt die PPWR so wie ursprünglich geplant, so wäre sie ein massiver Angriff auf das seit Jahrzehnten in Österreich laufende Sammel- und Recyclingsystem im Bereich Altpapier sowie Karton- und Wellpappe-Verpackungen. Denn diese gelten nicht als „Reuse“-Verpackungen, sondern als wiederverwertete beziehungsweise recycelte Verpackungen. In vielen Bereichen wären recycelte Verpackungen mit der PPWR folglich aus dem Spiel und würden etwa durch Kunststoffverpackungen ersetzt werden.

Die PPWR in der ursprünglichen Fassung hätte damit nicht nur Auswirkungen auf sehr viele eingespielte Abläufe im Verpackungsbereich, sondern auch auf jene Firmen in Österreich, die sich seit Jahrzehnten mit der Wiederverwertung von Papier-, Karton- und Wellpappeverpackungen beschäftigen. Das gilt auch für die Rondo Ganahl AG in Frastanz. Stephan Kaar ist Sprecher des Forums Wellpappe Austria und Geschäftsleiter des Wellpappe-Werkes der Rondo Ganahl AG. So wie alle anderen Wellpappe-Verpackungshersteller wäre auch Rondo Ganahl unmittelbar von dieser Verordnung betroffen.
Nicht zu Ende gedacht
„Die Idee hinter der PPWR ist sehr gut und jeder wird befürworten, dass eine Reduzierung von Verpackungsabfällen und der Weg hin zu Kreislaufwirtschaft und Dekarbonisierung ein wichtiges Ziel sind. Aber die geplante Umsetzung ist nicht gut, denn sie sieht eine energetisch und ökologisch nicht begründbare Bevorzugung von diversen Verpackungen und damit eine massive Wettbewerbsverzerrung vor“, so Kaar im wpa-Gespräch. Zudem sei der Fokus auf Mehrweg-Verpackungen nicht zu Ende gedacht worden, etwa was den Rücktransport von leeren, großvolumigen Verpackungen und den hohen Logistik- und Reinigungsaufwand betreffe.

Kaar verweist auf die Tatsache, dass alle Kunststoffverpackungen fossile Bestandteile haben, was der geplanten Dekarbonisierung in der EU eigentlich völlig zuwiderlaufe. Diese Kunststoffverpackungen würden von der PPWR-Verordnung aber massiv bevorzugt werden, da sie als wiederverwendbar gelten. „Wir wollen kein Kunststoff-Bashing betreiben“, hält der Sprecher des Forums Wellpappe Austria fest. „Reuse“-Verpackungen hätten in bestimmten Bereichen natürlich auch Vorteile gegenüber recycelten Verpackungen, etwa wenn es um Flüssigkeiten geht. „Man muss sich stets den Anwendungsbereich ansehen, wo unterschiedliche Verpackungen ihre Vorteile ausspielen. Wir fordern nur Gleichberechtigung der diversen Verpackungen und sind gegen verpflichtende Quoten für Reuse-Produkte.“
Bis zu 25 Mal recycelt
Denn aus umwelttechnischer und ökologischer wie auch energetischer Sicht müsse sich die auf hochwertige Produkte spezialisierte Papier- und Karton- sowie Wellpappe-Branche nicht verstecken. So würden etwa die in Österreich erzeugten Wellpappe-Verpackungen zu 80 Prozent aus gesammeltem und wiederverwertetem Altpapier, Karton oder aus alter Wellpappe bestehen. Lediglich 20 Prozent der Bestandteile seien Frischfasern. Die Fasern könnten bis zu 25 Mal recycelt werden, bevor sie ausgeschieden werden.

Ermöglicht werde die hohe Recycling-Quote durch ein seit Jahrzehnten in Österreich, aber auch in Deutschland eingespieltes Sammelsystem für Altpapier und Karton- oder Wellpappe-Verpackungen. 85 Prozent des Papiers würden hierzulande gesammelt und wiederverwertet werden. Die erfolgreiche Kreislaufwirtschaft müsse in der EU gefördert und nicht bekämpft werden, sagte Branchensprecher Kaar sinngemäß. Die Welt habe ein Plastik-Problem, aber kein Altpapier-, Karton- oder Wellpappe-Problem.
Günther Bitschnau/wpa